Wesel. Seit 2018 hat sich ein Prozess im Schwarzen Wasser beschleunigt, der es in ein Moor zu verwandeln droht. Ein Fachmann erklärt, was man tun kann.

Das Schwarze Wasser gleicht derzeit mehr einer grünen Wiese als einem Gewässer. Zwar ist der bekannte Heideweiher im Diersfordter Wald noch nicht komplett ausgetrocknet – 30 Zentimeter hoch steht das Wasser in der Mitte noch – doch die gesamte Fläche ist überwuchert von Zwiebelbinsen und Torfmoos. Eine Entwicklung, die Wilhelm Itjeshorst von der Biologischen Station Sorge macht. Denn in rasantem Tempo haben sich die Pflanzen durch die trockenen Sommer ab 2018 auf dem jahrhundertealten, geschützten Gewässer ausgebreitet. Der Botaniker befürchtet: Die Entwicklung ist nicht mehr zu stoppen, wenn der Mensch nicht eingreift, wird das Biotop zu einem Moor.

„Das Hauptgewässer befindet sich im Initialstadium eines Moores,“ erklärt der Fachmann. Was grundsätzlich nicht schlimm sei – ein Moor bindet sogar mehr klimaschädliches CO2 als ein See. Doch das Schwarze Wasser ist das letzte natürliche Heidegewässer im Rheinland, so Itjeshorst – und daher schützenswert. Und Moore gibt’s im Diersfordter Wald schon, auch am Ostufer des Schwarzen Wassers, das Schwingmoor ist allerdings ebenfalls durch die Witterung geschädigt. Bei Besuchern des Diersfordter Waldes ist das Gewässer beliebt und für seine tierischen und pflanzlichen Bewohner ist es Lebensraum.

Schwarzes Wasser in Wesel: Ursprünge in der Eiszeit

Die Eiszeit bildete vor zehntausend Jahren die Voraussetzungen für den Weiher, als der Rhein Ton und Lehm im Boden hinterließ. Darüber lagerte sich Flugsand ab. Die Schicht verhindert, dass Regenwasser versickert, das Schwarze Wasser ist auf das Nass von oben angewiesen. Das erklärte Ziel des Naturschutzes sei, das Heidegewässer mit seinen besonderen Pflanzen und Tieren zu erhalten, sagt Itjeshorst. Heute wächst um das Ufer herum zwar Wald, ursprünglich lag es aber in einer Heidelandschaft.

Vom Schwarzen Wasser ist nicht mehr viel zu sehen, der Wasserstand ist niedrig und auf dem Grund haben sich Torfmoos und Zwiebelbinsen ausgebreitet. Der Weiher droht zu verschwinden.
Vom Schwarzen Wasser ist nicht mehr viel zu sehen, der Wasserstand ist niedrig und auf dem Grund haben sich Torfmoos und Zwiebelbinsen ausgebreitet. Der Weiher droht zu verschwinden. © Rita Meesters/NRZ

Vor kurzem noch gab es am Schwarzen Wasser seltene Arten wie das Froschkraut, die Wasser-Lobelie ist schon länger verschwunden – jetzt wuchern hier die Zwiebelbinse und das Torfmoos so sehr, dass die gesamte 2,5 Hektar große Fläche bedeckt ist. Fische, die zu sterben drohen, gibt’s in dem nährstoffarmen und bis zu 1,40 Meter tiefen See zwar nicht, dafür aber Amphibien wie Moor- oder Grünfrösche und Libellenlarven, von denen der Zwergtaucher sich ernährt.

Darum droht das Schwarze Wasser sich in ein Moor zu verwandeln

Selbst wenn der Wasserspiegel im Schwarzen Wasser wieder steigt, werden die Pflanzen nicht verschwinden, sie halten sich auch im Wasser. „Der Prozess ist nicht ohne weiteres rückgängig zu machen“, weiß Itjeshorst, der das Gewässer seit 1983 beobachtet. Begünstigt wird die Verbreitung der Pflanzen durch die starke Verschlammung. Das Laub, saurer Regen, Nährstoffbelastung durch die Landwirtschaft begünstigten über Jahrzehnte die Schlammbildung – aber die Witterung der letzten Jahre hat das Phänomen enorm beschleunigt: „So ein System hält viele Belastungen aus. Dann kommt auf einmal so eine Extrembelastung dazu und es werden Prozesse in Gang gesetzt, die das ganze System ändern.“

Was kann dem See helfen? Itjeshorst sagt: „Ich bin Befürworter einer ‘Radikalmethode’“. Das bedeutet: Schlamm und Pflanzen müssen von Menschenhand entfernt werden. „Aber das ist teuer.“ Eigentümer des Gewässers ist der RVR. Über Förderungen der EU könnte das Projekt finanziert werden. Das Schwarze Wasser ist Teil des gleichnamigen FFH-Schutzgebietes (Fauna-Flora-Habitatgebiet) der Europäischen Union. Ein Teil es Ufers ist 2013 schon einmal entschlammt worden. Ob die Bagger noch einmal anrücken, werde diskutiert, sagt Itjeshorst: „Wir sind im Prozess, sind aber von den Witterungsverhältnissen überrascht worden.“

Im Schwarzen Wasser liegen noch Weltkriegs-Granaten

Einen Vorteil hatte der fehlende Regen: „In den trockenen Jahren ist sehr viel Müll zum Vorschein gekommen, den haben wir abgesammelt haben.“ Plastik- und Glasabfälle etwa, zum Teil schon aus den 60er Jahren. Früher badeten die Jugendlichen aus der Umgebung im See, der heute eingezäunt ist. Auch gefährliche Relikte kamen zur Vorschein: Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg. „2020 ist hier mindestens eine Phosphorgranate hochgegangen. Die liegen da jetzt auch noch im Schlamm.“ Ob das Schwarze Wasser entschlammt wird, ist noch nicht entschieden, so Itjeshorst. Noch sei keine große Eile geboten. „Die Entwicklung zu einem Moor dauert Jahre .“

Wilhelm Itjeshorst ist bei der Biologischen Station in den Ruhestand getreten

Wilhelm Itjeshorst ist seit seit 1986 bei der Biologischen Station hauptamtlich beschäftigt und nun in den Ruhestand getreten – aber nicht so ganz: Mit einer geringfügigen Beschäftigung bleibt er dem Naturschutz erhalten. Die Biologische Station betreut im Auftrag des Kreises Wesel Naturschutzgebiete im Kreis Wesel, darunter das Schwarze Wasser.