Wesel. Vor allem im Verkehrssektor fordern die „Weseler Klimaschützer*innen“ zügig CO2-Reduktionen. Und schlagen auch Lösungen vor.
Muss in Wesel mehr für den Klimaschutz getan werden? Die Befragten des NRZ-Umweltchecks bejahen diese Frage mehrheitlich. Auch die Gruppe „Weseler Klimaschützer*innen“ findet das – und hat unter dem Titel „Weckruf“ ein Papier erstellt, in dem dargelegt wird, in welchen Sektoren in Wesel das meiste CO2 verbraucht wird – und auch Vorschläge formuliert, wie man es einsparen könnte.
Dass das dringend nötig wäre, geht ebenfalls aus dem Schreiben hervor. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, verbliebe demnach für ganz Deutschland ab 2022 ein Restbudget an etwa 1,79 Gigatonnen CO2. „Wenn man dieses Budget sieht, sind wir eigentlich am Ende angekommen“, erläutert Klaus Kubernus-Perscheid, Sprecher der 2019 gegründeten Gruppe, die unter anderem aus Mitgliedern von Fridays for Future, diversen Naturschutzverbänden, Attac-Niederrhein, Kirchen und Parteien besteht.
In Wesel belastet vor allem der Verkehr die CO2-Bilanz
Aus dem Schreiben geht hervor, dass es ist vor allem der Verkehrssektor ist, der in Wesel mit einer hohen CO2-Belastung zu Buche schlägt: 200.000 Tonnen der jährlich etwa 472.000 Tonnen CO2 entfallen demnach auf den Verkehr, 144.000 Tonnen auf private Haushalte, 120.000 Tonnen auf die Wirtschaft und 8000 Tonnen auf kommunale Liegenschaften.
Dass es aber zuerst der Verkehr ist, an dem eingespart werden müsste, begründen die „Weseler Klimaschützer*innen“ damit, dass es in diesem Bereich in den vergangenen 30 Jahren keine nennenswerten Reduktionen gegeben habe, es aber gleichzeitig der Sektor ist, den die Kommunalpolitik am effektivsten beeinflussen kann.
Grundsätzlich schlagen die Klimaschützer vor, den Individualverkehr zu reduzieren und stattdessen den öffentlichen Nahverkehr auszubauen. In Wesel könnte das beispielsweise durch ein Stadtbuskonzept gelingen, zugleich müssten regionale Bus- sowie Schienenverbindungen ausgebaut bzw. reaktiviert werden. Für Außenbezirke und in den Nachtzeiten könnten Kleinbusse nach Bedarf angefordert werden. Außerdem schlägt die Gruppe vor, Mitfahrportale auf kommunaler Ebene zu organisieren. Auch Personen- und Güterverkehr sollte wieder zusammengebracht werden, da besonders Lkw die Emissionsbilanz stark belasten. „Man muss eine Gesamtlösung finden“, so Kubernus-Perscheid weiter – nur an einzelnen Schrauben zu drehen, bringt in dem Fall nicht viel.
Klimaschützer fordern mehr Aufklärung
Um die Bürgerinnen und Bürger dazu zu bringen, umweltfreundlichere Verkehrsalternativen zu nutzen, sehen die „Weseler Klimaschützer*innen“ die Verantwortung ebenfalls auf kommunaler Ebene: „Unsere erste Forderung ist wahre Aufklärung, keine Verschleierung“, erläutert Kubernus-Perscheid weiter. Zum Beispiel könnte die Stadt Informationsveranstaltungen anbieten, bei denen auch kritische Stimmen zu Wort kommen.
Dabei ist es gar nicht so, dass die Stadt Wesel in Sachen Klimaschutz alles falsch macht. „Ein Klimaschutzbeauftragter, ein Klimaschutzkonzept – das sind alles Sachen, die die Stadt richtig macht“, betont er. Jedoch bemängelt er, dass meist erst reagiert wird, wenn die Probleme bereits da sind – zu wenig Initiative.
Wie kann Wesel bis 2035 klimaneutral werden?
Ebenso finden die „Weseler Klimaschützer*innen“ das bereits 2020 formulierte Ziel, Wesel bis 2035 klimaneutral zu machen, problematisch. „Man muss beschreiben, was man darunter versteht“, so Kubernus-Perscheid. Schließlich könne man rein rechnerisch auch durch Ausgleichszahlungen klimaneutral werden. Das aber würde an der Gesamtsituation nicht viel ändern, denn am Ende müssen eigentlich alle ihren CO2-Ausstoß reduzieren.
„Wir können in Wesel die Welt nicht retten“, betont Kubernus-Perscheid. „Auch allein Deutschland nicht.“ Vielmehr handelt es sich um ein globales Problem, bei dem alle mitziehen müssen. Und deshalb gilt für alle und eben auch für Wesel: „Wir müssen eigentlich alles tun, um eine negative Emissionsbilanz zu erreichen.“ Doch davon ist man in Wesel noch weit entfernt. Die „Weseler Klimaschützer*innen“ haben berechnet: „Wenn die Stadt Wesel es schafft, die CO2-Emissionen auf drei Tonnen je Einwohner und Jahr im Jahre 2035 zu reduzieren, müssten für die Klimaneutralität mehr als 15 Millionen Bäume gepflanzt werden. Bei einer normalen Pflanzdichte von 1000 Bäumen je Hektar reicht die gesamte Fläche Wesels dafür nicht aus.“