Kreis Wesel. Taxiunternehmen sind aktuell gebeutelt: Lockdowns, Pandemieauflagen und der neue Mindestlohn. Jetzt sollen die Tarife angehoben werden.

Corona-Schutzmaßnahmen, der gestiegene Mindestlohn: Das Taxifahren im Kreis Wesel soll vom 1. Oktober an teurer werden, zuletzt waren die Beförderungsentgelte im Juni 2019 angehoben worden. Am kommenden Montag befasst sich der Ausschuss für Mobilität und Verkehr mit dem Thema. Eine Besonderheit des neuen Taxitarifs ist Corona geschuldet: Die Grundgebühr soll bis zum Ende der Pandemie – und der damit verbundenen Schutzauflagen – um 50 Cent höher liegen als danach. Masken, Desinfektion, Schutzfolien: All das kostet die Unternehmen Geld.

Die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen hat bereits im Dezember beantragt, den Taxitarif anzuheben: Bis Dezember 2020 lag der Mindestlohn bei 9,35 Euro, aktuell bei 9,60 Euro, bis zum 1. Juli 2022 wird er auf 10,45 Euro die Stunde angehoben. Somit beträgt die Lohnsteigerung zum 1. Juli 2022 11,76 Prozent - und rund 60 Prozent der Unternehmenskosten sind Personalkosten, der Rest fällt unter allgemeine Betriebskosten.

Faire Löhne sorgen für höhere Kosten und Tarife

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Eine faire Entlohnung der Fahrer wirkt sich auf den Taxitarif aus: So soll laut Verwaltungsvorlage die Grundgebühr von bislang 3,90 Euro auf 4,20 Euro ansteigen, in Coronazeiten auf 4,70 Euro. Der gefahrene Kilometer kostet dann 20 Cent mehr, tagsüber 2,30 Euro, nachts 2,50 Euro. Lediglich der Zuschlag für Großraumtaxis soll bei 6,60 Euro bleiben.

Auch, wer das Taxi warten lässt, muss tiefer in die Tasche greifen: bis einschließlich fünf Minuten kostet es dann 10 Cent je 12,72 Sekunden, ab der sechsten Minute 10 Cent je 6,38 Sekunden. Als Wartezeit gilt, wenn das Taxi auf Veranlassung des Kunden hält oder aber wegen dichten Verkehrs warten muss.

Beantragt hatte die Fachvereinigung zum Teil höhere Tarife, doch der Kreis folgt nicht in jedem Punkt der Argumentation der Taxiunternehmen. Vor der Entscheidung des Kreistages wurden laut Verwaltung die kreisangehörigen Städte und Gemeinden, die Industrie- und Handelskammer zu Duisburg (IHK), die Gewerbeaufsicht, die Fachgewerkschaften und die Verkehrsverbände angehört. Bedenken gegen eine Erhöhung der Tarife seien nicht erhoben worden.

Taxis sind auf dem Land kaum wegzudenken

Eine Fahrt ist kostspielig - aber mitunter die einzige Möglichkeit der Mobilität in Zeiten ohne ÖPNV: am Wochenende und Abends.
Eine Fahrt ist kostspielig - aber mitunter die einzige Möglichkeit der Mobilität in Zeiten ohne ÖPNV: am Wochenende und Abends. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Mit dem Projekt Taxitarife hat sich die SPD-Fraktion vorab beschäftigt und eine Anfrage gestellt: Pandemie, Mindestlohn und Lockdowns hätten die Unternehmen vor existenzielle Herausforderungen gestellt. Doch gerade in ländlichen Gebieten seien Taxis ein wichtiger Baustein der Mobilität - dann nämlich, wenn keine Busse und Bahnen mehr fahren. Es sei daher sinnvoll, ein flächendeckendes Angebot zu erhalten und die Maßnahmen zu ergreifen, die dafür notwendig sind, so die Sozialdemokraten. Sie wollen wissen: „Warum war es der Kreisverwaltung nicht möglich, die Antragsbearbeitung so zeitnah vorzunehmen, dass spätestens Anfang 2021 der neue Tarif hätte greifen können?“ Der Antrag stammte von Dezember 2020.

„Da es sich bei dem Fahrdienstangebot des Taxi-Gewerbes um öffentlichen Personennahverkehr handelt, erfordert die Prüfung eines eingegangenen Antrages zur Erhöhung des Taxitarifs und nachfolgende Ausarbeitungen eine hohe Sorgfalt und nimmt dementsprechend einige Zeit in Anspruch“, so die Verwaltung dazu. Es gelte die Interessen zwischen Taxiunternehmen und potenziellen Kunden angemessen abzuwägen. „Nur wenn ein gesundes Gleichgewicht herrscht, wird der Fahrdienst des Taxigewerbes weiterhin genutzt.“

Wichtiger Baustein als Zubringer zum ÖPNV

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Teil des kreisweiten Mobilitätskonzeptes sei der Taxiverkehr nicht, teilt die Fachverwaltung mit. Das setze seine Schwerpunkte auf den Rad- und Fußverkehr und Personennahverkehr: Sie sollen zu Lasten des Kfz-Verkehrs gestärkt und der Kfz-Verkehr verringert werden. Unter diese Themen fallen Taxis nicht, sie spielten dennoch „zwar keine zentrale, aber eine übergeordnete Rolle als Zubringer zum ÖPNV“ und seien daher im Nahverkehrsplan des Kreises Wesel geregelt. Im ÖPNV kämen Taxis seit langem bei Anrufsammeltaxi und Taxibus-Verkehren zum Einsatz. Allerdings gilt hier nicht der Taxitarif, der übrigens auch nicht für Krankentransporte und Fahrten für Menschen mit Behinderung oder Schulkindern zum Tragen kommt.