Oberhausen. In Oberhausener Kitas ist die Personalnot groß. Um den Mangel zu lindern, holen sich die Einrichtungen jetzt Hilfe. Woher die kommt.

Der Mangel an Fachkräften macht vielen Branchen schwer zu schaffen. Um die Not zu lindern, werben Firmen immer öfter Personal aus dem Ausland an. In der Gesundheitsbranche, sprich Kliniken und Heimen, sind sie längst verstärkt im Einsatz. Solche Beispiele machen Schule. Nächstes Jahr werden in Oberhausener Kitas Erzieherinnen aus Spanien erwartet.

Die Stadt beteiligt sich an einem bundesweiten Pilotprojekt, sagt Robert Babic von der Arbeitsagentur. Er hat Anfang 2023 von den Plänen erfahren und kümmert sich seither darum, dass Oberhausen mitmischen und profitieren kann. „Wir haben es mit einer Win-Win-Situation zu tun.“

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Spanische Erzieherinnen finden in ihrer Heimat keinen Job

Während Kindergärten landauf, landab händeringend Erziehungskräfte suchen, Eltern wegen fehlender Plätze Sturm laufen, finden junge ausgebildete Erziehungskräfte in Spanien keine Stellen. Das Land gehört ohnehin zu den südeuropäischen Staaten, die angesichts hoher Jugendarbeitslosigkeit traurige Rekorde melden.

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Daher kam beim Fachvermittlungsdienst der Bundesagentur für Arbeit der Gedanke auf, spanische Erzieherinnen und Erzieher nach Deutschland zu holen. Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zeigten sofort Interesse. Denn mittlerweile stehen vielerorts Kindergärten vor dem Kollaps, weil ihnen Mitarbeiter fehlen. Zugleich wächst der Druck von Eltern, die auf ihr Recht pochen, das Kind in einem Kindergarten unterbringen zu können.

Um in ihrer neuen Heimat die Sprache zu beherrschen, absolvieren die Erziehungskräfte daheim noch einen einjährigen Deutschkurs.
Um in ihrer neuen Heimat die Sprache zu beherrschen, absolvieren die Erziehungskräfte daheim noch einen einjährigen Deutschkurs. © dpa | Christoph Soeder

In Spanien führte der Aufruf zum erhoffen Erfolg. Angesichts der Aussicht auf eine berufliche Perspektive meldeten sich prompt Hunderte von jungen Erziehungsfachkräften, die in deutschen Kitas arbeiten möchten. Die allermeisten stammen aus der Hauptstadt Madrid oder der unmittelbaren Umgebung. Bevor sie aber hierzulande an den Start gehen können, müssen sie erst einmal daheim die Schulbank drücken und die deutsche Sprache erlernen. Am Ende gehört es zu den Pflichten, Kenntnisse auf höchstem Niveau nachzuweisen. „Gerade für die Arbeit in Kindergärten ist es unerlässlich, dass die Fachkräfte die Sprache beherrschen“, so Babic.

Robert Babic betont: Erzieherinnen und Erzieher aus Spanien erlernen zunächst in ihrem Heimatland die deutsche Sprache.
Robert Babic betont: Erzieherinnen und Erzieher aus Spanien erlernen zunächst in ihrem Heimatland die deutsche Sprache. © KURT MICHELIS

Für Oberhausen sind 28 Fachkräfte geplant

Von den örtlichen Kitaträgern wollen sieben die Erzieherinnen und Erzieher aus Spanien beschäftigen. Awo, Caritas, Lebenshilfe, katholischer Kita Zweckverband, die Stadt sowie die freien Träger Löwenzahn und Alsbachtal haben Bedarf angemeldet. „Insgesamt werden sie 28 Fachkräfte aufnehmen“. Für den November sind Bewerbungsgespräche vorgesehen, die im Zeitalter des Internets per Videokonferenz erfolgen sollen. Dolmetscher dürften auf beiden Seiten zugeschaltet sein.

Bezahlung nach Tarif

Neben Oberhausen wollen sich in NRW Kitas aus Hamm, Essen, Coesfeld, Wuppertal und Münster an dem Programm beteiligen.

Die Awo plant beispielsweise den Einsatz der Erzieherinnen und Erzieher in ihren beiden Tageseinrichtungen, möglich sei ihre Arbeit auch im Offenen Ganztag. Der katholische Zweckverband möchte die Fachkräfte in zwei Oberhausener und vier Essener Kitas unterbringen.

Nach Auskunft des Zweckverbandes erhalten die spanischen Fachkräfte aufgrund ihrer im Heimatland erworbenen Qualifikationen dasselbe Gehalt wie die heimischen Kolleginnen und Kollegen. Der Verband bezahle seine Beschäftigten nach Tarif. Das Einstiegsgehalt von ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern entspricht danach ab März 2024 rund 3.300 € zzgl. Weihnachtsgeld. Mit zunehmender Berufserfahrung steigt auch das Gehalt.

Die Caritas beschreitet, wie Sprecherin Susanne Möltgen sagt, mit der Teilnahme an dem Projekt neue Wege, weil der Verband dringend Fachkräfte brauche. Während die Caritas sich für eine „Willkommenskultur“ stark machen will, plant der Katholische Zweckverband die Erzieherinnen und Erzieher aus Spanien vor allem in solchen Einrichtungen einzusetzen, in denen die Teams eine intensive Begleitung gewährleisten können. Im besten Fall gebe es dort auch Kolleginnen und Kollegen, die Spanisch sprechen und die Neuankömmlinge bei Sprachschwierigkeiten unterstützen können, erläutert Sprecherin Wiebke Neumann. Die Awo wiederum will sich um eine intensive Begleitung der Fachkräfte kümmern und sieht darin eine maßgebliche Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg des Projekts.

In Spanien bedarf es eines mehrjährigen Studiums

Anders als in Deutschland absolvieren Erzieherinnen und Erzieher in Spanien ein bis zu vier Jahre dauerndes Studium. Diesen Berufstitel werden sie aber hierzulande erst führen, wenn sie im ersten Jahr ihrer Beschäftigung eine Qualifizierung durchlaufen haben. Die Schulungen dienen dazu, sie mit dem deutschen Bildungssystem und den gesetzlichen Vorgaben der einzelnen Bundesländer vertraut zu machen. Bis zum Abschluss der Kurse sind sie als sozialpädagogische Fachkräfte tätig.

Damit die jungen Leute aus Spanien auch gleich eine Unterkunft in Oberhausen beziehen können, haben Arbeitsagentur und Stadt im Schulterschluss bereits mit der Wohnungssuche begonnen und stehen schon kurz vor dem Vertragsabschluss. Weitere Einzelheiten könne er momentan noch nicht preisgeben, sagt Babic, wohl aber so viel: Die Neuankömmlinge sollen möglichst nah beieinander wohnen.