Oberhausen. Die Stadt Oberhausen versucht, den steigenden Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen in Kitas zu decken. Doch es fehlen noch Hunderte Kita-Plätze.

Die Kinder sind dick angezogen, Wollmützen verdecken ihre Haare. Aber unter der breiten Krempe der Mütze lugen fröhliche Augen hervor. Winter-Alltag in der Kindertageseinrichtung Holten.

154 Kinder werden hier an der Bahnstraße betreut. Damit gehört die städtische Einrichtung zu den größten in Oberhausen. „Wenn man bedenkt, dass wir mal das kleinste Haus waren“, sagt die stellvertretende Leiterin Elke Wojdowski. In den vergangenen Jahren hat die Stadt immer wieder angebaut. Entstanden ist ein U-förmiges Gebäude, in dem sieben Gruppen untergebracht sind. Einstmals waren es zwei.

Kitas in Oberhausen: 27 Gruppen müssen noch entstehen

Der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz sieht bei einem Ortstermin daher das Gebäude auch als „idealtypisch“ für die Bemühungen der Stadt an. „In den vergangenen fünf Jahren haben wir 1500 Plätze zusätzlich geschaffen.“ Das reicht aber noch lange nicht: Aktuellen Schätzungen aus dem Rathaus zufolge fehlen im kommenden Kindergartenjahr mehr als 500 Plätze. Um den Bedarf zu decken, müssten 27 neue Gruppen geschaffen werden. Aber wo?

Die Kitas werden voller, ein Ende der Entwicklung ist in Oberhausen aktuell nicht in Sicht.
Die Kitas werden voller, ein Ende der Entwicklung ist in Oberhausen aktuell nicht in Sicht. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die Stadtverwaltung geht bei den unter Dreijährigen von einer Betreuungsquote von 52 Prozent aus. Das heißt, dass sie für 52 Prozent aller Oberhausener Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz anbieten möchte. Demnach braucht Oberhausen für das kommende Jahr 2657 Plätze. Bei den über Dreijährigen setzt sich Oberhausen eine Quote von 96 Prozent. 6492 Plätze wären dafür stadtweit nötig. Doch die fehlen: Bei den über Dreijährigen sind es 347, bei den unter Dreijährigen 296.

Oberhausen: 800 Kinder und Eltern gingen über Little Bird leer aus

Nimmt man das Online-Vergabe-System hinzu, verschlechtert sich das Bild nochmals: Denn zum 1. August 2023 blieben 806 Kinder unversorgt. 440 waren davon unter drei Jahre alt. Das ernüchternde Fazit eines Analysepapiers der Rathaus-Fachleute: „Derzeit besteht keine Möglichkeit mehr, Familien, die einen Betreuungsplatz benötigen, einen solchen zuzuweisen, da das Angebot der freien Plätze nunmehr erschöpft ist.“ Am härtesten betroffen sind die Stadtteile Sterkrade und Osterfeld, wo fast 500 Plätze zusätzlich gebraucht würden.

Ortstermin in Holten: (von links) Oberbürgermeister Daniel Schranz, Elke Wojdowski von der Kita Holten sowie die Beigeordneten Michael Jehn und Jürgen Schmidt.
Ortstermin in Holten: (von links) Oberbürgermeister Daniel Schranz, Elke Wojdowski von der Kita Holten sowie die Beigeordneten Michael Jehn und Jürgen Schmidt. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Familiendezernent Jürgen Schmidt betont wie Schranz, dass sich die Stadt sehr bemüht, zusätzliche Kita-Plätze zu schaffen. Allerdings suchten viele Kita-Verantwortlich oft vergeblich nach Erzieherinnen und Erzieher. „Wir erleben immer wieder, dass neue Kitas gebaut werden, aber nicht alle Plätze belegt werden können, weil kein Personal da ist.“

In den städtischen Kitas sollen demnächst auch spanische Erzieherinnen eingesetzt werden, die in ihrer Heimat einen Deutsch-Kurs absolviert haben. Die Vorbereitungen dazu laufen. Allerdings machen Schmidt und Schranz keinen Hehl daraus, dass sich auch das Land mehr bemühen müsste. Schranz kritisiert beim Ortstermin deutlich: „Wenn ich will, dass wir gleichbehandelt und familienfreundlich sind, dann muss ich mehr Geld in das System stecken.“ Die Diskussionen, ob nun die Kommunen oder das Land oder der Bund die Kosten tragen müssen, sei das „falsche Signal“. Diese Auseinandersetzungen über Zuständigkeiten seien unvernünftig. Arme Städte wie Oberhausen hätten zwar viel aufgeholt, seien aber auch jahrelang finanziell unterversorgt gewesen.

Mehr zum Thema Familie

Oberhausen: Hier werden Kitas erweitert

Das Ergebnis: Der Kita-Ausbau stockt. Die Stadt möchte eigene Projekte verwirklichen, findet aber schwer passende Grundstücke. Sie ist auch auf die Arbeit freier Träger angewiesen. Allerdings kommen die Projekte nicht wie gewünscht voran. Von den im Kita-Jahr 2023/24 angemeldeten 700 Plätzen in Erweiterungsbauten wurden nur 193 realisiert. 507 befinden sich weiterhin im Bau.

An der Schladstraße etwa will ein freier Träger 130 Plätze schaffen, doch der Bau verzögert sich. Mit der Fertigstellung wird erst Mitte 2024 gerechnet.

Der Investor an der Hansastraße hat nun endlich einen Bauantrag eingereicht. Auch hier sollen mehr als 100 Kita-Plätze entstehen, allerdings ist noch ungewiss, welcher Träger die Kita übernimmt. Für die Obere-Brüder-Straße ist eine Kita mit 120 Plätzen vorgesehen. Die Verzögerungen sind allerdings so erheblich, dass die Fertigstellung als „ungewiss“ bezeichnet wird.

An der Kirchhellener Straße soll in einem ehemaligen Restaurant ebenfalls eine neue Kita an den Start gehen. Die Bauzeit wird noch bekannt gegeben. Und für die katholische Kita an der Nürnbergerstraße mit fünf Gruppen muss noch ein Bauantrag gestellt werden.

  • Sie interessieren sich für Familien-Nachrichten aus dem Ruhrgebiet? Dann melden Sie sich für unseren kostenlosen Newsletter an: Hier geht’s zur Anmeldung.

Besser läuft da die Erweiterung von bestehenden Kitas. An der Barbarastraße soll ein Neubau entstehen, in die die Einrichtungen St. Johannes und Heilig Geist ziehen. Am neuen Standort gibt es dann sechs Gruppen.

Am Hausmannsfeld 12 wird ebenfalls die Kita um eine Gruppe erweitert (Fertigstellung im April 2024). An der Arnheimer Straße wird die evangelische Kita Schmachtendorf um eine Gruppe vergrößert. Die Awo plant an der Schwarzwaldstraße eine Gruppe mehr (Fertigstellung im August 2024), außerdem soll die Kita an der Friesenstraße um ein bis zwei Gruppen größer werden.

Die Kindertagesstätte Holten ist bereits größer geworden. Elke Wojdowski ist froh darüber. Vor dem Stichtag am 1. August würde fast täglich das Telefon klingeln. „Wir merken, dass die Eltern unter Druck stehen.“ Aktuell sei sie allerdings optimistisch. Das Team ist gewachsen auf 26 Mitarbeitende. „Wir sind zufrieden.“

Nur eine Gruppe stören all diese Diskussionen überhaupt nicht: Die Kinder, die draußen mit dicken Wollmützen durch den Sand rennen.