Kreis Wesel. 142 Weidetiere in drei Jahren gehen auf das Konto von Wölfin GW954f im Kreis Wesel. Es gibt viele Fragen zu Raubtier und Weidevieh.

Objektivität in die häufig emotionale, mitunter auch ideologische Diskussion um Wölfin „Gloria“ wollte die SPD-Fraktion im Kreisausschuss bringen und hatte Fragen an die Verwaltung. Zu den Schäden und der Möglichkeit, das Raubtier zu „entnehmen“ , wie der Abschuss im Amtsdeutsch heißt. Obschon diese Entscheidung nicht allein beim Kreis Wesel liegt, der sich mit dem Land berät.

21 nachgewiesene Wolfsrisse sind in den Jahren 2019 und 2020 bislang gezählt und Wölfin GW954f zugeordnet, teilte die Verwaltung mit. 40 Tiere wurden dabei getötet, davon 28 im Jahr 2019 und zwölf in diesem Jahr. Acht weitere wurden vergangenes Jahr verletzt, vier in diesem Jahr. Und drei Risse werden noch untersucht weil noch nicht endgültig zugeordnet.

Die Zählweise der Verwaltung hielt Ulrike Trick (Grüne) für unvollständig, denn die Risse aus dem Jahr 2018 fehlten. Seitdem seien insgesamt 142 Tiere gerissen worden.

Knackpunkt ist der Herdenschutz

Die Verwaltung stellt fest, dass der Wolf sich mit wenigen Ausnahmen dort bedient habe, wo der empfohlene Herdenschutz nicht umgesetzt worden ist, das treffe besonders auf kleine Schafhaltungen zu. Ein Nachweis dafür, dass die Wölfin über Zäune springt, gebe es bislang nicht, obwohl die Vermutung „inzwischen naheliegend“ sei.

Neben Zäunen nennt die Verwaltung Herdenschutzhunde und die Möglichkeit, die Tiere nachts teilweise im Stall zu halten, um sie zu schützen. Das sei in einzelnen Herden bereits erfolgreich praktiziert worden und solle im Wolfsgebiet Schermbeck zukünftig verstärkt angegangen und umgesetzt werden. Zwar gibt es verschiedene Zuschüsse für die Herdenschutzmaßnahmen – allerdings nicht für den Schutz von Kühen und Pferden.

Den ersten Antrag, Gloria abzuschießen, gab es im Juni 2020. „Der Antrag wurde in Abstimmung mit dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MULNV) und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) versagt.“ Das Verwaltungsgericht Düsseldorf ist noch mit der Frage befasst, ob das rechtens war. Einen weiteren Antrag stimmt der Kreis Wesel derzeit mit dem Land ab.

Naturschützer reden mit

Die SPD wollte wissen, ob die Naturschutzverbände ein Wort mitzureden haben über das Schicksal der Wölfin. Haben sie, denn sie sind im Naturschutzbeirat des Kreises Wesel vertreten. Sollte der Abschuss verfügt werden und der Naturschutzbeirat widerspräche dem, ginge die Entscheidung an den Kreistag. Winkte der den Abschuss durch, ginge die Entscheidung dennoch an die höhere Naturschutzbehörde. Der Naturschutzbeirat hat also ein gewichtiges Wort.

Zwar sei eine Prognose schwierig, so die Verwaltung, aber es sei doch wahrscheinlich das weitere Wölfe aus Niedersachsen kommen, selbst wenn Gloria nicht mehr da wäre – oder gerade dann. Wer diese Tiere „entnehmen“ will, muss für jedes einzelne Individuum oder eine Gruppe erneut den Antrag stellen. Heißt: Der Abschuss der Wölfin würde die Tierhalter nicht vom Wolf generell befreien.

„Wir wollten einen Beitrag liefern, um die Diskussion zu beruhigen und hoffen, dass Befriedung um sich greifen könnte“, begründete Gerd Drüten (SPD) die Fragen an die Verwaltung. „Wer in Schermbeck lebt und die Probleme der Weidetierhalter kennt, sieht die Situation keineswegs als befriedet an“, urteilte Ulrike Trick.