Kreis Wesel. Wintergänse erreichen jetzt den Kreis Wesel. Die Sorge ist groß, dass der Klimawandel die nordischen Gäste dezimiert, Spannung vor der Zählung.

Am Niederrhein sind Herbst und Winter unüberhörbar. Fast bevor die nordischen Wintergäste sichtbar sind, erklingen bereits ihre Rufe. Aktuell die der Blässgänse, die ungemein kommunikativ sind. Schon Mitte September sind die ersten Wintergänse angekommen. „Das ist erst der Anfang“, sagt Ornithologe und Naturfotograf Hans Glader, „der Hauptteil kommt noch“.

Erst Mitte Oktober beginnen die Zählungen und diesmal werden die Ergebnisse mit besonderer Spannung erwartet: Denn im vergangenen Jahr beobachteten Experten, dass die Zahl der Gäste gesunken war. Biologen vermuteten, dass das Phänomen auf den Klimawandel zurück zu führen ist: Das Eis in der Arktis schmilzt. „Ob diese These stimmt, müssen wir erst noch verifizieren“, erläutert Thomas Traill von der Biologischen Station Kreis Wesel.

Blässgänse sind sehr häufig, aber auch seltenere Arten sind schon da

Bis zur Zählung fallen immer mehr Gänse gleich schwarmweise ein. „In den vergangenen Tagen konnten Ornithologen im Kreis Wesel bereits zahlreiche dieser nordischen Gäste in der Rheinaue beobachten“, so Traill. Dabei haben neben der „normalen” Blässgans, leicht erkennbar durch den hellen Fleck am Kopf, auch die Seltenheiten nicht auf sich warten lassen, berichtet er.

Bereits am 20. September, unmittelbar vor dem offiziellen Herbstbeginn, beobachteten ehrenamtliche Ornithologen etwa die ersten Ringel- und Rothalsgänse des Herbstes an den Flutmulden auf der Bislicher Insel.

Der geschäftige Reiseverkehr am Himmel geht indes in beide Richtungen: „Die allerletzten Schwalben schleichen sich davon, Mauersegler, Sumpfrohrsänger und Kuckuck sind längst über alle Berge“, sagt Traill. Stattdessen kommen beispielsweise Bergfink, Rotdrossel und Schellente aus dem Norden hierher.

Mancher Zugvogel bleibt länger als vorgesehen

Eine Schellente ist aus dem Norden an den Niederrhein gekommen.
Eine Schellente ist aus dem Norden an den Niederrhein gekommen. © Biologische Station Kreis Wesel | Hans Glader

Immer mal wieder komme es auch vor, dass diese Arten weit abseits ihrer üblichen Zeitfenster erscheinen: etwa Bergfinken, die noch im Sommer in unseren Wäldern singen oder, was noch seltener vorkomme, Schwalben, die in warmen Fabrikhallen überwintern.

Traill verweist Interessierte auf die Internetseites des Weltvogelzugtags (www.worldmigratorybirdday.org) der am zweiten Samstag im Oktober war. Neben Kunst und Veranstaltungsankündigungen finden sich dort Blicke über den geografischen Tellerrand in das weltweite Herbst- und Frühjahrsabenteuer der Vogelwelt.

Ein Abenteuer ist es tatsächlich, „illegale Bejagung, durch den Klimawandel bedrohte Lebensräume oder die Kollision mit Stromleitungen machen die ohnehin beschwerliche Reise zu einem Hindernislauf, der für nicht wenige Vögel tödlich endet.“

Ob es in diesem Jahr wieder Gänseführungen gibt, ist noch offen

In den vergangenen Jahren hat die Biologische Station von Ende November bis Februar regelmäßig Gänseführungen durchgeführt. Im letzten Winter war daran natürlich zu denken. „In den kommenden Wochen fällt die Entscheidung, ob wir diesen Faden im kommenden Winter wieder aufnehmen“, sagt Traill. Wenn ja, werde die Biologische Station um die Monatswende Oktober/November die Termine bekanntgeben. (sz)