Großes Polonia-Festival: So feierten 8000 Fans in Oberhausen
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Oberhausen. Weiß-rote Hüte, Bigos-Schalen und Brawo-Rufe: Viele Besucher hatten auf dem Festival-Gelände an der Turbinenhalle einen deutlichen Favoriten.
Der Himmel mag grau sein, dennoch stehen sie auf dem Schotterparkplatz der Turbinenhalle Oberhausen an diesem Sonntagnachmittag auf Farbspiele: Die Schals, die Trikots und selbst die Kopfbedeckungen, alles strahlt hier in Rot und Weiß, als hätten sie das Niederrheinpokal-Finale zwischen Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiss Essen um eine Woche vorverlegt.
Zwar jubelt die dicht an dicht zusammenstehende Menge wirklich wie in einer Fan-Kurve. Doch um Fußball geht es vor der großen Konzerthalle nun wirklich nicht. Rot und Weiß sind hier streng genommen auch Weiß und Rot und stehen für die Farben der polnischen Nationalflagge. 1000 Fans am Freitag, 3000 Besucher am Samstag und mehr als 4000 Anhänger am Sonntag sind in Oberhausen in Feierlaune. Das Interesse am dreitägigen „Polonia Music Festival“ hat sich gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt.
Gut, ein Kicker-Trikot mit der Rückennummer „Neun“ und dem beflockten Namen „Lewandowski“ sieht man doch noch zwischen aufblasbaren Klatschröhren und zum Himmel schnellenden Händen. Piotr und Natalia sind den kurzen Weg aus Mülheim angereist. „Wir kennen das Polonia Festival aus den Vorjahren. Hier hören wir polnische Musik endlich auf einer großen Bühne - und treffen viele Freunde.“
Polonia Music Festival in Oberhausen: Schlange stehen für Bigos, Piroggen und Kaszanka
Tatsächlich wird an der alten Industriehalle schon seit fast zehn Jahren die polnische Lebensart gefeiert. „Das ist ein Familienfest, bei dem man sich eine Pappkrone auf den Kopf setzt und bis in die Abend durchtanzt“, scherzt Maja, die sich mit Freundinnen vor dem Schriftzug des Festivals fotografieren lässt.
Die Mädelsgruppe, Mitte 20, trägt lässig weiß-rot verzierte Sonnenbrillen, obwohl die Sonne gerade eine Pause einlegt. „Nein, nein! Deutsche und Polen feiern nicht anders“, sagen sie, während sie die Warteschlange an der Verpflegungsmeile ins Visier nehmen. „Aber auf dem Teller gibt es große Unterschiede.“
Es dampft! Eine Feten-Gruppe in Polska-Shirts hat schon zugelangt. „Bigos aus Kraut und Kohl, sehr lecker…“ oder „Piroggen, Teigtasche, auch sehr gut...“ Ja, es gibt sicher auch Gerichte für Fortgeschrittene: Kaszanka besteht aus Schweinefleisch, Innereien, Graupen und Schweineblut. Doch auch die deftige Grützwurst hat ihre Fans.
Zwei Bühnen stehen auf dem abgesperrten Freigelände. Daneben öffnet eine kleine Kirmes mit polnischen Spezialitäten und eine Spiele-Ecke für Kinder. Dazwischen stehen Bänke, Tische und Schirme. Es fällt schnell auf: Hier feiern Generationen miteinander. Häufig wandern Familien über das Gelände. Der klare Fan-Favorit ist die große Hauptbühne, auf der polnische Musikerinnen und Musiker im Akkord singen.
Polonia Music Festival: Polnische Stars zwischen Hip-Hop, Pop und Schlager
Ronnie Ferrari zum Beispiel. Der 24-Jährige stammt aus der polnischen Großstadt Włocławek. Obwohl es aus den Wolken gerade tröpfelt, dirigiert er die Arme der Polonia-Fans spielend. Kürzlich landete der Musiker mit „Zatańcz ze mną“, was so viel heißt wie „Darf ich bitten“ oder „Tanz mit mir“, zusammen mit dem weiblichen Duo Topky einen Gute-Laune-Hit.
Nach Oberhausen gelockt hat die bekannten polnischen Stars der Veranstalter Jozef Opyd. Der 33-Jährige kam mit 16 Jahren gemeinsam mit seiner Mutter nach Deutschland. Er arbeitete als Discjockey und wagte schließlich mit den Polonia-Festivals einen riskanten, aber erfolgreichen Schritt. „Die Unterstützung der Turbinenhalle war von Anfang an fantastisch. Wir haben in einem kleinen Bereich der Halle angefangen - und bespielen diesmal das gesamte Gelände zum ersten Mal gleich an drei Tagen.“
Das Festival habe er sich ausgedacht, um Brücken zu schlagen. „Viele Menschen in der polnischen Community haben Sehnsucht danach, die polnische Musik live auf der Bühne zu hören.“ Zugleich spielt Michał Wiśniewski, der polnische Musik-Star mit den markanten roten Haaren, die Hits der deutschen Punk-Rock-Gruppe „Die Toten Hosen“. „Die Musiker aus Polen schwärmen vom Publikum in Oberhausen. Sie spüren, dass die Zuhörer auf solche Auftritt gewartet haben.“
Polonia Music Festival: Gäste reisen aus ganz Deutschland an - Mark Forster im Blick?
Der gebürtig aus einem Dorf nahe Ratibor in Schlesien stammende Veranstalter, kann sich durchaus vorstellen auch Stars aus dem deutschen Mainstream einzuladen. „Mark Forster besitzt polnische Wurzeln, das würde schon passen.“ Dies sei aber Zukunftsmusik. Die Festival-Tage in Oberhausen hat Jozef Opyd in drei Genres aufgeteilt. Jüngeres Hip-Hop-Programm am Freitag. Etwas Pop und Rock am Samstag. Und polnischen Schlager am Sonntag.
Eine Mischung, die den Nerv des Publikums trifft: Kinder schauen mit staunenden Augen hoch gewachsenen Walking-Acts zu. Ein drei Meter großer Panda-Bär wird genauso mit kleinen Händen abgeklatscht wie Pokemon-Figuren und sogar ein im Regen tanzender Batman. Jozef Opyd: „Wir hatten Gäste aus den Niederlanden, aus Bayern oder Norddeutschland. Da das Festival über drei Tage läuft, haben viele Besucher eine spürbar längere Anreise gewagt und in Oberhausen oder in der Umgebung übernachtet.“
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