Wesel. Mit der Marktlinie ist eine neue Busverbindung an den Start gegangen. Die ersten Nutzer lobten die Linie, es gab aber auch Verbesserungswünsche.
Samstagmorgen um 9.01 Uhr in Lackhausen. Die neue Buslinie Großer Markt beginnt ihre Jungfernfahrt – und viele fahren mit. An der Haltestelle „Konrad-Duden-Straße“ steht die 88-jährige Anna Neudecke und freut sich über das neue Angebot: „Endlich komme ich mal wieder irgendwo hin“.
Sie benötigt einen Rollator und ist auf einen Bus angewiesen. Nicht unbedingt um den Markt zu besuchen, aber um auch mal in die Stadt gehen zu können. Am Großen Markt angekommen, trinkt sie schnell den von der Bürgermeisterin Ulrike Westkamp spendierten Sekt und läuft auch schon los.
Die Rathauschefin ist zum Start der neuen Marktlinie ebenso vor Ort wie Niag-Chef Peter Giesen, um die ersten Fahrgäste zu begrüßen. Die Stadt bezuschusst die Linie mit jährlich 22.300 Euro, damit Fahrgäste aus den Ortsteilen samstags in die Innenstadt kommen.
Stadt rührte für die Marktlinie die Werbetrommel
Die neu eingerichtete Marktlinie ist eine „Sonderform des Linienverkehrs“, deshalb können die Mitfahrenden auch nur am Großen Markt aussteigen. Das wusste Familie Wolf aus Lackhausen nicht. Papa Wolf fuhr mit seinen beiden Söhnen Emil und Jonathan mit, weil diese so gern Bus fahren. Sie wollten eigentlich zwischendurch aussteigen. Bis in die Innenstadt mitzufahren, war für die Familie aber kein Problem.
ÖPNV und andere Themen beim NRZ-Bürgerbaromter
Der ÖPNV sorgt in Wesel für Diskussionsstoff, denn das Netz der Busverbindungen hat große Lücken. Die Zufriedenheit mit dem Nahverkehr ist auch Thema beim aktuellen NRZ-Bürgerbarometer. In der Befragung zu lokalen Brennpunktthemen haben wir die Menschen um eine Bewertung des ÖPNV gebeten. Aber auch weitere Bereiche des Lebens haben wir unter die Lupe genommen: Wo fühlen sich Menschen unsicher? Wo kaufen sie ein? Wie zufrieden sind sie mit den Freizeitangeboten? Ausführliche Antworten und Geschichten zu diesen und anderen Themen lesen Sie ab Samstag, 25. Januar, täglich in unserem Lokalteil.
Für die Buslinie hat die Stadt ordentlich die Werbetrommel gerührt. „Noch Ende der Woche sind 15 Auszubildende der Verwaltung durch die Ortsteile Lackhausen und Obrighoven gelaufen und haben Flyer verteilt“, berichtete Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und lobte den Einsatz der jungen Menschen. 160 Kilometer haben sie dabei zurückgelegt. Die Flyer mit dem Fahrplan liegen an markanten Stellen aus.
Die Marktlinie wird ein Jahr lang beobachtet
Das hat Wirkung gezeigt, der erste Bus von Lackhausen in die Stadt war gut gefüllt. „Ein Jahr lang wollen Stadt und Niag die Entwicklung der Fahrgastzahlen zunächst beobachten und auch die Wünsche der Fahrgäste aufnehmen“, erklärte Verkehrsplaner Michael Blaess, der die Jungfernfahrt im Bus begleitete. Wünsche wurden auch direkt schon geäußert.
Fahrgäste regen spätere Rückfahrt an
Hildegard Wentzel fuhr bis zur Einstellung des früheren Linienverkehrs jeden Samstag in die Stadt. Die Fahrzeiten der neuen Marktlinie empfindet sie als nicht so günstig. „Morgens zu früh und mittags ebenfalls zu früh zurück. Etwas gemütlich essen gehen, das klappt dann nicht“. Die „Seniorenclique“ aus dem Awo-Haus in Lackhausen sieht das genauso. „Gerade im Sommer, wenn man gern mal draußen sitzt, um Mittag zu essen, passt der Fahrplan nicht“, sagt die 81-jährige Ursel Höhner.
Gerade einmal ein zweites Frühstück wäre möglich. Denn um 12.34 Uhr müssen alle wieder einsteigen, wenn sie nach Lackhausen zurückfahren wollen. Richtung Obrighoven fährt der letzte Bus um 13.21 Uhr. Hier startet der erste Bus Richtung Markt um 10.06 Uhr.
Parksituation in Wesel ist an Markttagen schwierig
Da auf der „Marktlinie“ nur ein Bus eingesetzt ist, fährt dieser zwischen Lackhausen und Obrighoven hin und her. Der 66-jährige Rentner Ernst Gabriel zeigt sich erleichtert, dass der Bus wieder fährt. „Ohne den Bus kam ich nirgendwo hin. Musste dann mehr Fernsehen gucken“, erzählte er achselzuckend.
Ein weiterer Fahrgast, der sich über die neue Linie freut, ist Christopher Tischkewitz. Er ist zwar Autobesitzer, aber ein absoluter ÖPNV-Fan und pendelt jeden Tag von Wesel nach Oberhausen zur Arbeit. Er zieht demnächst nach Lackhausen.
„Einkäufe dann auch samstags mit Bus erledigen zu können, ist fantastisch“, freut er sich. Ein weiteres Argument, samstags mit dem Bus in die Stadt zu fahren, sei die Parksituation, die besonders an Markttagen in der Stadt problematisch sei, war zu hören.