Mülheim. Die Mülheimer AfD gerät mehr und mehr unter Druck: Im Rat demonstrierten demokratische Parteien den Schulterschluss. Doch nicht alle zogen mit.
Zur Androhung handfester Auseinandersetzungen wie unlängstim Gelsenkirchener Stadtrat kam es am Donnerstagabend zwar nicht, und doch sorgte eine Resolution gegen Rechts - die sogenannte Trierer Erklärung des Deutschen Städtetags - für die ein oder andere verbale Klatsche in Mülheims Stadtrat.
Ungewohnt einig waren sich die ansonsten tief zerstrittenen AfD-Vertreter, Alexander von Wrese einerseits und die Fraktion - Dominic Fiedler, Tobias Laue und Karin Fiene - andererseits, in der Ablehnung der Resolution, die die SPD angeregt hatte. Darin heißt es unter anderem: „Das jüngst bekannt gewordene Treffen von AfD-Funktionären mit Mitgliedern der Identitären Bewegung und die dort diskutierte Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland hat uns alle schockiert. Wir nehmen es nicht hin, dass rechtsextreme Kräfte eine Atmosphäre der Verunsicherung, der Angst und des Hasses in unserem Land und in unseren Städten schüren.“
AfD-Mitglied lehnt Resolution ab, weil CDU dort nicht genannt wird
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AfD-Fraktionsmitglied Laue bezichtigte dagegen pauschal „die Medien“ und Correctiv, den Hass zu schüren. Das Wort „Deportation“ sei beim Potsdamer Treffen „niemals gefallen“. Die spitze Frage aus dem Plenum, ob Laue denn selbst dabei gewesen wäre, folgte prompt. Laue ging nicht darauf ein, behauptete aber vage, es gebe „inzwischen auch ein Gerichtsurteil gegen Correctiv, in dem die auch teilweise verloren haben“. Der Rat der Stadt solle die „Fake News“ deshalb nicht unterstützen.
Laue vermisste zudem, dass in der Resolution nur von AfD-Funktionären die Rede sei, die an dem Potsdamer Treffen teilgenommen hatten, nicht aber die der CDU. Der Gastgeber - Laue meinte wohl den Inhaber Wilhelm Wilderink - aber sei CDU-Mitglied. Gegen Wilderink soll deswegen ein Parteiausschlussverfahren vorbereitet werden.
Der neue AfD-Fraktionschef Dominik Fiedler behauptete ebenfalls, Correctiv habe „falsche Fakten“ dargestellt und sei darin „zurückgerudert“, dass das Wort Deportation nie gefallen sei. Man solle sich „davor hüten, solche Themen, die mittlerweile als Fake News bezeichnet werden können, als Grundlage zu nehmen“.
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Von Wrese (AfD) bestreitet, es sei in Potsdam um Deportationen gegangen
Der von der eigenen Fraktion geschasste, ehemalige AfD-Fraktionschef Alexander Von Wrese erklärte ebenfalls, den Antrag abzulehnen: „Denn wenn es tatsächlich um Deportationen gegangen wäre, dann ist das aufs Schärfste zu verurteilen“, meinte Von Wrese, hob aber direkt an, dass es genauso zu verurteilen sei, dass Vertretern der AfD, die „in einem privaten Rahmen“ dort gewesen seien, „Dinge attestiert werden, die gerichtlich teilweise geklärt wurden“ und noch im Weiteren geprüft würden und wo Correctiv bereits hätte „zurückrudern“ müssen.
Von Wrese ließ dabei aus, welche ,Dinge‘ er genau meinte oder wo Correctiv zurückgerudert sei. Denn in den bisherigen Verfahren gegen die Berichterstattung hatte der Jurist Ulrich Vosgerau - der am Potsdamer Treffen teilnahm - lediglich in einem von drei Punkten Recht bekommen. Dabei ging es um seine Aussage, ob und wie man Wahlen über Musterschreiben in Zweifel ziehen könne.
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Was in Potsdam unter „Remigration“ verstanden wurde
Ein zweites Verfahren, in dem ein teilnehmender Unternehmer beantragte, aus dem Correctiv-Bericht namentlich gestrichen zu werden, ist gerichtlich zurückgewiesen worden. Eine Klage oder ein Gerichtsurteil gegen den Begriff „Deportation“ oder „Remigration“ im Bericht gibt es indes bislang nicht, wie Correctiv auf Anfrage bestätigt.
Ebenso ist das, was beim Treffen in Potsdam unter „Remigration“ verstanden wurde, rechtlich unbestritten. Correctiv zitiert den Vortragenden Martin Sellner - prominenter Sprecher der rechtsextremen und der AfD nahestehenden Identitären Bewegung: „Es gebe drei Zielgruppen der Migration, die Deutschland verlassen sollten. Oder, wie er [Sellner] sagt, ‚um die Ansiedlung von Ausländern rückabzuwickeln‘. Er zählt auf, wen er meint: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und ‚nicht assimilierte Staatsbürger‘.“
Resolution gegen die AfD: So stimmte der Mülheimer Rat ab
Im Mülheimer Rat unterstellte von Wrese der SPD, sie zeige „argumentative Unschärfe“, indem sie eine „bürgerlich-konservative Politik“ der AfD pauschal mit „völlig zurecht zu verurteilenden rechtsextremen Positionen“ gleichsetze. Der SPD-Fraktionschefin Margarete Wietelmann warf er damit eine „Relativierung der Kriegsverbrechen wahrer Rechtsextremisten“ vor.
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Der SPD-Stadtverordnete Daniel Mühlenfeld konterte: „Besser als es die Vorredner im Hinblick auf ihre Gesinnung und Wertegeleitetheit bestätigt haben, warum die Notwendigkeit besteht, der Resolution zuzustimmen, kann man es nicht machen.“ Fraktionskollege Filip Fischer griff Fiedler an: „Sie sind doch in diesem Haus diejenigen, die mit falschen Informationen und Anträgen Hass und Zwietracht hineinbringen. Unterlassen Sie die doch einfach, dann können wir uns mit den wesentlichen Dingen beschäftigen.“
Bei der Abstimmung stimmte die überwiegende Mehrheit des Rates für die Resolution, die AfD dagegen. Nur die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) enthielten sich.
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