Schermbeck/Hünxe. Vorhandene Sickerwasserfassung nicht ausreichend, um eine Belastung der Gewässer auszuschließen. Betreiber der Tongrube muss nachbessern.
Das von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser Anfang 2019 initiierte zusätzliche Gutachten zum Umweltskandal in Schermbeck-Gahlen liegt jetzt vor. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die vorhandenen technischen Einrichtungen zur Fassung des Sickerwassers von der Betreiberfirma der ehemaligen Tongrube (Nottenkämper mit Sitz in Hünxe) nachgebessert werden müssen, um eine Gefährdung für die Oberflächengewässer sicher ausschließen zu können.
Auch müssen weitergehende Untersuchungen zum Wasserhaushalt durchgeführt werden, um festzustellen, ob eine Belastung des Grundwassers besteht und um die erforderlichen Maßnahmen und den Umsetzungszeitplan zu konkretisieren.
30.000 Tonnen hochgiftigen Ölpellets
In den vergangenen Monaten haben die beauftragten Sachverständigen alle derzeit vorliegenden Daten, Dokumente und Entscheidungen über die Tongrube systematisch auf den Prüfstand gestellt. Indem die Betreiber der Tongrube die Einrichtungen zur Fassung des Sickerwassers bautechnisch nachbessern, wird dauerhaft sichergestellt, dass von den zwischen den 2010 und 2013 in der Tongrube illegal entsorgten 30.000 Tonnen hochgiftigen Ölpellets keine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgeht.
„Ich habe Anfang vergangenen Jahres entschieden, dass gutachterlich überprüft werden soll, ob die derzeit an der Tongrube laufenden Sicherungsmaßnahmen geeignet und ausreichend sind, um Gefahren für Mensch und Umwelt auszuschließen“, sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.
„Das Gutachten hat hier bautechnische Schwachstellen zu Tage gefördert. Ich bin froh, dass die Ergebnisse der Gutachter jetzt vorliegen und der Kreis Wesel darauf aufbauend die weiteren erforderlichen Schritte zum Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und der Umwelt umsetzen kann.“
In der vergangenen Woche hatte das Umweltministerium Vertreter des Gahlener Bürgerforums, die Bürgermeister der Gemeinden Schermbeck und Hünxe sowie Vertreter des Kreises Wesel, der Bezirksregierung Düsseldorf und des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) zu einer Erörterung des Gutachtens nach Düsseldorf eingeladen.
In dem offenen und konstruktiven Austausch stellten die Gutachter ihre Ergebnisse vor, um diese mit den Beteiligten zu erörtern.
Die Vertreter des Bürgerforums und der Kommunalpolitik haben ihre Anregungen und Fragen vorgetragen und mit den Gutachtern, den Vertretern des Umweltministeriums und der Behörden besprochen.
Die Umsetzung der Ergebnisse des Gutachtens liegt nun im Zuständigkeitsbereich des Kreises Wesel. Das Umweltministerium wird den Kreis auffordern, die gutachterlichen Empfehlungen umzusetzen. Das Ministerium wird die Umsetzung weiterhin begleiten.
Das Gutachten wird außerdem dem Umweltausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen übermittelt und als Landtagsbericht veröffentlicht.
Gahlener Bürgerforum erhebt Vorwürfe
Das Gahlener Bürgerform erhebt heftige Vorwürfe, die sich aus dem vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen neuen Gutachten ergeben: „Sowohl die Firma Nottenkämper als auch der Kreis Wesel als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde haben mehrfach und über Jahre beziehungsweise Jahrzehnte gezeigt, dass sie nicht in der Lage sind, die Wiederverfüllung einer Tongrube zuverlässig durchzuführen und zu überwachen.“ Konkret erklären die seit Jahren engagierten Bürger aus der unmittelbaren Nachbarschaft der ehemaligen Tongrube Mühlenberg: „Die nicht zurückgebaute Zwischenabdichtung sowie die nicht vorhandenen Unterlagen zeigen die Schlampereien von Betreiber und zuständiger Behörde. Das muss jetzt Konsequenzen haben!“
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In den vergangenen Monaten hatten die beauftragten Sachverständigen alle vorliegenden Daten, Dokumente und Entscheidungen über die Tongrube systematisch auf den Prüfstand gestellt – sie kommen zu einem anderen Ergebnis als zwei bisherige Gutachten.
Gutachten hat Schwachstellen der Tongrube zu Tage gefördert
„Indem die Betreiber der Tongrube die Einrichtungen zur Fassung des Sickerwassers bautechnisch nachbessern, wird dauerhaft sichergestellt, dass von den zwischen den 2010 und 2013 in der Tongrube illegal entsorgten 30.000 Tonnen hochgiftigen Ölpellets keine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgeht“, erklärt die Staatskanzlei. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hatte im Januar 2019 entschieden, dass gutachterlich überprüft werden soll, ob die derzeit an der Tongrube laufenden Sicherungsmaßnahmen geeignet und ausreichend sind. Jetzt sagt sie: „Das Gutachten hat hier bautechnische Schwachstellen zu Tage gefördert. Ich bin froh, dass die Ergebnisse der Gutachter jetzt vorliegen und der Kreis Wesel darauf aufbauend die erforderlichen Schritte zum Schutz der Gesundheit der Bürger und der Umwelt umsetzen kann.“
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Das Umweltministerium hatte Vertreter des Gahlener Bürgerforums, die Bürgermeister von Schermbeck und Hünxe sowie Vertreter des Kreises Wesel, der Bezirksregierung Düsseldorf und des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) zur Erörterung des Gutachtens nach Düsseldorf eingeladen.
Schon jetzt könnte Sickerwasser ausgetreten sein
In dem offenen und konstruktiven Austausch stellten die Gutachter ihre Ergebnisse vor, um diese mit den Beteiligten zu erörtern. Das Umweltministerium wird den Kreis auffordern, die gutachterlichen Empfehlungen umzusetzen. Zudem werde das Gutachten dem Umweltausschuss des NRW-Landtags übermittelt und als Landtagsbericht veröffentlicht.
Das Gahlener Bürgerforum kritisiert jetzt nochmals die bisherigen zwei Gutachten: „Es ist keineswegs so, wie 2018 der Bevölkerung im ,beruhigenden’ AHU-Gutachten verkauft, dass möglicherweise irgendwann einmal in Millionen von Jahren etwas aus dem Verfüllkörper austreten kann.“ Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass Sickerwasser bereits jetzt aus der Tongrube über Undichtigkeiten in die Randgräben gelangt sein könnte.
Ölpellets in der Tongrube: „Akuter Handlungsbedarf“
„Es besteht damit aus unserer Sicht im Rahmen der Gefahrenabwehr akuter Handlungsbedarf! Die vorgeschlagenen Folgeuntersuchungen sind von neutralen Gutachtern unverzüglich durchzuführen“, so das Bürgerforum. Das AHU-Gutachten habe sich nachträglich auch deswegen als „Farce“ erwiesen, weil das Lanuv bereits 2015 und 2016 dem Kreis nahegelegt habe, weitere Auswertungen zu den Wechselwirkungen der Schadstoffe im Mühlenberg durchzuführen. Anlass dafür waren nachgewiesene Giftstoffe im AHU-Gutachten, die nichts mit den Ölpellets zu tun hatten. Dies habe der Kreis jedoch als „nicht zielführend“ abgelehnt.
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Im nun veröffentlichten Gutachten der Firma „Kerth + Lampe Geo-Infometric“ aus Detmold erklären die Experten ihr Vorgehen: „Bezüglich der Umwelt- und Gesundheitsgefahren, die von den illegal eingelagerten Ölpellets und möglicherweise weiterer illegal eingelagerter Stoffe ausgehen, bestehen weiterhin Bedenken in der Bevölkerung. Im Rahmen dieses zusätzlichen Gutachtens wurden rund 200 Dokumente (Genehmigungsbescheide einschließlich Antragsunterlagen, Vermerke, Stellungnahmen, Gutachten, Analysen-Berichte sowie staatsanwaltliche Unterlagen) ausgewertet.“ Diese Auswertung zeige nun, dass die bestehenden technischen Einrichtungen zur Sickerwasserfassung und -ableitung „aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geeignet sind, das in der Tongrube anfallende Sickerwasser dauerhaft und vollständig fassen und ableiten zu können.“
Es lägen zudem Indizien vor, dass bereits derzeit oder in überschaubarer Zukunft Sickerwasser aus der Tongrube in die offenen Randgräben außerhalb der Tongrube und in die grundwassergefüllten Feinsandlagen sowie eine Mergelbank innerhalb des Tons gelangen könnten. Deshalb fordert das Bürgerforum: „Aus unserer Sicht müssen weitere Bohrungen erfolgen!“
Kreis sieht AHU-Gutachten bestätigt
Der Kreis Wesel wertet das neue Gutachten anders: „Mit dem jetzt veröffentlichten Gutachten wird die Kernaussage der Gefährdungsabschätzung des AHU-Gutachtens grundsätzlich bestätigt, dass von der Verfüllung Mühlenberg keine Gefahr ausgeht, soweit das Sickerwasser sicher gefasst und ein Austritt in das Grundwasser oder die Randgräben und damit in das Oberflächenwasser verhindert wird.“
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Nach Auffassung des Gutachters Dr. Michael Kerth seien jedoch die für diese ursprüngliche Einschätzung zugrunde gelegten Annahmen nicht hinreichend belegt und überprüft worden. „Diese Untersuchungen müssen jetzt zeitnah vom Betreiber nachgeholt werden“, so der Kreis, der weiter erklärt: „Unter der Voraussetzung der Nachuntersuchungen und daraus abzuleitenden Maßnahmen befürwortet der Gutachter (...) den Verbleib der Ölpellets in der Verfüllung.“