Kreis Wesel/Kreis Kleve. Es gibt zu wenig Biobetriebe in den Kreisen Wesel und Kleve: Die Ökomodellregion Niederrhein soll das ändern. Der Zeitplan ist ambitioniert.
Das Projekt ist ambitioniert - und die Zeit knapp: Innerhalb von drei Jahren soll sich die ökologisch bewirtschaftete Fläche von aktuell 2,4 Prozent auf mindestens vier Prozent fast verdoppeln und bis 2030 das NRW-Ziel von 20 Prozent erreichen. Das haben sich die Kreise Wesel und Kleve auf die Fahnen geschrieben, als sie sich um die Ökomodellregion Niederrhein bewarben. Sie haben den Zuschlag vom Land bekommen – nun geht es an die Umsetzung der Ziele: 80.000 Euro pro Jahr gibt das Land drei Jahre lang dafür.
Das scheint nicht viel für zwei Kreise, doch für das Geld ist die Stelle eines Regionalmanagers oder einer Regionalmanagerin bei der Entwicklungsagentur Wirtschaft (EAW) des Kreises Wesel zum 1. Januar ausgeschrieben: „Eine der Aufgaben wird es sein, Fördermittel zu akquirieren“, sagt Monika Stallknecht von der EAW, Bund und Land stellen viel Geld zur Verfügung.
Weidewirtschaft und Gemüse als regionale Schwerpunkte
Unter der Marke Ökoregion Niederrhein sollen viele Ziele erreicht werden: Der Schutz der niederrheinischen Kulturlandschaft beispielsweise, wenn die Tiere wieder auf den Weiden stehen statt in den Ställen - das mögen auch Touristen bei ihren Wanderungen und Radtouren sehen. Schwerpunkte der Ökoproduktion sind Biomilch und Weidewirtschaft sowie Gemüse und Obst von Bioerzeugern, die regional vermarktet werden sollen. Derzeit geht ein Großteil der Bioprodukte vom Niederrhein in die Niederlande zur Weiterverarbeitung und Vermarktung - das soll sich ändern.
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Allerdings gibt es nicht mehr viele Betriebe der Lebensmittelverarbeitung am Niederrhein, auch fehlen die Schlachtereien in der Nähe - lange Transportwege sollen künftig vermieden werden, der Weg in Richtung Weideschlachtung oder mobile Schlachtung gehen. Erzeugergemeinschaften und eine betriebsübergreifende Vermarktungsplanung sollen feste Perspektiven für die Ökobauern bieten, ihnen einen höheren Anteil in der Wertschöpfungskette und damit ein gutes Einkommen sichern, obwohl sie weniger Tiere halten als konventionell arbeitende Betriebe.
Benachbarte Ballungsräume bieten gute Absatzchancen
Die Chancen dafür stehen gut, ist doch der Niederrhein mit dem benachbarten Ruhrgebiet und den Niederlanden nahe am Verbraucher und zu Lande wie Wasser logistisch gut aufgestellt. Diese Infrastruktur gelte es gebündelt zu nutzen, zudem soll die Direktvermarktung eine größere Rolle spielen.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen Akteure miteinander in Kontakt treten, Erzeuger, Verarbeiter, Vermarkter, mögliche Kunden beispielsweise aus Gastronomie oder Lebensmittelproduktion. Das beginne schon jetzt allmählich, sagt Monika Stallknecht von der EAW, die bereits Kontaktanfragen aufnimmt.
Für Hubert Kück, Grünen-Fraktionschef im Kreistag, ist es ein Schritt in die richtige Richtung: Seine Fraktion hatte die Bewerbung um die Ökomodellregion seinerzeit beantragt. „Es geht darum, Bio und Regional zusammenzubringen“, sagt er. Davon profitierten sowohl die Umwelt als auch das Klima und die Biodiversität.
Bestehende Strukturen miteinander vernetzen
Es ist nicht so, dass die beiden Kreise bei Null anfangen müssten: Da ist Haus Riswick, Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft bei Kleve, eine Einrichtung der Landwirtschaftskammer NRW. Die Vereine Genussregion Niederrhein und Bioregion Niederrhein, die Kreisbauernschaften, Agrobusiness Niederrhein, die Hochschulen Rhein-Waal und Duisburg-Essen, die ihre Bereitschaft signalisiert haben. Zudem die drei Leader-Regionen, die Projekte fördern können.
Fehlen noch die Erzeuger, die von konventionell auf ökologisch umsteigen wollen - sie gilt es zu überzeugen. Und letztlich die Kunden.
So stellen sich die Kreise Wesel und Kleve den Zeitplan vor
Netzwerken ist die Aufgabe im ersten Jahr der Ökomodellregion: Treffen der Akteure, Bestimmung einer Dachmarke, Aufbau der Strukturen, Zielsetzungen. Nach einem halben Jahr sollen ausgewählte Kantinen als Pilotprojekte umstellen, die Dachmarke bekannt werden, die Landwirte informiert werden, erste Betriebe umstellen. Jahr zwei: Immer mehr Betriebe und Verarbeiter erkennen die Dachmarke an, wollen ein Teil davon werden. Die Marke soll über die Region hinaus bekannt werden. Jahr drei: Vermarktung in den Ballungsräumen, weitere Betriebe stellen um, die Palette der Erzeugnisse wird breiter.