Mülheim. Unterwegs in der Mülheimer City, eine barrierefreie Toilette dringend gesucht: So ging es David Broll erst kürzlich. „Das ist eine Katastrophe.“
Ganz offen spricht David Broll über das, was ihm kürzlich passiert ist: eine unangenehme Situation, in der sich der 27-Jährige am vergangenen Sonntag wiederfindet. „Ich war unterwegs in Mülheim“, erzählt er. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln war er aus Oberhausen in die Nachbarstadt rübergefahren, „das mache ich gerne und erkunde die Gegend“. Erstmal angekommen, stellt der junge Mann fest, dass er zur Toilette muss – und das relativ dringend. Eine öffentliches WC scheint nicht in Sicht.
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David Broll ist von der Hüfte abwärts gelähmt und daher auf einen Rollstuhl angewiesen. Nicht selten erfordert es eine gewisse Planung, wenn er „mal muss“. „Eigentlich weiß ich auch genau, wo es Möglichkeiten gibt und richte mich danach.“ In Mülheim wäre da etwa das Forum, mit einem Haken: „Leider sonntags zu.“ Weil Broll im Stadtzentrum unterwegs ist, begibt er sich zur Leineweberstraße, dort gibt es ein Toilettengebäude – oder vielmehr, gab es eines. „Eine Passantin hat mir dann gesagt, dass es abgerissen worden ist.“
Mülheimer Hauptbahnhof hat eine Toilettenanlage – „das wusste ich nicht“
In seiner Not weiß sich David Broll nicht anders zu helfen, er rollt zur Stadtmitte und nimmt von dort die Straßenbahn nach Oberhausen. „Da konnte ich im Bahnhof dann endlich auf Toilette gehen.“ Mittlerweile, schildert der 27-Jährige, weiß er auch, dass es in Mülheim noch andere Möglichkeiten gegeben hätte, etwa im Bahnhof. „Das wusste ich nicht und viele öffentliche Toiletten sind sonntags auch nicht zugänglich.“ So wie im Forum, im Medienhaus oder am Technischen Rathaus. „Es gibt zwar online eine Übersicht, da steht aber auch die Toilette an der Leineweberstraße noch drin.“
Eine „Katastrophe“, findet David Broll. „Das hätte auch anders ausgehen können.“ Von der Stadt wünscht er sich eine bessere Information, um solche Situationen künftig vermeiden zu können. Diese erklärt auf Nachfrage, dass die Liste der öffentliche Toiletten auf der Homepage nun überarbeitet werde. Neben der Leineweberstraße seien auch das Toilettengebäude an der Schleuseninsel und die Toilette in der ehemaligen VHS an der Bergstraße nicht mehr in Betrieb. Aus 19 aufgeführten öffentlichen WCs – alle barrierefrei – werden so immerhin noch 16, wenn auch größtenteils mit eingeschränkten Öffnungszeiten.
„Das ist ja in Ordnung“, sagt David Broll. „Wenn die Angaben stimmen, kann ich mich danach richten.“ Oft genug komme es aber vor, dass öffentliche Anlagen zeitweise außer Betrieb oder komplett geschlossen seien. In Sachen Leineweberstraße erklärt die Stadt auf Nachfrage zum Abriss: „Die Anlage war überaltert, anfällig für Vandalismus und es gab keine Ersatzteile mehr. Im Rahmen der Neugestaltung der Straße wurde das Toilettenhäuschen dann entfernt.“
Stadt Mülheim plant Neubau von drei öffentlichen Toilettenanlagen
Derzeit, so Pressesprecherin Tanja Schwarze, sei absehbar der Neubau drei öffentlicher Toilettenanlagen geplant. Auf dem Rathausmarkt im Rahmen der Neugestaltung, auf der Schleuseninsel sowie in der Müga in der Nähe des Stadthallenparkplatzes. „Die alte Anlage auf der Schleuseninsel war nicht mehr reparierbar und entsprach auch nicht mehr den erforderlichen Standards“, so Schwarze – schon vor der Flutkatastrophe. Einen genauen Zeitplan gebe es derzeit noch nicht.
Was die Stadt der Betrieb der öffentlichen Toilettenanlagen im Stadtgebiet kostet, ließe sich nicht in Summe sagen: „Die Kosten für die (Besucher-) Toiletten in öffentlichen Gebäuden sind nicht gesondert aufgeführt, sondern sind in den laufende Betriebskosten für das jeweilige gesamte Gebäude enthalten.“ Eine Ausnahme bildet das öffentliche WC im Bahnhof. „Zur Zeit betreibt die Stadt nur die Toilette im Hauptbahnhof als gesonderte Toilettenanlage, der Betrieb kostet rund 60.000 Euro im Jahr. Das ist auch in etwa das Minimum zur Unterhaltung einer Toilettenanlage.“
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