Wesel. Büderich steht bei den ÖPNV-Anbindungen schlecht da. Die Einführung der X-Busse im Kreis Wesel ändert daran nichts: An Büderich fahren sie vorbei.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet auf einer großen Fläche in Wesel-Büderich kurz vor dem Ortsausgang in Richtung Rheinberg für die neuen X-Busse geworben wird. Sie versprechen „mehr Tempo für die Region“, doch die Büdericher und Büdericherinnen haben davon nichts: Zwar pendeln zwei der drei neuen Linien linksrheinisch zwischen Wesel und verschiedenen Orten im Kreis Kleve hin und her, doch an Büderich fahren sie eben vorbei – und das, obwohl es eigentlich auf dem Weg liegt.
„Ich war einfach stinksauer, als ich das gehört habe“, erinnert sich Holger Mienkuß, der in Büderich wohnt. „Man wird einfach abgehängt.“ Denn schon vor Einrichtung der X-Buslinien, die nun seit Mitte Dezember fahren, ließ die ÖPNV-Anbindung in Büderich zu wünschen übrig. Mit entsprechenden Folgen für die Anwohner.
Probleme für Bahnpendler und Senioren
„Mein Freund lebt in Köln“, führt Mienkuß aus. „Und wir würden eigentlich gerne mit dem Bus fahren.“ Doch wenn er sonntags abends mit der Bahn aus dem Rheinland zurückkehrt, ist das kaum möglich: „Wenn man um sechs Uhr abends in Wesel ankommt, fährt kein Bus mehr nach Büderich“, ärgert sich Mienkuß. Und selbst wenn – an anderen Tagen zu anderen Uhrzeiten – noch Busse fahren, ist nicht immer gesagt, dass Bahnreisende die auch erwischen: „Wenn man um .53 in Wesel ankommt, kriegt man den Bus um .59 oft nicht“, sagt Mienkuß. Schon ein paar Minuten Verspätung der Bahn reichen, um den Anschluss zu verpassen.
Und mit seinem Unmut steht Holger Mienkuß nicht allein da. „Ich wäre gerne zum Augenarzt nach Xanten gefahren, aber das geht nicht“, beklagt Erika Mauthe. Die Seniorin fährt häufig Bus. „Die Kinder stehen ja nicht immer zur Verfügung“, erklärt sie. Doch weil es von Büderich nur eine direkte Verbindung nach Xanten gibt (die Linie 66, die laut Fahrplan nur drei Mal am Tag fährt und nicht an jedem Tag) musste sie nun einen anderen Arzt in einer anderen Stadt wählen.
Schulkindern fehlt Anbindung
„Die vergessen uns hier total“, schließt sich auch Sarah Wölke der Kritik an. Zwei ihrer drei Kinder gehen in Xanten zur Schule, mit den Busverbindungen steht sie deshalb schon länger auf Kriegsfuß. „Nach der 8. Stunde fährt gar kein Bus mehr“, sagt sie, und selbst die Fahrt zur Schule ist mit Schwierigkeiten verbunden: Um 7.12 Uhr hält zwar die besagte Linie 66 an ihrer Haltestelle „Büderich Friedhof“, aber „das ist ein voller Bus, der aus Wesel kommt“. Oftmals, sagt die Dreifach-Mutter, sei für die Büdericher Kinder kein Platz mehr, ein zweiter, leerer Bus komme erst ab „Büderich Alte Mühle“ ins Spiel – und die liegt quasi am anderen Ende des Dorfes, ihre Kinder müssten sich dorthin schon um 6.30 Uhr auf den Weg machen. „Warum setzt man diesen zweiten Bus nicht schon früher ein?“, fragt sich Sarah Wölke.
Sie muss ihre ihre Kinder nun fast täglich, manchmal sogar mehrmals täglich nach Ginderich bringen beziehungsweise von dort abholen, und zwar von der dortigen Bushaltestelle. Denn selbst die Verbindung zwischen Büderich und Ginderich lässt zu wünschen übrig: Direkt fahren hier nur die besagte Linie 66 (drei Mal am Tag, nicht in den Ferien) sowie die 67 alle zwei Stunden. Die von Fahrplan-Apps vorgeschlagene Alternative – von Büderich in Richtung Wesel fahren und an der Haltestelle „Restaurant Lindenwirtin“ umsteigen – möchte sie ihre Kinder nicht nehmen lassen, findet es viel zu gefährlich. Denn dort müssten die Kinder über die vielbefahrene B 58, um den Anschluss noch zu erwischen.
Vier Minuten Fahrtzeitverlust
Derweil kann sich das Nachbardorf Ginderich seit der Einführung der X-Busse über einen komfortablen Halbstunden-Takt bis spät in die Nacht freuen, sowohl nach Xanten als auch nach Wesel – und das, obwohl in Büderich mit 3530 Einwohnern rund doppelt so viele Menschen wohnen wie in Ginderich (1773). „Der größere Ortsteil wird links liegen gelassen“, ärgert sich Holger Mienkuß. „So viel zum Thema Verkehrswende.“
Nun fragen sich die Büdericher, wieso die neuen X-Bus-Linien nicht einfach auch durch Büderich fahren können. Das offizielle Argument – Zeitverlust – überzeugt sie nicht, denn der wäre minimal: Die Buslinie X 27 braucht für die Strecke zwischen Wesel und Kleve 73 Minuten, die X 28 fährt die Strecke zwischen Wesel und Goch in 70 Minuten. Der Schlenker über Büderich würde vier Minuten länger dauern. Bezogen auf die gesamte Fahrtzeit geht es hier also um Zeitverluste von etwas mehr als fünf Prozent.