Mülheim. Zum Fastenbrechen bekocht ein marokkanischer Verein Bedürftige. Wie der Verein Mülheimer, unabhängig von der Religion, zusammenbringt.
Mit Einsetzen der Abenddämmerung am Mülheimer Hauptbahnhof rollten am Montag nach Beginn des Ramadan prompt zwei Autos von „Solidarität in Mülheim“ und dem „Marokkanischen Kultur- und Sportverein“ vor. Die Ehrenamtlichen des marokkanischen Vereins sprangen zügig aus den Fahrzeugen, stellten Tische auf und arrangierten dampfende Köstlichkeiten, um Bedürftige während des Ramadan zu unterstützen. „Das bedeutet mir sehr viel“, erzählt Drago mit einem leichten Lächeln, nachdem er seine Portion erhalten hat. Für Ahmed Gassa, den Vorsitzenden des marokkanischen Vereins, ist dies selbstverständlich: „Wir sind Mülheimer. Gemeinsam mit euch, unabhängig von der Religion, wollen wir das Fastenbrechen feiern.“
Im Jahr 1990 von marokkanischen Gastarbeitern gegründet, wird der Marokkanische Kultur- und Sportverein nun von der dritten Generation ehrenamtlich unterstützt. Ahmed Gassa, der auch Mitglied des Mülheimer Integrationsrates ist, erklärt: „Ehrenamt steckt im Blut. Es kommt einfach vom Herzen.“ Auch sein Sohn, El Mahdi, engagiert sich seit Jahren: „Es wurde mir in die Wiege gelegt“, sagt er zufrieden, als er am Ende des Abends in die Runde schaut. El Mahdi Gassa war von Kindheit an bei den Vereinsaktivitäten dabei und ist mit der ehrenamtlichen Arbeit aufgewachsen: „Als Jugendlicher bedeutete das oft harte Arbeit, und ich hätte manchmal lieber Zeit mit meinen Freunden verbracht. Doch die Ehrenamtlichen sind wie meine Onkel, und es macht immer Spaß zu helfen, besonders wenn man sieht, dass es Früchte trägt.“
„Wir leben alle unter einer Flagge“: Ramadan soll Mülheimer zusammenbringen
Der marokkanische Verein lädt bereits seit vier Jahren zum Fastenbrechen im Ramadan-Monat ein. Die Idee entstand im Jahr 2020 während der Corona-Pandemie, als der Verein bereits durch eine Spendenaktion „Ramadan-Taschen“ nach Marokko schickte. „Ramadan ist ein Monat der Solidarität“, erklärt Ahmed Gassa, der mit seinem Team schon um 14 Uhr in der Küche stand. „Wir leben alle unter einer Flagge. Und es wird lokal viel Hilfe benötigt. Deswegen waren wir froh, uns mit dem Verein Solidarität für Mülheim zusammenschließen zu können.“ Zahlreiche Sponsoren, darunter mehrere Moscheen, haben sich ebenfalls engagiert, um diese Aktion zu unterstützen.
Für die Essensausgabe gab es eine Vielzahl von traditionellen warmen und kalten Speisen, und natürlich dürfen Datteln mit Milch nicht fehlen. „Bei uns beginnt so das Fastenbrechen“, erzählt Gassa, während er endlich in die erste Dattel des Tages beißt. „Anfangs fanden die Menschen es vielleicht etwas ungewöhnlich, ihr Essen bei uns abzuholen“, berichtet Gassa, „aber dann haben sie angefangen, ihre Geschichten zu erzählen, und am Ende haben wir uns in Tränen verabschiedet.“
Bewegende Schicksale: Ehrenamtliche teilen das Leid der Betroffenen aus Mülheim
Auch El Mahdi Gassa erinnert sich an bewegende Geschichten: „Wir unterhalten uns natürlich viel mit den Leuten. Einmal war da ein Mann, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau in eine tiefe Depression geraten war und nicht mehr herausfand. Dann kamen Drogen und Alkohol ins Spiel. Solche Geschichten berühren mich sehr. Sowas kann jedem passieren.“
Drago erlebte ebenfalls einen schweren Schicksalsschlag, der sein Leben grundlegend veränderte: „Nach meinem Arbeitsunfall kann ich leider nicht mehr arbeiten“, erzählt er, während er auf seinen Rollstuhl deutet. „Deshalb bin ich dankbar für das Essen. Das habe ich aber erstmal für später eingepackt“, erzählt er und beobachtet zufrieden, wie die Menschen gemeinsam essen.
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