Kreis Wesel. Zwei Personen aus Moers und drei Hamminkelner sind mit der britischen Virusmutation infiziert. So geht der Kreis Wesel mit der Situation um.

Was zu befürchten war, ist nun eingetroffen: Eine der neuartigen Corona-Mutationen ist im Kreis Wesel angekommen. Wie die Kreisverwaltung am Montagmorgen mitteilt, wurde bei zwei Personen aus Moers und drei Personen aus Hamminkeln am vergangenen Wochenende die Virus-Variante B.1.1.7 des SARS-CoV-2 nachgewiesen.

Diese Mutation, die sich seit September zunächst in Großbritannien ausbreitete und jetzt in mehreren Ländern verstärkt um sich greift, ist Untersuchungen zufolge noch leichter übertragbar als die bisher zirkulierenden Varianten, stellt das Robert-Koch-Institut fest. Und: „Während anfangs nicht davon ausgegangen wurde, dass diese Variante mit schwereren Krankheitsverläufen einhergeht, gibt es inzwischen – bei begrenzter Datenlage – erste Hinweise darauf, dass sie mit einer erhöhten Fallsterblichkeit einhergehen könnte“, schreibt das RKI. Dass die Mutante nach Fällen im Kreis Kleve auch im Kreis Wesel entdeckt wurde, löst Sorge aus.

Mutierte Corona-Viren: Kreisverwaltung bildet Task Force

Die Weseler Kreisverwaltung hat bereits nach dem Bekanntwerden der Infektionen im Kreis Kleve beim Gesundheitsamt eine „Task Force“ gebildet, die sich nun besonders intensiv um die Nachverfolgung der Kontakte der fünf infizierten Menschen aus Moers und Hamminkeln kümmert.

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Bei den beiden Personen aus Moers konnten die Mitarbeiter des Kreises vor kurzem absolvierte Auslandsreisen als Infektionsquellen ausfindig machen. In solchen Verdachtsfällen – dazu gehören neben den Auslandsreisen auch Zweitinfektionen oder Clusterbildungen – veranlasst der Kreis Wesel die so genannte Sequenzierung, durch die eine Mutation nachgewiesen werden kann. So sind laut Kreissprecherin Anja Schulte die beiden Moerser Fälle entdeckt worden.

Infektionen in Hamminkeln durch Routinetests aufgefallen

Anders bei den drei Personen aus Hamminkeln. Sie sind quasi „Zufallsfunde“: Laut Richtlinien des Bundes und des RKI werden derzeit fünf bis zehn Prozent der positiven Corona-Tests grundsätzlich auf die ansteckenderen Mutanten geprüft. Dabei sind die Infektionen in Hamminkeln aufgespürt worden, so die Kreissprecherin. Welche positiven Proben die Labore einer weiteren Analyse unterziehen, entscheiden diese selbst, erklärt Anja Schulte.

Derzeit laufen die Ermittlungen zum Infektionsweg noch, Auslandsreisen der infizierten Hamminkelner konnten durch das Gesundheitsamt bereits ausgeschlossen werden. Die drei Personen stehen in einem privaten Zusammenhang, bilden ein so genanntes Cluster. Die Ansteckungen sind, wie der Kreis betont, nicht in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas oder Krankenhäusern aufgetreten.

Diese Besonderheiten gelten für Erstkontakte bei mutierten Viren

Nach einem festgestellten positiven Corona-Testergebnis dauere es noch einmal etwa eine Woche, bis das Ergebnis der Untersuchung auf eine Mutation vorliege, teilt Kreissprecherin Anja Schulte mit. Einige Labore können die Analyse selbst durchführen, andere müssen dies etwa in der Charité vornehmen lassen. Dass es mehrere Tage dauert, bis die Gewissheit über eine Mutation vorliegt, stelle jedoch keine zusätzliche Gefahr dar: „Die Leute sind ja eh unter Quarantäne“, sagt Schulte.

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Von Miriam Hollstein, Jochen Gaugele und Christian Kerl

In Bezug auf die Erstkontakte gibt es bei einer nachgewiesenen Infektion mit der neuen Variante jedoch einige Unterschiede: So müssten sich alle engen Kontaktpersonen einem Test unterziehen, der auch auf die mutierten Viren hin untersucht wird. Außerdem dürften diese Kontaktpersonen nicht – wie bei „gewöhnlichen“ Coronainfektionen – in bestimmten Fällen schon nach zehn statt nach 14 Tagen aus der Quarantäne entlassen werden, auch nicht, wenn sie einen negativen Test vorlegen können.

Eine Änderung der Teststrategie im Kreis Wesel wird es nach dem Auftreten der fünf B.1.1.7-Virus-Infektionen vorerst nicht geben, heißt es bei der Kreisverwaltung. Es bleibe bis auf weiteres bei dem Vorgehen, nur in besonderen Verdachtsfällen nach den Mutanten zu suchen und durch die Labore fünf bis zehn Prozent aller positiven Ergebnisse prüfen zu lassen.

Lungenexperte appelliert: Corona-Regeln noch strikter beachten

Landrat Ingo Brohl ist nicht überrascht von der Nachricht: „Genau wie bei den ersten Coronafällen in Deutschland vor etwa einem Jahr war es auch bei der Mutation leider nur eine Frage der Zeit, bis sie den Kreis Wesel erreicht. Die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln sowie die Vermeidung unnötiger (Auslands-)Reisen und sozialer Kontakte ist jetzt noch einmal für uns alle sehr viel wichtiger geworden.“

Der Moerser Lungenexperte Dr. Thomas Voshaar warnt: „Wir müssen auf die erhöhte Ansteckungsgefahr gerade jetzt immer wieder hinweisen, weil wir uns noch strikter und sorgfältiger an alle bekannten Regeln halten müssen. Das fällt angesichts einer gewissen Ermüdung nicht leicht, ist aber zwingend erforderlich. Im Krankenhaus und in Seniorenheimen gilt dies vor allem. In diesen Einrichtungen sind keinerlei Lockerungen möglich. Im Gegenteil, hier müssen zum Beispiel die Schnelltests für Besucher und Personal noch konsequenter eingesetzt werden.“

Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski appelliert an die Bürger, die Quarantäne und die Corona-Regeln sorgfältig einzuhalten, um eine weitere Ausbreitung besonders des mutierten Virus einzudämmen. Bis zum 15. Januar gab es in Hamminkeln lediglich 24 akute Corona-Fälle. Unter anderem aufgrund eines Ausbruchs im Dingender Seniorenheim St. Josef ist die Zahl zuletzt auf 71 Infektionen gestiegen.

Und nun tauchen in Hamminkeln auch noch die mutierten Viren auf. Wo sie herkommen, das müssen nun die Nachforschungen klären.

Auch in den Nachbarkreisen Kleve und Viersen wurden schon mutierte Viren nachgewiesen.