Kreis Wesel. Geldautomatensprengungen nehmen immer weiter zu. Welche Maßnahmen die Banken in Wesel und Umgebung ergreifen, um Kunden und Anwohner zu schützen.

Sieben Geldautomaten wurden 2022 im Kreis Wesel gesprengt und in dieses Jahr erregte bereits eine weitere Sprengung in Schermbeck Aufsehen. Die Lage scheint derart dramatisch, dass der Weseler Polizeidirektor Rüdiger Kunst nun die Situation sinnbildlich mit einem „Pulverfass“ verglich und ein Umdenken bei den Banken in Bezug auf Bargeld forderte. Dadurch stellt sich natürlich auch die Frage, wie die Banken auf die Bedrohung reagieren wollen.

Automatensprengungen im Kreis: Ein „Pulverfass“ laut Polizeidirektor

Der Vorstandsvorsitzende der Niederrheinischen Sparkasse RheinLippe (Nispa) Friedrich-Wilhelm Häfemeier betont, dass man differenziert an die Frage herangehen muss. „Es gibt jede Menge Themen, die wir hierzu diskutieren“, beschreibt er die Situation. Darunter fallen veränderte Öffnungszeiten, neue Generationen von Automaten und neue Mechanismen, die Sprengungen erschweren sollen.

Den Rückbau von Automaten hält der Nispa-Vorsitzende allerdings für den falschen Weg. Zwar sei dieser in Einzelfällen möglich und sinnvoll, jedoch stehe die Kundenorientierung hier klar im Vordergrund. „Unsere Kunden haben lieber Bargeld“, erklärt er. Kartenzahlungen würden für die Kunden schnell unübersichtlich, weshalb viele lieber einen festen Betrag bei sich führen würden. Vom Vorschlag des Weseler Polizeidirektors, den Bargeldverkehr zu reduzieren, hält Häfemeier dementsprechend wenig: „Das wäre so, als ob man den Straßenverkehr verbieten will, um Auffahrunfälle zu verhindern.“ Dennoch betont er, dass man sehr eng und in Abstimmung mit den Polizeibehörden am Maßnahmen arbeite, durch die Automatensprengungen in Zukunft verhindert werden sollen.

Ebenfalls in engem Austausch mit der Kreispolizei und dem Landeskriminalamt befindet sich die Volksbank Rhein-Lippe. „Wir nehmen das Thema Geldautomatensprengungen wie auch schon in der Vergangenheit sehr ernst“, sagte der Vorstand der Bank, Ulf Lange. „Unser oberstes Ziel ist die Sicherung und der Schutz von Menschen.“

Nispa-Vorstand zu Automatensprengung: Rückbau von Automaten nur in Einzelfällen

Man habe dazu bereits eine Vielzahl von Sicherungsmaßnahmen vorgenommen und es befänden sich weitere in Umsetzung, führte die Volksbank Rhein-Lippe auf Anfrage weiter aus. So habe man beispielsweise nach der Sprengung eines Volksbank-Automaten 2022 in Hünxe „durch die Aufstellung einer Rotunde höchstmögliche Sicherheitsstandards und eine hohe Prävention zukünftiger Schäden geschaffen.“ Außerdem empfehle die Volksbank Rhein-Lippe ihren Kundinnen und Kunden, nach Möglichkeit digital oder mit Karte zu zahlen.

Im Herbst 2021 wurde ein Geldautomat in Büderich gesprengt.
Im Herbst 2021 wurde ein Geldautomat in Büderich gesprengt. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Für die Volksbank Schermbeck, die erst im Februar 2023 von einer Sprengung betroffen war, steht derzeit ebenfalls die Sicherheit der Anwohner im Fokus, wie der Leiter der Abteilung Marketing Wolfgang Lensing auf Anfrage mitteilte. „Offensichtlich gehen die Täter ohne Rücksicht auf Anwohner vor“, erklärt er. Der im Februar gesprengte Automat befand sich im selben Gebäude wie zwei Wohnungen, deren Bewohner jedoch unverletzt blieben.

Nach Automatensprengung in Schermbeck: Sicherheit der Anwohner im Fokus

„Aktuell diskutieren wir zusammen mit Fachleuten ein zukünftiges Sicherheitskonzept“, beschrieb Lensing den momentanen Stand. Darüber hinaus ließe man alle Filialen „bis auf weiteres durch einen Sicherheitsdienst bewachen.“ Ebenso sind veränderte Öffnungszeiten während der Nacht und weitere technische Sicherungsmaßnahmen vorgesehen.

Wie sich die Automatensprengungen in Anbetracht dieser Vorkehrungen der Banken entwickeln, bleibt abzusehen. So stellt das Innenministerium Nordrhein-Westfalen hier in den letzten Jahren einen eher steigenden Trend fest. So ist im Jahr 2022 mit 182 Angriffen auf Geldautomaten ein neuer Höchststand erreicht worden, wie Ministeriumssprecher Christoph Wickhorst mitteilte.

Innenministerium NRW: Zahl der Automatensprengungen steigt

Außerdem ordnete er ein, warum die Zahl der Automatensprengungen in den Niederlanden signifikant geringer ist als in Deutschland. Dies sei einerseits durch den massiven Automatenrückbau in den Niederlanden zu erklären, da hier ein großer Teil der Bevölkerung Kartenzahlung bevorzuge. Zusätzlich dazu nutze man in den Niederlanden flächendeckend moderne Systeme in den Automaten, die bei Angriffen die Geldscheine einfärben oder verkleben. Dies sei eine effektive Maßnahme.

Wickhorst betonte hier jedoch auch den Aufwand, den hiesige Automatenbetreiber leisten würden: „Viele der mehr als 10.000 Geldautomaten in Nordrhein-Westfalen wurden zwischenzeitlich von den Betreibern mit Sicherheitstechnik ausgerüstet.“ Darüber hinaus bemühe man sich von Seiten des Ministeriums um einen guten Austausch mit den Banken. Die Umsetzung von Empfehlungen liege dabei jedoch in deren Händen.