Schermbeck. Die neue Politgruppe erntet Respekt und Lob, aber auch Kritik. Linken-Sprecher wünscht ihr „viel Erfolg“, CDU-Chef nennt sie „unverantwortlich“.
Neue Parteien schossen in Schermbeck in den vergangenen Monaten wie Pilze aus dem Boden – die Parteienlandschaft hat sich in knapp anderthalb Jahren nahezu verdoppelt.
Spätestens seit dem Start der Politgruppe „Die Partei“ mit ortsbekannten Persönlichkeiten wird in der Gemeinde intensiv über die „Neulinge“, aber auch die etablierten Parteien heiß diskutiert. Wie ist aktuell die Lage der Schermbecker Parteien? Ein Überblick.
CDU
Mit 49,92 Prozent erreichte die CDU bei der Kommunalwahl 2014 fast die Hälfte aller Stimmen. Zusammen mit der Stimme von Bürgermeister Mike Rexforth (ebenfalls CDU) haben die Christdemokraten also praktisch die „absolute Mehrheit“ im Rat. Vorsitzender Ulrich Stiemer (72) sieht die jüngste Gründung der Politgruppe „Die Partei“ äußerst kritisch: „Politik ist doch nicht dazu da, um Spaß zu machen, sondern etwas ganz Ernsthaftes.
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Wenn man deren Programm ansieht, hat man den Eindruck, die wollen Unruhe stiften. Das finde ich unverantwortlich, damit schaden sie auch den anderen Parteien.“ Stiemer hat Angst, dass dadurch auch die Stimmen der AfD mehr Gewicht bekommen und diese – ebenfalls neue Partei – so zu einem Ratsmandat kommt.
Er stellt unmissverständlich fest: „So lange sich die AfD nicht von ihren extremen Rechten löst, wird es keinerlei Zusammenarbeit mit uns geben. Außerdem haben sie auch gar kein Programm für Schermbeck, deren Äußerungen sind nur Polemik.“ Stiemer sagt, mit der SPD und den Grünen in Schermbeck könne man gut zusammenarbeiten – mit der BfB eher nicht: „Das ist nicht viel außer Geschwätz!“.
SPD
Die Schermbecker SPD befindet sich aktuell in einem großen Umbruch und muss eher auf sich selber als auf neue Parteien schauen. Dr. Stefan Steinkühler und Manuel Schmidt haben den Sozialdemokraten kürzlich den Rücken gekehrt, auch Fraktionsvorsitzender Michael Fastring hat seinen Rückzug von dem Führungsposten angekündigt.
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Petra Felisiak lässt es noch offen, ob sie als Vorsitzende der SPD weitermacht. Auch die Entscheidung, ob die Sozialdemokraten zur Kommunalwahl einen einen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen schicken, ist noch nicht entschieden.
Der negative Trend der Sozialdemokraten auf Bundes- und Landesebene werde höchstwahrscheinlich auch Schermbeck erreichen, vermutet Felisiak: „Wir befürchten bei der nächsten Wahl deutliche Verluste, versuchen aber den Bürgern zu verdeutlichen, dass wir Kommunalpolitik machen und hier vor Ort etwas bewirken.“
Grüne
Es sei „grundsätzlich zu begrüßen, dass sich Leute in Schermbeck politisch engagieren“, erklärt Britta Wegner, Sprecherin des Grünen-Ortsverbandes Schermbeck. „Interessant und spannend wird vor allem sein, wie ,Die Partei’ sich entwickelt“, so Wegner, die ergänzt, dass deren Besetzung mit bekannten Schermbeckern „hoffen lässt, dass man mit ihnen konstruktiv zusammenarbeiten kann.“
Die Linke sieht sie dagegen als „zerstrittene Truppe“ an, die sich damit selber schade. Die Einstellung der Grünen zur AfD sei zudem „hinlänglich bekannt“.
FDP
„Wir von der FDP können uns keinerlei Zusammenarbeit mit Parteien vorstellen, die in eine extreme Richtung gehen – also scheiden beide linke Parteien und auch die AfD schon einmal aus“, sagt Simon Bremer. Der 27-Jährige ist Vorsitzender der Liberalen in Schermbeck und hat ein klares Ziel: „Wir wollen bei der nächsten Kommunalwahl wieder Fraktionsstärke – also zwei Sitze im Rat – erreichen, dafür wären 8 bis 9 Prozent der Stimmen nötig.“
Es habe einen „Einbruch“ bei den Mitgliederzahlen gegeben, als Ratsherr Thomas Heiske aus der FDP ausgetreten sei. Fünf der seinerzeit 16 Mitglieder seien damals ausgetreten. Doch aktuell sei die Zahl der FDP-Mitglieder bereits wieder auf 19 angestiegen, was Bremer als „wichtiges Zeichen“ wertet.
Bürger für Bürger (BfB)
Seit zehn Jahren gibt es diese Wählervereinigung, die bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren erstmals antrat und 12,49 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Aktuell gibt es rund 50 BfB-Mitglieder. Die Fluktuation sei bei Bürger für Bürger Schermbeck sehr gering, sagt Klaus Roth.
Der 72-jährige Ex-Betriebswirt ist zugleich Vorsitzender und Fraktionschef. Ihm bereiten die neu hinzugekommenen Parteien keine Sorge, wie er sagt. Er gibt sich gelassen: „Warten wir erstmal ab, wer von denen überhaupt bei der Kommunalwahl antritt.“
Roth erklärt selbstbewusst: „Wir haben in den Ausschüssen und im Rat gute Arbeit gemacht, viele Anträge eingebracht und schon 2014 aus dem Stand heraus das beste Ergebnis aller freien Wählervereinigungen im Kreis Wesel erreicht. Und natürlich wollen wir uns bei den kommenden Wahlen nochmal verbessern.“
Die Linke
Aktuell 15 Mitglieder hat „Die Linke“ in Schermbeck. Sprecher Michael Giel sagt, voraussichtlich würden die Linken bei der Kommunalwahl 2020 antreten, jedoch wohl nicht mit einem eigenen Bürgermeisterkandidaten. Der 58-jährige Rentner ergänzt, nach dem Auseinanderbrechen wenige Monate nach der Gründung und dem Austritt von Stephan Leifeld habe sich „die Lage Gott sei dank beruhigt.“ Er sei froh, dass es so gekommen sei.
„Meines Wissens ist die andere linke Partei auch gar nicht eingetragen, daher interessiert sie mich auch nicht.“ Giel sagt, seine Partei sei klar „Die Linke“ – doch auch für „Die Partei“ habe er gewisse Sympathien. Er äußert seine Anerkennung: „Der Marc Overkämping ist dafür genau der richtige Mann. Ich sehe die Partei sehr positiv und wünsche denen viel Erfolg.“
Vorwärts. Linke Alternative
Stephan Leifeld, Vorsitzender von „Vorwärts. Linke Alternative“, die in Schermbeck zwölf Mitglieder hat, sagt: „Wir werden definitiv bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr antreten.“ Zwar wohl nicht mit einem eigenen Bürgermeister-Kandidaten, doch eventuell als gemeinsame Liste mit anderen Parteien. „Ich habe schonmal bei Marc Overkämping von ,Die Partei’ angefragt. Wenn die allerdings nur Satire machen, kann man natürlich nicht koalieren, ansonsten könnte ich mir das schon vorstellen. Auch die Reste der SPD werde ich mir mal ansehen.“
„Die Partei“
Von 0 auf 32 Mitglieder innerhalb weniger Stunden hieß es zum Start der neuen Polit-Gruppe „Die Partei“, die in Schermbeck jetzt ihre Arbeit aufnimmt und Politik „zwar mit einem Augenzwinkern zugleich auch mit dem nötigen Ernst“ machen wolle, so deren Vorsitzender Marc Overkämping. Erstes Ziel sei es, bei den Kommunalwahlen 2020 anzutreten – ob mit oder ohne eigenem Bürgermeisterkandidaten sei noch nicht entschieden, ergänzt Overkämping, der auf die Partei-Gründung schon häufig angesprochen wird.
Von der AfD war zur aktuellen Situation des Ortsverbandes keine Stellungnahme zu bekommen.
Und das sagt Bürgermeister Mike Rexforth zur Gruppe „Die Partei“ in Schermbeck: „Eine interessante Zusammensetzung von mir geschätzten Bürgerinnen und Bürgern, die auch in der Lage wären, ernsthafte Kommunalpolitik zu betreiben.“
>>> SO STIMMTEN DIE SCHERMBECKER ZULETZT AB:
Bei der Kommunalwahl 2014 erreichte die CDU mit 49,92 Prozent klar die meisten Stimmen und stellt damit die Hälfte aller Ratsmitglieder.
Es folgte mit 22,05 Prozent die SPD vor der Wählergemeinschaft Bürger für Bürger (BfB) mit 12,49 Prozent sowie den Grünen (10,98 Prozent).
Die FDP errang vor fünf Jahren 4,56 Prozent und damit ein Ratsmandat – doch der gewählte Thomas Heiske trat aus der FDP aus.