Mülheim. Anwohner eines Siepentals in Mülheim-Menden sind sauer auf Stadt und Politik. Das Baurecht, das es geben soll, ist gar nicht in ihrem Sinne.

Das Gerangel um zusätzliche Bebauung an einem schützenswerten Siepental in Menden biegt auf die politische Zielgerade ein, doch Anwohner sehen ihre Bedenken nicht ausreichend gewürdigt. Sie drohen mit Klage gegen einen neuen Bebauungsplan, sollte er nun, wie vorgelegt, von der Politik durchgewunken werden.

2019 war es zum Aufruhr in der Nachbarschaft rund um den Oesterwindweg, den Schultenberg und den Steinknappen gekommen, als Pläne bekannt wurden, am Rande des Siepentals neue, groß dimensionierte Neubauten hinzusetzen. Eine Bürgerinitiative bildete sich, um Mülheims Bauverwaltung Paroli zu bieten, die anfangs der Ansicht war, alle drei Bauvorhaben nicht mehr in Schranken weisen zu können. Tatsächlich gab es eine Baugenehmigung für ein Gebäude-Trio am Kopf des Steinknappen-Stichs. Aber der Anwohnerprotest beeindruckte die Politik, die ein Bebauungsplanverfahren in Gang setzte für die Grundstücke am Oesterwindweg sowie zwei am Kopf des Schultenbergs.

Bauen an Mülheimer Siepental: Politik soll am 29. Februar über neues Baurecht entscheiden

Seither dreht das Verfahren seine Runden. Eigentlich sollte es schon abgeschlossen sein, eine zweite Öffentlichkeitsbeteiligung hatte aber noch mal Überarbeitungsbedarf aufgezeigt. Mit einem aktuellen Entwurf und nach erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung will das Planungsamt die Politik nun neues Baurecht beschließen lassen. Am Dienstag debattiert dazu der Planungsausschuss, am 29. Februar soll die Entscheidung im Stadtrat fallen.

Ausgangslage etwa am Oesterwindweg war 2020, dass ein bekannter Mülheimer Immobilien-Investor dort auf dem Hang-Areal hinter dem Wendehammer einen eingeschossigen Bau mit Souterrain und einem Pultdach bauen wollte, das zur Straße hin (Südseite) eine Höhe von nahezu zwei Geschossen erreichen sollte. Für zwei weitere Neubauten dort plante er mit zurückversetzten Staffelgeschossen. 14 Wohneinheiten sollten es insgesamt werden.

Enttäuschung bei Mülheims Anwohnern: „Eigentlich sind wir keinen Schritt weitergekommen“

Der Eigentümer ließ sein Grundstück am Kopf des Oesterwindwegs bereits 2020 roden.
Der Eigentümer ließ sein Grundstück am Kopf des Oesterwindwegs bereits 2020 roden. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Ziel von Anwohnern und Politik war es, eine derart wuchtige Bebauung mit neuem Baurecht abzuwenden. Vier Jahre später ist die Enttäuschung bei der Bürgerinitiative groß, wie Bettina Hildwein und Falk Hoppe zum Ausdruck bringen. „Eigentlich sind wir keinen Schritt weitergekommen“, sagt Hildwein. Sie sieht im vorgelegten Bebauungsplan weiter „eine deutliche Verdichtung“ und die Möglichkeit, 14 Wohneinheiten zu schaffen. Entlang des Oesterwindweges gebe es auf 15.000 Quadratmetern 18 Wohneinheiten, auf 4000 Quadratmetern wolle man nun fast genau so viele quetschen, sieht Hildwein das Ziel der Planung, maximal eine lose Bebauung am Naturrand zuzulassen, verfehlt.

Die Bürgerinitiative, hinter der laut Hildwein 100 Bürgerinnen und Bürger aus dem Umfeld stehen sollen, beklagt, dass Natur nicht ausreichend geschützt ist, Nachbarschaftsbelange nicht ausreichend berücksichtigt sind. Bei Starkregen-Ereignissen etwa liefen schon jetzt Keller von Anwohnern voll, weil der Boden nicht ausreichend aufnahmefähig sei. Ein frisches Gutachten zu dieser Thematik fehle, Festsetzungen im Bebauungsplan-Entwurf halten sie für unzureichend. Ebenso, dass dort nur ein Stellplatz pro Wohneinheit zur Pflicht gemacht wird. Das sei realitätsfremd, gerade in einer solch exponierten Wohnlage. Wenn die Straße zugeparkt werde, gebe es Probleme für Müllabfuhr und Rettungskräfte, so die Befürchtung. Insbesondere stört sich Hoppe daran, dass die Stadtplaner von ihrer ursprünglichen Festlegung, nur frei stehende Einfamilienhäuser zuzulassen, mittlerweile abgewichen sind und auch Doppelhäuser als Option zulassen: „Das widerspricht dem von der Politik gefassten Aufstellungsbeschluss.“

Mülheimer Anwohner erwägen Klage vor dem Verwaltungsgericht

Hildwein spricht von „maßloser Enttäuschung“, fünf Jahre gekämpft zu haben und jetzt ein Ergebnis vor Augen geführt zu bekommen, „das den Wert unserer Immobilien schrottet“. Auf die Ratspolitik ist die Initiative nicht gut zu sprechen, hatte diese zuletzt doch keine Bedenken gegen die Planung angemeldet und im September die Entwürfe bei einer Enthaltung der FDP für eine letzte Öffentlichkeitsbeteiligung freigegeben. „Warum haben wir ein Kontrollgremium, wenn es nicht einschreitet“, sagt Hildwein. 146 Seiten stark ist der Katalog, der Einwände von Bürgern und die Replik der Verwaltung beinhaltet.

Die Planungsverwaltung sieht in ihrem Plan lediglich eine „maßvolle Nachverdichtung“ ermöglicht, sagt Planungsdezernent Blasch. Der bestehende Siedlungscharakter, der durch Ein- und Zweifamilienhäuser geprägt ist, werde erhalten bleiben, Mehrfamilienhäuser seien mit neuem Baurecht ausgeschlossen. Das sei mit Blick auf die ursprüngliche Planung des Investors eine wesentliche Einschränkung.

Mülheims Planungsdezernent: Beschränkungen gegen Eigentümer dürfen nicht übermäßig sein

Die Grundstücke im Norden des Oesterwindweges dürfen darüber hinaus laut Entwurf nur zu einem Fünftel neu bebaut werden. Das entspricht exakt dem, wie es für die bebauten Grundstücke in unmittelbarer Nachbarschaft gilt. Den Eigentümer, der schon vorher Baurecht hatte, noch weiter zu beschränken, käme einer „übermäßigen Beschränkung“ gleich, betont Blasch, dass es auch um Gleichbehandlung gehen müsse.

Der Oesterwindweg wird weiter eine privilegierte Wohngegend bleiben.
Felix Blasch

Für Häuser am Kopf des Wendehammers dürfen laut Blasch 760 Quadratmeter versiegelt werden. Für jene Bebauung stehen dem Eigentümer zwei Baufenster mit in der Summe 1100 Quadratmetern zur Verfügung, in denen Häuser angeordnet werden könnten. Ebenso festgesetzt ist, dass eine neue Bebauung in der Höhe nur minimal über den Bestand hinausragen dürfte. Dass auch der Bau von Doppelhäusern möglich werden soll, begründet die Verwaltung damit, dass dieses Recht in der Vergangenheit alle Eigentümer gehabt hätten. Die Option zu halten, sei im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung, die auf Innenentwicklung statt auf Bauen auf grüner Wiese setze.

Blasch hält die Schaffung von 14 Wohneinheiten an Ort und Stelle, wie von der Bürgerinitiative befürchtet, nicht für realistisch. Er rechnet mit fünf bis acht, etwa mit einem Doppelhaus auf der linken Grundstücksseite und drei Häusern mit je einer oder zwei Wohneinheiten im größeren der zwei Baufenster. „Der Oesterwindweg wird weiter eine privilegierte Wohngegend bleiben.“ Er halte die Regelungen für „einen guten Kompromiss. Sehr viel weniger geht fast nicht, sowohl beim Versiegelungsgrad wie bei den Wohneinheiten.“ Das überzeugt die kritischen Nachbarn nicht. „Dann klagen wir“, verabschiedet sich Bettina Hildwein am vergangenen Freitag beim Ortstermin.

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