Kleve/Wesel. Einige Fahrgäste wundern sich – andere freuen sich. Wie funktioniert die vor wenigen Tagen eingerichtete X-Bus-Linie X27? Ein Selbsttest.
An diesem eiskalten Morgen huschen in der Dämmerung ein paar dick eingepackte Personen über den Vorplatz am Klever Bahnhof. Zwei von ihnen steuern den Bussteig 6 an, wo bereits ein silberner Linienbus wartet, der die nagelneue Verbindung X27 von Kleve nach Wesel bedient. Bisher gab es keine Direktverbindung zwischen den beiden Kreisstädten – das ist seit dieser Woche anders. Für mehrere Fahrgäste ist das noch völlig unbekannt, wie ein Selbsttest beweist.
Zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember nahmen am Niederrhein vier Schnellbuslinien ihren Betrieb auf: Neben der Verbindung zwischen Kleve und Wesel sind jetzt die X05 (Wesel, Drevenack, Schermbeck, Dorsten), X28 (Goch, Uedem, Xanten, Wesel) und X32 (Kleve, Bedburg-Hau, Kalkar, Rees) unterwegs.
Zurück in die Schwanenstadt Kleve: Hier ist der Busfahrer so freundlich und lässt die bei minus 5 Grad bib-bernden Fahrgäste schon zehn Minuten vor der planmäßigen Abfahrt in sein Fahrzeug – nach und nach steigen noch sieben weitere Mitfahrer ein, ein Mann hat sein Fahrrad dabei.
Mit einer Minute Verspätung setzt sich der X-Bus dann in Bewegung. Nach rund zwei Kilometern erreicht der Schnellbus den Bedburg-Hauer Ortsteil Qualburg – hier hält er zum ersten Mal, weil eine Frau zusteigt, einen Halt weiter verlassen drei Damen den Bus, aber die kommenden vier Haltestellen passiert der Bus ohne anzuhalten – hier kann der Fahrer die leichte Verspätung wieder aufholen.
Mann in Kalkar überrascht von der X27
Vorbei am idyllischen Schloss Moyland und mit Blick auf eine wunderschöne Winterlandschaft erreicht die Fahrt die Stadt Kalkar. An der Bahnhofstraße tritt dort ein offenbar überraschter Mann mittleren Alters an die vordere Bustür heran: „X27? Ist das neu?“, fragt er den Fahrer, der den Fahrgast rein bittet und erklärt, dass es zunächst nach Xanten, dann weiter nach Wesel gehe. Zufrieden nimmt der Mann vorne rechts Platz und fragt Minuten später zur Sicherheit noch mal nach: „Fahren Sie wirklich bis nach Wesel? Ohne Umsteigen?“ – der Busfahrer bestätigt beides zur Freude des Passagiers.
Nach genau 30 Minuten Fahrt verlässt der X-Bus den Kreis Kleve und trifft in Marienbaum ein. In der Halte-stelle Kirche steigt in dem kleinen Wallfahrtsort eine ganze Familie ein: „Such Dir einen Platz aus, Prinzessin“, ruft die Mutter ihrer etwa 5-jährigen Tochter zu. Die hat die große Auswahl, denn es sitzen nur etwa zehn Fahrgäste im Bus – schön verteilt und alle vorschriftsmäßig mit medizinischer Maske. Auf die Minute pünktlich fährt der Schnellbus kurz später am Xantener Bahnhof vor – bis Samstag endete hier die Busverbindung aus Kleve. Alle Personen steigen aus dem Bus aus, doch eine Frau kehrt noch mal zurück zum Busfahrer: „Darf ich Sie mal was fragen? Halten Sie noch woanders in Xanten?, erkundigt sich die Seniorin. „Nein. Ich fahre direkt nach Wesel“, antwortet der Chauffeur, während 14 „neue“ Passagiere im X-Bus Platz nehmen.
Der Bus leert sich in Xanten komplett
Hier am Xantener Bahnhof hätte man drei Tage zuvor noch umsteigen müssen: Von Bus 44 in den SB6 – 33 Meter Fußweg zeigte der Fahrplan für den Wechsel des Busses an, für den man planmäßig vier Minuten Zeit hatte. Das ist jetzt nicht mehr nötig, es geht vier bequemer: Wer nach Wesel möchte, bleibt einfach sitzen.
Nach ein paar Zeigerumdrehungen setzt sich der X27 wieder in Bewegung – bis er das Xantener Stadtgebiet verlässt, füllt sich der Bus mit weiteren sechs Fahrgästen. Darunter die kleine Nina mit ihren Eltern, für die eine Busfahrt nach Wesel offenbar ein kleines Abenteuer ist. Wie gebannt schaut das Mädchen auf den zugefrorenen Altrheinarm und bewundert den wunderschönen Sonnenaufgang. Als ihr Vater ihr zuruft, wie toll die Winterlandschaft doch sei, wendet das Kind ein: „Ich habe aber noch keine Kühe gesehen!“ Denen sei wohl an diesem Morgen zu kalt, erklärt die Mutter, womit sich das Mädchen erstmal zufrieden gibt. Genau eine Stunde nach der Abfahrt in Kleve hält der Schnellbus in Ginderich. Hier steigen noch mal fünf Jugendliche ein, alle weiteren Haltestellen der linken Rheinseite lässt der X-Bus liegen, weil kein Ein- oder Ausstieg gewünscht wird.
38 Haltestellen in 75 Minuten passiert
Auch zur „Lindenwirtin“, der ersten Haltestelle nach dem Überqueren der Niederrheinbücke, möchte niemand an diesem Morgen. Dann passiert es: Statt links abzubiegen, fährt der Busfahrer am Niederrheinmuseum geradeaus, bemerkt aber schnell seinen Fehler und wendet etwa 500 Meter weiter. Wenig später erreicht der Bus den Willibrord-Dom, wo am „Großer Markt“ gleich acht Personen den Bus verlassen. Für die verbliebenen zwölf Fahrgäste ist der Weseler Bahnhof das Ziel, das der Bus mit zweiminütiger Verspätung nach genau 75 Minuten und 38 Haltestellen ab Kleve erreicht. Auch vier Frauen aus Xanten, die zum Weihnachtsmarkt in Münster unterwegs sind, steigen an der Endhaltestelle aus. „Wir kannten den X27 noch gar nicht. Er war für uns eine Notlösung, weil der Zug ab Xanten über 30 Minuten Verspätung hatte“, berichtet Birgit Cramer-Görtz, glücklich über die schnell Verbindung auf die andere Rheinseite.