Mülheim. Wer in Mülheim auf Wohngeld angewiesen ist, wartet bis zu vier Monate auf Bewilligung selbst für Folgeanträge. Wer trägt die Verantwortung?
Dass die Wartezeiten auf das Wohngeld lange ausfallen würden, hatte die Stadt schon angekündigt, bevor die neuen Bemessungen 2023 in Kraft getreten waren. Denn man rechnete mit deutlich mehr Anträgen, für die absehbar das Personal fehlte. Inzwischen aber ist man nicht nur bei Wartezeiten von vier Monaten für Neuanträge. Die Bearbeitung von Folgeanträgen hängt ebenfalls deutlich hinterher.
So sollen auch diejenigen, die bereits im vergangenen Jahr einen Antrag gestellt haben, bis zu 16 Wochen lang auf die Bewilligung warten müssen. Das schildert der Mülheimer Michael Lasser, der einen Fall in der Verwandtschaft betreut.
Land unter beim Mülheimer Sozialamt: auch für Folgeanträge
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Dabei habe es im Wohngeldbescheid des vergangenen Jahres noch geheißen, man solle den Weiterbewilligungsantrag am besten schon zwei Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraums stellen, zitiert Lasser. Doch damit hatte sich die Behörde offenbar gründlich verschätzt.
Inzwischen müssen die Sachbearbeiter im Sozialamt „Land unter“ vermelden. Egal, ob Neuantrag oder ‚nur‘ Folgeantrag: Beides wird nach Eingangsdatum abgearbeitet, „ein Vorziehen der Weiterleistungsanträge scheidet aus, da sich damit kapazitätsbedingt die Bearbeitungszeit der Neuanträge noch weiter erhöhen würde“, heißt es aus dem Sozialamt.
Nur bei sehr hohen Wohngeldbeträgen werde im Einzelfall die Bearbeitung vorgezogen, um etwa Härten für die Betroffenen zu vermeiden. Im Allgemeinen aber verkürze sich die Bearbeitungszeit dann, wenn der Antrag vollständig ausgefüllt und mit allen Unterlagen eingereicht werde.
Wie Mülheimer Vermieter und Träger von Betreuungseinrichtungen reagieren
Doch Lasser sieht ein weitreichendes Problem nicht nur für die Empfänger des neuen Wohngeldes, sondern ebenso für die Vermieter: „Ganz davon abgesehen, dass das Wohngeld zur Bestreitung der Unterhaltskosten der meisten Bewohner zum Beispiel von Wohn- und Betreuungseinrichtungen notwendig ist: Was machen die Träger der Einrichtungen, wenn ihre Bewohner nicht zahlen können?“
Fälle von fristlosen Kündigungen wegen später Wohngeldzahlungen sind beim Mieterschutzbund bisher nicht bekannt. Auch den großen Mülheimer Wohnungsunternehmen wie SWB und MWB sind wohngeldbedingte Mietausfälle noch nicht untergekommen, „wir unterstützen aber unsere Mieter und Genossen mit Hinweisen auf die Möglichkeit, Wohngeld zu beantragen“, sagt MWB-Pressesprecher Andreas Winkler.
Für Nicole Spors-Seidel, die als Mitarbeiterin der Caritas Betroffene berät, haben die Verzögerungen auch bei den Folgeanträgen einen klaren Grund: Denn diese müssen wie die Neuanträge komplett neu gestellt und eingereicht werden, „der Aufwand ist deshalb für die Sachbearbeiter enorm - für uns als Beratung übrigens auch“, schildert sie. Anderthalb Stunden beträgt der Beratungsaufwand, und das alle zwölf Monate.
Beratung und Betroffene beklagen hohen Aufwand selbst für Folgeanträge
Mit Blick auf den bürokratischen Aufwand ist die Wohngeldbewilligung „eine Katastrophe“, meint die Beraterin der Caritas, „das könnte man sich ersparen“. Der Meinung ist auch Michael Lasser als in zweiter Linie Betroffener: „Ich habe beim Folgeantrag vielleicht drei Stellen, an denen etwas verändert werden muss, 80 bis 90 Prozent des Antrags bleibt aber gleich.“ Das könnte man eigentlich per digitalem Formular oder in einer PDF regeln, meint Lasser, „aber es muss ja unbedingt in Papierform ausgedruckt und als Brief eingereicht werden“, kritisiert er.
Auch wenn die Kommune für den Bürokratieaufwand nicht direkt verantwortlich sei, sondern Land und Bund, die den Zuschuss jeweils hälftig tragen, steht für Lasser fest: „Das ist Organisationsversagen mit Ansage.“ Denn Bund und Land haben schließlich damit gerechnet, dass die Zahl der Anträge deutlich steigen werde, aber keine Vorkehrungen getroffen. Ausbaden müssten es nun die kommunalen Sachbearbeiter. Für Lasser steht daher fest, den nächsten Antrag schickt er spätestens im Oktober.
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