Oberhausen. Die letzte Bürgerumfrage der Stadt Oberhausen sieht nur auf den ersten Blick negativ aus. Studienleiter Martin Florack ordnet die Werte ein.

Die jüngste Umfrage der Stadt Oberhausen unter Bürgerinnen und Bürgern zu ihrer Lebensqualität hat für ein großes Echo gesorgt. Angesichts der auf den ersten Blick recht schlechten Umfrageresultate verteidigten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Politik das Potenzial der Stadt, nahmen die Ergebnisse aber auch zum Anlass, Selbstkritik zu üben. Auch in den sozialen Netzwerken wurde heftig debattiert: Müll und Sicherheit bildeten die Kernthemen in der Diskussion.

Was aber sagen die im Oktober 2023 veröffentlichten Umfrageergebnisse wirklich über die Stadt aus? Das haben wir den Verantwortlichen der Umfrage, Martin Florack, gefragt. Der Rathaus-Bereichsleiter „Integrierte Stadtentwicklung und Statistik“ hatte zusammen mit seinem Team im vergangenen Jahr 7000 Bürgerinnen und Bürger angeschrieben, 1600 meldeten sich zurück – mit einer teils drastischen Sichtweise auf die Probleme der Stadt.

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Duisburg schneidet deutlich schlechter ab

Ein Ergebnis: 77 Prozent der Befragten leben gerne in Oberhausen. Das heißt auch: Der Rest tut es nicht – immerhin fast ein Viertel. In Aufruhr muss einen dieser Wert allerdings nicht versetzen, findet Politikwissenschaftler Martin Florack. „Die Werte aus anderen Metropolen liegen zum Teil deutlich darunter.“ In Duisburg aber auch in Berlin sind es nach aktuellen Umfragen nur 66 Prozent, die gerne dort leben. In Wiesbaden, mit 270.000 Einwohnern etwa so groß wie Oberhausen, sind es 74 Prozent.

Durchaus erstaunlich: Insgesamt hat sich die Zahl der Menschen, die mit ihrer Heimatstadt Oberhausen zufrieden sind, in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht. „Wir sehen also im Vergleich mit anderen Städten, aber auch über die letzten Jahre eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit“, wertet Florack.

Studienleiter: Sorgen der Menschen ernst nehmen

Andere Resultate der Umfrage, die im Herbst 2022 umgesetzt wurde, sind nach der Analyse des Politikwissenschaftlers Beleg einer krisengeschüttelten Zeit. So stieg zwar die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage auf den besten Wert seit 2007. Allerdings fiel der optimistische Blick in die Zukunft von 28 Prozent (2018) auf 15 Prozent – er hat sich fast halbiert. Die Befragten gehen also mit großer Mehrheit von einer Verschlechterung der Lage aus.

„Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Bewusstsein für die finanziellen Verhältnisse des städtischen Haushaltes“, sagt Martin Florack. Sie wüssten, dass die Krisen nicht an der Stadt vorbeigehen – und dass dies Konsequenzen für ihr eigenes Leben haben könnte. „Der Befund – ,heute gut, aber morgen schlecht’ – findet sich auch in den vorherigen Umfragen – wobei sie aufgrund der Herangehensweise nicht vergleichbar sind.“

Politikwissenschaftler Martin Florack leitete die Bürgerumfrage in Oberhausen.
Politikwissenschaftler Martin Florack leitete die Bürgerumfrage in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Allerdings unterstreicht Florack: „Man sollte die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Sie sind ein Ausdruck dessen, was sie in den vergangenen zwei, drei Jahren erlebt haben.“

Wissenschaftlich skeptischer ist Florack bei anderen Fragen. 57 Prozent der Befragten sind gemäß der Umfrage mit der medizinischen Versorgung zufrieden oder sehr zufrieden. Dieser Wert ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen. „Faktisch gibt es aber keine Verschlechterung der medizinischen Versorgung“, sagt Florack. „Hier werden Urteile rein subjektiv getroffen, das heißt, der oder die Befragte hat keine objektive Tatsache, auf die er sich stützt.“ Es sei eben ein Gefühl, das mittels Befragung ausgedrückt werde. Florack vermutet, dass die Bewertung der medizinischen Versorgung mit der Corona-Pandemie zu tun hat.

Oberhausen gefühlt unsicher – statistisch nicht

Ähnlich verhält es sich mit den Fragen nach der Sicherheit. Nur jeder Zehnte fühlt sich nachts am Hauptbahnhof sicher. Genauso schlecht schneiden Parks und Fußgängerunterführungen ab. „Das ist eine typische Nah-Fern-Relation. Je weiter etwas weg ist, desto unsicherer wirkt es auf mich“, sagt Florack. So beurteilen die Menschen ihre eigene Wohngegend in der Umfrage als sicher. „Sie fühlen sich zuhause in ihrer gewohnten Umgebung vertraut.“

Die Polizei sieht zum Beispiel keine überdurchschnittliche Steigerung von Kriminalitätsdelikten am Hauptbahnhof. Und: Oberhausen ist im bundesweiten Vergleich eine der sichersten Großstädte. 2022 zählte das BKA hier „nur“ 7955 Straftaten auf 100.000 Einwohner. Insgesamt waren es 16.606 Fälle – das macht Platz sieben hinter Nürnberg und Bielefeld.