Schermbeck/Hünxe. Mit dem Giftmüll im Schermbecker Mühlenberg – fühlen sich die Anwohner allein gelassen. Es gibt zahlreiche Verdächtigungen und wenig Klarheiten.
Auch mehr als fünf Jahre nach dem Auffliegen eines der größten Umweltskandale der vergangenen Jahre in NRW ist noch nicht endgültig geklärt, wer alles für die illegale Entsorgung des Giftmülls in der ehemaligen Tongrube in Gahlen verantwortlich ist.
Viele Ermittler, Staatsanwaltschaften und Gerichte befassten sich bereits mit dem Fall, doch die Aufklärung gestaltet sich genauso zäh, wie das giftige Material, das im Mühlenberg liegt und nach wie vor große Sorgen in der Bevölkerung verursacht.
Unter anderem ermittelte die Duisburger Staatsanwaltschaft – nach Angaben des Landgerichts Duisburg sind dort aktuell aber keine Verfahren mehr anhängig.
Zeuge erhebt schwere Vorwürfe
Bei einem der Prozesse um illegal abgelagerte Ölpellets in Schermbeck erhob im September vergangenen Jahres ein Zeuge während einer Gerichtsverhandlung am Bochumer Landgericht schwere Vorwürfe: Dabei blickte er Jahre zurück, auf den 8. August 2014: Damals ließen Ermittler mit einer großangelegten Durchsuchungsmaßnahme den Umweltskandal auffliegen.
Die danach Beschuldigten agierten hektisch, wütend und beschuldigen sich im Laufe der juristischen Aufarbeitung gegenseitig. Im Laufe der Jahre weitere sich der Skandal weiter aus: Die Staatsanwaltschaft geht mittlerweile von einer Gesamtmenge von 47.235,3 Tonnen Ölpellets und vadiumhaltigen Kronocarbs aus.
Der mittlerweile inhaftierte Entsorgungsunternehmer erhob Vorwürfe auch gegen Mitarbeiter das Recycling-Zentrum Bochum (RZB), gegen die Hünxer Firma Nottenkämper und auch gegen den Kreis Wesel als Aufsichtsbehörde.
„Wir haben doch alle gut daran verdient“
Als Zeuge zeigte er sich erbost darüber, dass offenbar zwei führende RZB-Mitarbeiter unmittelbar nach den Durchsuchungen mit dem Chef der Firma Nottenkämper unter sechs Augen ihr weiteres Vorgehen absprachen – ohne ihn mit ins Boot zu nehmen.
Auch interessant
Er selber hatte an den Tagen danach mehrfach den jetzigen Angeklagten, den Ex-RZB-Betriebsleiter, aufgesucht. Er habe dem Entsorgungsunternehmer damals vorgeworfen: „Du hast alles kaputt gemacht, was ich mir in den letzten 20 Jahren aufgebaut habe.“ Daraufhin habe der der Unternehmer geantwortet: „Wir haben aber doch alle gut daran verdient.“
Schuldzuweisungen und Korruptionsvorwürfe
Der Entsorgungsmakler beschuldigte aber nicht nur RZB-Verantwortliche, bewusst giftiges Material in den Mühlenberg gebracht zu haben. Bei der Firma Nottenkämper, für die er ebenfalls tätig war, herrschten „illegale Machenschaften“, betonte der 57-Jährige. Ein Mitarbeiter des Kreises Wesel, den er namentlich benannte, habe Geld kassiert, um vorab Nottenkämper mitzuteilen, wann die Kontrollen stattfänden.
Der Angeklagte in jener Verhandlung, der ehemalige Betriebsleiter des Entsorgungszentrums, räumte ein, dass er zwar frühzeitig kriminelle Geschäfte mit dem Gemisch aus Abfall und Sand vermutete, aber aus Angst seinen Job zu verlieren, nichts unternommen habe. „Mir waren die Stoffe nicht geheuer: Sie stanken enorm nach Kohlenwasserstoffen, wurden immer matschiger und klebten unter den Schuhsohlen.“