Mülheim. Das Grab seiner Frau war für Gerd Uferkamp kaum zu erreichen. Bis Mülheims Verwaltung „vorbildlich“ handelte. Er hofft auf weitere Unterstützung.

Kleine Tat - große Wirkung: Gerd Uferkamp aus Mülheim hat kürzlich erlebt, wie gut es sich anfühlen kann, wenn man unverhofft und ohne großes Aufhebens Unterstützung erfährt. Rund ein Jahr lang musste sich der Rollstuhlfahrer auf teils abenteuerliche Weise zum Grab seiner Frau auf dem Mülheimer Hauptfriedhof durchschlagen. Dann kam die Friedhofsverwaltung ihm unbürokratisch zur Hilfe.

„Was machen Sie da?“, erkundigte sich die Mitarbeiterin des Amtes für Grünflächenmanagement und Friedhofswesen, als sie einen Verwandten Uferkamps im vergangenen Jahr dabei beobachtete, wie er an einem Weg des Friedhofs einige Äste von Ilex und Rhododendron abschnitt, um einen kleinen Durchgang zu schaffen. Die Mitarbeiterin erfuhr, dass Uferkamp große Probleme hatte, auf regulärem Weg zum Grab seiner Frau zu gelangen. Er bleibe oft mit den Reifen im Matsch stecken, berichtete er ihr, müsse regelmäßig „ausgegraben“ werden. Anders als man vielleicht erwarten hätte, gab es keine Schelte fürs eigenmächtige Tun. Im Gegenteil: Die Mitarbeiterin habe direkt Unterstützung angeboten: „Sie sagte: ,Warten Sie, das machen wir lieber professionell‘.“

Mülheimer ist froh: „Nun kann ich in Ruhe am Grab sitzen und den Vögeln lauschen“

Das Buschwerk wurde daraufhin von städtischen Mitarbeitern gestutzt, die hochstehende Wurzel einer Lärche abgedeckt, Rindenmulch verstreut. Ein anderthalb Meter breiter und geschätzt sechs Meter langer Pfad zur Gruft auf dem idyllischen Waldfriedhof entstand. „Nun kann ich da in Ruhe sitzen und den Vögeln lauschen.“ Das sei „wirklich schön“, so der Witwer. Nur manchmal, wenn der Untergrund sehr nass ist, benötige er noch etwas Hilfe.

Im Grab auf der kleinen Lichtung ruhen die Eltern des langjährigen Zahntechnikermeisters und seit Sommer 2022 auch seine Frau. Nach 57 Ehejahren war Brigitta Uferkamp gestorben, der 76-Jährige vermisst sie sehr. Zumal sein Leben seit 2019 extrem herausfordernd ist: Durch einen Tumor im Brustwirbelbereich, der zwar gutartig war, aber erst entdeckt wurde, als wichtige Nerven schon zerstört waren, „ist ab der Brust abwärts tote Hose“. Nach und nach habe er damals das Gefühl in den Beinen verloren, immer schlechter laufen und bald auch nicht mehr aufs Rad steigen können.

Ein Handbike, das er vor den Rollstuhl spannt, hilft dem 76-Jährigen, sich fit zu halten

Dabei war das Radfahren seine Leidenschaft. Heute bleibt ihm nur das von einem kleinen Motor angetriebene Handbike, das er vor den Rollstuhl hängt. So kann er sich weitgehend autark fortbewegen. „Und fit bleiben.“ Bedauerlicherweise seien jedoch überall in der Stadt kleinen Schikanen, die Rollstuhlfahrer das Leben schwer machen, berichtet Uferkamp.

„So auch an der Fußgängerbrücke am Tourainer Ring, wo ich zwar hochfahren kann, aber auf der anderen Seite nicht herunterkomme, weil ein zu enges Gitter im Weg steht.“ Gehandicapte müssten frustriert kehrtmachen. „Dabei könnte man auch dort unkompliziert Abhilfe schaffen“, glaubt der Mülheimer, „das Gitter einfach abmontieren.“ Ähnlich einfach, so ist er überzeugt, könne man die Zufahrt zum Hauptfriedhof von lästigen Schlaglöchern befreien, in den das Vorderrad seines Handbikes schon häufiger steckengeblieben ist. „Man könnte einen großen Eimer Teer nehmen und die Löcher zuschütten.“ Kleine Stufen, die Fußgänger kaum wahrnehmen, die Rollstuhlfahrer aber in vielen Teilen der Stadt beschweren, könne man „durch Rampen entschärfen“. Das koste doch auch kaum etwas, so Uferkamp.

Die Schlaglöcher auf Mülheims Straßen bereiten Rollstuhlfahrer Gerd Uferkamp regelmäßig Probleme - so auch auf der Zufahrt zum Hauptfriedhof. Er hofft auf baldige Abhilfe.
Die Schlaglöcher auf Mülheims Straßen bereiten Rollstuhlfahrer Gerd Uferkamp regelmäßig Probleme - so auch auf der Zufahrt zum Hauptfriedhof. Er hofft auf baldige Abhilfe. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

„Vor Jahrzehnten war das Bewusstsein um Barrierefreiheit leider noch nicht so ausgeprägt“

Er hat diverse Ideen für Verbesserungen, „doch mir ist auch klar, dass sich vieles nicht ändern lässt“. Fahre er mit dem Rollstuhl über das Kopfsteinpflaster der Altstadt, fühle er sich wie in einem Vibrationsgerät, „aber man kann deshalb nicht die Stadt umbauen“. Vor Jahrzehnten sei das Bewusstsein um Barrierefreiheit „leider noch nicht ausgeprägt“ gewesen, „aber das war kein böser Wille“. Dass es einen Sinneswandel gegeben hat, zeige ihm der „wertschätzende“ Einsatz auf dem Hauptfriedhof: „Das war wirklich vorbildlich.“

Sylvia Waage, Leiterin des Amtes für Grünflächenmanagement und Friedhofswesen, hört das gern, will das Lob den Kollegen weitergeben. „Die sind mit viel Engagement bei der Sache: Es ist ihnen eine Herzensangelegenheit, dass es den Besuchern der Friedhöfe gut geht.“

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