Oberhausen. Mauer Freitag, starker Samstag: Beim Großfestival „Olgas Rock“ in Oberhausen gab es zufriedene Gesichter. Any Given Day überzeugten zum Finale.

Zeig’ mir deine Füße - und ich sag’ dir, welches Festival du besucht hast: Am Samstag konnten Fans der zweitägigen Umsonst-und-draußen-Fete „Olgas Rock“ ihre Anwesenheit im Olga-Park nun wirklich nicht verbergen.

Während sich am Freitag die durchnässte Festival-Wiese in Oberhausen noch nach einer weichen Gummimatte anfühlte, aber überwiegend den hüpfenden Fans standhielt, führte Regennachschub am zweiten Festivaltag zur ultimativen Schlammparty. Da half hinterher kein Feuchttuch mehr, sondern nur noch der Werkzeug-Spachtel.

Es blieben Flecken ohne Schrecken: Auch wenn der Schlamm vor den zwei Live-Bühnen nur so spritzte. Starke 12.000 Fans zählten die Veranstalter am Samstag während der zehn Festivalstunden. Zusammen mit den eher enttäuschenden 6500 Fans vom Freitag pilgerten damit insgesamt 18.500 Fans bei bester Stimmung zur 22. Gartenparty mit Rock, Metal, Punk und Pop. Ordentlich!

Launige Matsch-und-Klatschgeschichten

Einen passenden Soundtrack und reichlich gesungene Matsch-und-Klatsch-Geschichten steuern die deutschsprachigen Punk-Ikonen von Slime bei. Die Hamburger Formation musiziert immerhin seit 44 Jahren und damit doppelt so lange wie es die Oberhausener Musiksause gibt. Songs wie „Störtebeker“ haben noch keinen Staub angesetzt.

Auch wenn letztlich nur noch Gitarrist Michael „Elf“ Mayer aus der Startformation dabei ist, verkaufen sich die giftigen Alben der Punk-Protestler immer noch - zuletzt mit „Zwei“ und „Wem gehört die Angst“ sogar kommerziell erfolgreicher denn je.

Alles bleibt eben anders. „Olgas Rock“ zeigt sich mit Musikerinnen und Musikern aus acht Nationen diesmal international wie selten, vergisst die Region aber nicht. Besonders viel Reviernote vernehmen Fans bei den Pop-Puristen von „Captain Disko“ und den Alternative-Könnern „Flash Forward“. Auch wenn deren Auftritt doch etwas vom Regen verwässert wird.

Lostboi Lino und Annisokay treffen Geschmack

Ziemlich zugkräftig agiert Lostboi Lino. Der Newcomer aus Stuttgart mit der pinken Frisur kümmert sich um Rap und Hip-Hop. Er lockt mit Songs wie „Taxi aus Berlin“ und „Gewitter“ deutlich jüngere Fans in die Oberhausener Grünanlage. Das kommt an. Da bleibt sogar noch Zeit für Schabernack mit den singenden Anhängern. „Ich liebe es, euren Hall zu hören.“

Deutlich sicht- und hörbar: Der Samstag gehört vor allem den Metal-Fans. „Annisokay“ machten im vergangenen Jahr dem „Olgas Rock“ noch durch ein zeitgleich stattfindendes Arena-Konzert zusammen mit „Electric Callboy“ Konkurrenz. Diesmal gehört die Aufmerksamkeit der Männer aus Halle in Sachsen-Anhalt ausschließlich den Fans in der ehemaligen Landesgartenschau. Harte Sounds würzt die Aurora-Band mit beweglichen Sanges-Ausflügen in die Schlammzone. Gekonnt!

Letztlich schließen „Any Given Day“ den Olga-Park ab. Die Gelsenkirchener gehören unstrittig zur Bundesliga der hiesigen Metalcore-Bands. Für Dennis Diehl und seine Jungs gibt es den ganz großen Bahnhof: aufsteigende Feuersäulen, ins Publikum abfeuernde Papierschnipsel-Kanonen, Crowdsurfing im Dauermodus, langer Applaus.

Nicht alles ist Handarbeit. Durch das Metal-Cover „Diamonds“ von R’n’B-Königin Rihanna gelingt den Reviermusikern ein bemerkenswerter Klick-Erfolg in den sozialen Netzwerken.

Mutig, experimentell, aber auch streitbar

Am Freitag zeigt sich „Olgas Rock“ mutig und experimentell. Längst nicht alles funktioniert. Die australische Celtic-Punk-Band „The Rumjacks“ weiß bei ihrem Flutlicht-Auftritt ordentlich zu überzeugen. Irish Folk, Punk- und Rockzutaten mischen die Musiker von Down Under mit einer beweglichen Bühnenshow.

Sie entlassen die Fans mit „Goodnight & Make Mends“ aus ihrem Album „Hestia“, das vor zwei Jahren auch in Deutschland in den Charts landete, äußerst passend. Die irische Tin-Whistle-Flöte hat zu diesem Zeitpunkt ganze Arbeit geleistet.

Deutlich streitbarer kommt der Musiker mit dem lässigsten Künstlernamen daher: Voodoo Jürgens! Der Österreicher David Öllerer gehört im Alpenstaat samt Band zu den Chartstürmern, würzt seine Texte mit schwarzem Humor. Dazu: Lange Matte, aufgeknöpftes Hemd, Halskette, Helge-Schneider-Gedächtnis-Tanzstil. Der Wiener Dialekt gehört zum Gesamtkunstwerk.

Belgier bringen Instrumenten-Techno mit

Voodoo Jürgens steht für Songs wie „Angst haums“ und „Hansi da Boxer“. Doch der Funke möchte bei „Olgas Rock“ nicht überspringen. Trotz einzelner Zugabe-Rufe. Die feinen Texte, die in schwitzigen Clubs funktionieren mögen, versumpfen im weitläufigen Areal ungehört. Verschenkt!

Die norwegischen Metal-Männer von Bokassa staunen bei ihrer treibenden Rhythmus-Show über regionale Wodka-Spezialitäten. Die Trondheim-Musik klappt ohne Schluckauf. Solide! Die Belgier von Naft mischen Elektro-Beats und Blasinstrumente so schräg, dass man kaum weghören kann. Zwei Schlagzeuger und vier Bläser basteln am sehr eigenen Instrumenten-Techno.

>>> Fans spielen vor dem Eingang Schlagersongs

Seit Jahrzehnten inoffizielles und nicht gerne gesehenes Begleitwerk bei der kostenfreien Festival-Fete „Olgas Rock“ in Osterfeld: Das etwas andere Sit-in vor dem Eingang des Olga-Parks.

Dutzende Fans treffen sich dort zur eigenen Party samt mitgebrachter Getränke. Aus Musik-Boxen schallt hier aber die Schlager-Schmonzette „Verdammt, ich lieb dich“ von Matthias Reim und der Mainstream-Pop „It's my life“ von Bon Jovi. Rebellion verkehrt.

Noch in der Nacht zum Sonntag startete der Rückbau des Festivals. Bis einschließlich Dienstag, 15. August, bleibt der Olga-Park für Spaziergänger geschlossen. Die „zertanzte“ Matsch-Wiese wird wieder hergerichtet.

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