Mülheim. Laut einer Studie gibt es in Mülheim weniger verschuldete Menschen als im Vorjahr. Längst kein Grund zur Entwarnung, sagen Experten vor Ort.
Nachdem die Schuldnerquote im Ruhrgebiet jahrelang in die Höhe geschossen ist, gibt es laut Berechnungen von Creditreform seit 2021 einen Rückgang. Auch in Mülheim ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr minimal zurückgegangen. Warum Experten aber weiterhin alarmiert sind.
Laut des Inkasso-Dienstleisters sind in Mülheim 14.720 Menschen verschuldet. Das sind 270 weniger als im Vorjahr und entspricht in Relation zur Bevölkerung einer Quote von 10,33 Prozent. Im Ruhrgebiet haben nur der Ennepe-Ruhr-Kreis (9,41), Bottrop (9,59) und der Kreis Unna (9,69) eine niedrigere Quote.
Welcher Mülheimer Stadtteil am wenigsten Schuldner zählt
Im Vergleich zum Rest von Nordrhein-Westfalen (9,72) steht das Ruhrgebiet nach wie vor schlecht da, erst recht im deutschlandweiten Vergleich (8,15).
Unter den 20 Postleitzahlen-Bereichen mit den geringsten Schuldnerquoten im Ruhrgebiet ist auch ein Mülheimer Stadtteil – es ist keine große Überraschung, dass es sich dabei um Saarn handelt. Dort liegt die Quote bei 5,21. Ganz vorne auf der Positiv-Skala liegen Bochum-Stiepel und Essen-Heisingen.
Bei den 20 größten Schuldner-Brennpunkten ist Mülheim hingegen nicht vertreten. Das Gros bilden sechs Duisburger und je vier Dortmunder und Essener Stadtteile. Styrum liegt mit einer Quote von 18,50 aber nur knapp hinter den Flop 20.
Das ist die Reihenfolge der Mülheimer Stadtteile nach Schuldnerquote
- Saarn / Mintard / Selbeck (45481) 5,38
- Menden / Holthausen / Raadt (45470) 6,89
- Heißen / Heimaterde / Fulerum (45472) 7,45
- Speldorf (45478) 9,24
- Dümpten (45475) 9,41
- Broich (45479) 10,58
- Eppinghofen / Mellinghofen / Winkhausen (45473) 12,55
- Stadtmitte (45468) 16,62
- Styrum (45476) 18,50
Auch wenn die Zahlen minimal zurückgehen, kann von einer Entspannung der Situation noch längst keine Rede sein. Das unterstreicht auch Marcus Kuck. Er ist Bereichsleiter für Bildung, Beratung und Soziales bei der örtlichen Arbeiterwohlfahrt (Awo). Dort ist ein fünfköpfiges Team in der Schulden- und Insolvenzberatung im Dauereinsatz.
Wie Mülheims Schuldnerberatung die Situation bewertet
Von gleichbleibend möchte der Experte nicht im Ansatz sprechen. „Wir haben eine konstant steigende Nachfrage“, sagt Kuck. Er und seine Kolleginnen und Kollegen verzeichnen „einen nicht abreißenden Zulauf an Menschen“.
Die allgegenwärtigen Probleme wie die Inflation und steigende Energiekosten tragen auch dazu bei, dass immer mehr Menschen in eine Verschuldung geraten. Das ziehe sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. „Vor allem bei Menschen, bei denen es vorher gerade so gereicht hat, führt das durchaus zu einem Kipppunkt“, erklärt Kuck.
Wie die Awo verschuldete Menschen unterstützt
Die Awo erarbeitet mit den Klientinnen oder Klienten einen Entschuldungsplan und steht als Begleitung zur Verfügung, bis die möglichen Gläubiger bedient werden oder bis ein mögliches Privatinsolvenzverfahren ordnungsgemäß eingeleitet wurde.
Eine ernsthafte Verbesserung ist in den Augen Kucks in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. „Vor allem angesichts der immer wieder überraschenden und tragischen Ereignisse auf globalem Niveau, die aber immer wieder Niederschlag in die persönlichen Lebensumstände finden.“
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