Wesel. Bis zu 12.000 Menschen säumen den Weg beim Karnevalszug in der City. Thema für die närrischen Gruppen und Vereine ist unter anderem die Umwelt.
Als der „Zoch“ sich gegen 12.40 Uhr in Bewegung setzt, nieselt es. CAW-Präsident Thomas Holtkamp sieht es von der positiven Seite: „Wir sind froh, dass wir starten können“ – schließlich hatten noch am Tulpensonntag etliche Karnevalsumzüge abgesagt werden müssen.
Die Weseler Möhnen zeigen sich am Rosenmontag von der wetterfesten Seite: „Helau“-Rufe begrüßen die über 40 Wagen und Fußgruppen auf ihrem Weg durch die Stadt - und während es vom Himmel nieselt, hagelt von den Wagen eine Flut aus Bonbons, Weingummi, Schokoriegeln oder Konfetti auf das jecke Publikum nieder.
Narren beim Rosenmontagszug in Wesel sind regenfest
Allein dafür lohnt es sich für die zehn- bis zwölftausend Menschen, an den Straßen auszuharren. Viele haben das Kostüm gegen eine wetterfeste Jacke eingetauscht. Zu denjenigen, die den Umzug auf komfortablen und regensicheren Plätzen genießen können, zählen die Senioren des Altenheimes am Willibrordiplatz. Zum dritten Mal schickt die Einrichtung einen eigenen Wagen unter dem Motto „Wir turnen bis zur Urne“ auf den Weg, dürfen wieder acht Bewohner warm eingepackt schunkeln und Kamelle werfen. Immer wieder ein Highlight für die Senioren, verrät Einrichtungsleiterin Elke Kühnen.
Das Interesse war so groß, dass Plätze verlost wurden. Vera Winter (92), die Älteste an Bord, ist schon zum zweiten Mal dabei: „Es immer wieder schön“, freut sie sich. Extra für den „Zoch“ hat sie für das komplette Team rote Mützen gestrickt.
Weseler Gruppe verteilt Äpfel und Primeln an die Narren
Einige Gruppen und Vereine nehmen aktuelle Ereignisse humorvoll aufs Korn: Eine Nachbarschaftsgruppe aus Lackhausen zum Beispiel hat sich in Wikingerkostüme gehüllt und zieht samt Wagen als Botschafter der „Viking River Cruises“ durch die Straßen – eine Anspielung auf die Fluss-Kreuzfahrtschiffe des Unternehmens Viking, die ab März Wesel ansteuern werden. Mitgebracht hat die Truppe 200 Primeln, 44 Kilo Äpfel und jede Menge Süßes für das Volk.
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Mit erhobenem Zeigefinger fordert Greta Thunberg auf dem Wagen des Feldmarker Karnevalskomitees FKK zum „letzten Tango“ auf. Ein Eisbär und ein Pinguin unter Palmen mahnen, an das Klima zu denken. Der HVV Hamminkeln dagegen nimmt den Kahlschlag an den Straßen mit Blick auf die Klimadiskussion ins Visier: „Beginnt der Klimanotstand in der Stadt, machen sie die Bäume platt“ und „Straßenränder ohne Bäume zerstören unsere Klimaträume“ heißt es bissig auf ihrem Wagen. Auch die Gruppe „Wir sind immer dabei“ thematisiert ein Umweltproblem: Die Fußgänger haben sich selbst und ihren Wagen mit Plastikmüll „dekoriert“, um auf die Abfallflut in den Meeren aufmerksam zu machen.
Aktuelle Themen beim Rosenmontagszug in Wesel
Und auch der Bauernzusammenschluss „Land schafft Verbindung“ nutzt die fünfte Jahreszeit für eine politische Botschaft: „Ohne regionale Landwirtschaft wärt ihr durstig, hungrig und müsstet diesen Wagen schieben“, verkündet ein Plakat an einem Traktor, der den Wagen des Weseler KVC zieht. Beim Elferrat der Kolpingsfamilie liefert die langwierige Installation der Esel-Ampel die Vorlage für die Wagendekoration: „Endlich in Wesel“, freuen sich die Jecken und haben das Verkehrssignal auf ihrem Wagen nachgebaut.
Die Aktualität der Themen und die Kreativität lobt auch CAW-Präsident Thomas Holtkamp. Und als nach gut zwei Stunden am Berliner Tor die letzten Kamelle geworfen werden, sind die Gruppen und Vereine trotz des bescheidenen Wetters begeistert von der Stimmung. Familiär und gut gelaunt ging’s wieder zu, resümiert Holtkamp zufrieden. Dass die Zahl der Besucher etwas hinter den Erwartungen zurückblieb, lag in erster Linie am Wetter. Mehr Fotos unter www.nrz.de/wesel