Wesel. . „Je oller, je doller“ lautete das Motto der Jecken aus dem Altenheim am Willibrordiplatz. 31 Mitarbeiter engagierten sich. Aktion ist Rarität.
Der Karnevalswagen biegt an der Poppelbaumstraße links auf den Parkplatz ein und kommt zum Stehen. Es dauert einen Moment, dann steigen die Begleiter Petra Poeze und Wolfgang Schneider vom Team des Altenheims am Willibrordiplatz aus – sichtlich begeistert. Zwei Stunden lang zogen sie auf einem selbstgestalteten Wagen mit dem Rosenmontagszug durch die Innenstadt, warfen Kamelle und sorgten mit Live-Musik für Stimmung – mit dabei waren zehn Bewohner des Altenheims, die zwischen 70 und 90 Jahren alt sind.
„Sie waren überwältigt und begeistert. Und später k.o. vom Kamelle-Werfen“, erzählt Wolfgang Schneider, Mitinitiator der Aktion. Er ist Hausmeister im Altenheim und organisiert dort als Karnevalist („45 Jahre Prinzengarde“) gemeinsam mit Ulla Schumacher seit vielen Jahren die Karnevalssitzung vor Altweiber. Als sie im vergangenen Jahr nach dieser Veranstaltung zusammensaßen, sei ihnen die Idee gekommen, „etwas Großes zu machen“, wie Schneider sagt, einen eigenen Wagen beim Karnevalszug zu stellen. „Da war die Geschichte geboren.“
Liebevoll gestaltete Motive
Gesagt, getan. In ihren regelmäßigen Sitzungen befassten sich 31 engagierte Mitarbeiter mit der Planung und Umsetzung dieser Idee. Schließlich fanden sie sogar einen eigenen Wagen, den sie kauften und ab Ende September fleißig gestalteten. Das Ergebnis? Ein rot bemalter Wagen mit vielen schönen Motiven: zum Beispiel eine tanzenden Frau mit grauen Haaren, ein Clown mit Luftballons sowie ein Esel. Liebevoll wurden außerdem Vorhänge gestaltet. Das Motto: „Je oller, je doller“.
Dass ein Altenheim bei einem Rosenmontagsumzug mit einem eigenen Wagen vertreten ist, ist eine Rarität: „Das ist unseres Wissens einmalig“, sagt Thomas Holtkamp, Vorsitzender des Carnevals-Ausschusses Wesel (CAW). Der CAW habe die Idee sehr begrüßt, Holtkamp lobte das Engagement der Mitarbeiter. „Irgendwann werden wir alle alt und sind froh, wenn wir nicht vergessen werden“, sagt der CAW-Vorsitzende. Wer vielleicht in jüngeren Jahren bereits jeck und im Karnevalsverein aktiv war, der lässt sich bestimmt auch im Alter für solche Veranstaltungen begeistern. Dies sei für den CAW auch ein Grund dafür, jedes Jahr zur Karnevalszeit die hiesigen Altenheime sowie die Lebenshilfe zu besuchen.
Nach der Veranstaltung ging der Dank der Jecken aus dem Altenheim am Willibrordiplatz auch an die Weseler Feuerwehr, die den Bewohnern aus dem Wagen half, genauso wie an Bauer Herbert Schmäh aus Obrighoven, bei dem der Wagen für die Dauer der Vorbereitungen untergestellt werden konnte.
Toilette, Stromversorgung, TÜV
Die Gestaltung, Ein- und Ausstieg, Toilette auf dem Wagen, Stromversorgung für die Live-Musik, TÜV-Abnahme – bevor es losgehen konnte, mussten die Mitarbeiter des Willibrordi-Altenheimes viel bedenken. Auch eine neue Bremsanlage musste noch eingebaut werden, so habe es der TÜV vorgeschrieben, berichtet Schneider. Alles wurde rechtzeitig fertig, der Wagen konnte mitfahren. Ob es nächstes Jahr wieder klappt? „Wir müssen das erstmal sacken lassen“, sagt Schneider. „Aber der Wagen wurde gekauft, es sieht so aus, dass wir es nochmal machen.“
Mit der Premiere können sie schonmal zufrieden sein: Das Willibrordi-Altenheim wurde mit dem zweiten Platz der schönsten Prunkwagen ausgezeichnet. Die Verleihung des Preises verpasste das Team allerdings, weil alle zunächst in Ruhe aus dem Wagen geleitet und versorgt werden mussten. Das werde aber nachgereicht, erzählt Wolfgang Schneider. Die Auszeichnung sei nicht das Ziel gewesen, „unser Ziel war es, den Bewohner etwas Gutes zu tun“. Das ist ihnen offensichtlich gelungen.