Schermbeck. Der Kreis hat die Schließung eines Campingplatzes in Schermbeck angeordnet. 80 Bewohner sind betroffen und verzweifelt – sie wollen nun klagen.
Donnerstagmorgen auf dem Campingplatz am Wesel-Datteln-Kanal: Mehrere Bewohner kämpfen mit ihren Tränen und sind der Verzweiflung nahe, weil sie fürchten, bald kein Dach mehr über dem Kopf zu haben: „Wo sollen wir denn hin?“, fragen sie, nachdem der Kreis Wesel für den Platz Overbeck/“Hohes Ufer“ an der Hünxer Straße in Schermbeck eine Nutzungsuntersagung wegen Brandschutzmängeln erlassen hat.
Michael Kleinherbers, der Leiter des Campingplatzes, hat dafür kein Verständnis. Er sagt: „Ich fasse das als Schikane auf!“ Der 52-Jährige bestreitet keineswegs die Brandschutzmängel, die bei einer Begehung am 29. November festgestellt wurden. „Seitdem haben wir getan, was möglich war, um alle Mängel zu beheben – nur das geht eben nicht von heute auf morgen.“
Campingplatz in Schermbeck: Erste Brandschutzbegehung im November
Kleinherbers berichtet, dass der Kreis ihm für die Beseitigung aller Mängel eine Frist bis zum 30. April gesetzt habe. „Das wäre ja eventuell zu schaffen.“ Doch drei Brandschutzschneisen zwischen dem Hang an der Hünxer Straße und dem Kanal quer durch den Campingplatz mit rund 120 Parzellen sollten innerhalb von vier Wochen entstehen. „So schnell geht das ja gar nicht“, erklärt auch Reinhold Lispfert, der zusammen mit seiner Frau einer der 80 Personen zwischen fünf und 86 Jahren ist, die ihren festen Wohnsitz auf dem Campingplatz haben.
Dass es jetzt eine Nutzungsuntersagung seines Campingplatzes gibt, nachdem man „fast 20 Jahre gar nicht hingeguckt“ habe, kann Kleinherbers aus mehreren Gründen überhaupt nicht nachvollziehen: „Wenn man bei der Begehung im November gesagt hätte, ,das ist ja alles ganz schlimm und gefährlich’, hätte man doch den Platz sofort schließen müssen und alle Leute sofort rausholen sollen.“
Er und viele Helfer hätten sich seitdem mächtig ins Zeug gelegt: „Mittlerweile haben wir 40 bis 50 Prozent der Mängel beseitigt, es ist also schon viel sicherer, doch jetzt sollen wir schließen? Das ist doch nicht logisch“, so der 52-Jährige, der außerdem die Gefahr nicht so hoch einschätzt, wie die Behörden: Unser Platz liegt direkt am Kanal, da ist ja wohl genug Löschwasser. Und auf der anderen Seite stehen zwei Hydranten.“ Trotzdem hat er zwei große Löschwasser-Container auf dem Platz aufgestellt.
Wie könnte es nun weitergehen? Eine 40-jährige Bewohnerin des Campingplatzes sagt, sie habe beim Kreis Wesel angerufen und gefragt, was die Nutzungsuntersagung für sie und ihre Familie nun bedeute: „Ich bin ganz ehrlich, ich verstehe das Paragrafen-Deutsch nicht. Dann hat der Mitarbeiter mir gesagt, ich wohne ja hier illegal. Das tue ich nicht, weil ich mich ganz normal im Bürgerbüro hier angemeldet habe.“
Kreis Wesel hat offenbar 1000 Euro Zwangsgeld angedroht
Daraufhin habe die Bewohnerin gefragt, wo sie denn jetzt hin solle mit ihren drei Kindern: „Da hat er gesagt, das sei ihm scheißegal – ganz sicher, wir saßen mit Zeugen in meiner Wohnung, die das auch gehört haben.“ Noch schlimmer findet eine 55-Jährige, die mit ihrem pflegebedürftigen Mann und ihrer 83-jährigen Schwiegermutter – alle mit festem Wohnsitz – dort lebt, dass der Kreis ihr 1000 Euro Zwangsgeld androht, sollte sie jetzt noch in ihrem Haus erwischt werden: „Ich habe nichts! Mein ganzes Geld steckt da in dem Haus drin. Wo soll sich hin?“
Michael Kleinherbers erklärt, die Bewohner würden jetzt erstmal alle gegen die Nutzungsuntersagung Einspruch einlegen: „Wir machen eine ganz große Sammelklage, das sind über 70 Leute, dazu kommen noch viele Einzelklagen – also auf Düsseldorf und den Kreis wird jede Menge einprasseln.“ Dann könnten die Bewohner erstmal auf dem Platz bleiben, meinen der Leiter und auch die Bewohner.
Diese Überlegung dementiert der Kreis Wesel jedoch: Klagen gegen die Nutzungsuntersagung hätten keine aufschiebende Wirkung. Wie die Nutzungsuntersagung allerdings konkret umgesetzt werden könne, war zunächst aber unklar.
Gemeinde für Personen ohne Obdach zuständig
Klar ist jedoch: Sollte jemand obdachlos werden, wäre die Gemeinde Schermbeck als Ordnungsbehörde für die Unterbringung zuständig. Dort ist die Situation jedoch angespannt, da durch den Brand in der Ayslbewerber-Unterkunft an der Alten Poststraße von der Gemeinde angemietete Wohnungen mit den dortigen Bewohnern wohl noch für Monate belegt sind.
Eine verzwickte Situation, die nach Ansicht von Michael Kleinherbers mit gutem Willen aller Beteiligten allerdings zu lösen sei: „Wir beseitigen ja alle Mängel, aber hexen können wir schließlich auch nicht!