Mülheim. Nicht einen einzigen verkaufsoffenen Sonntag wird es 2024 in Mülheims Innenstadt geben. Das hat mehrere Gründe. Welche es sind.
Sonntag ist Ruhetag – so will es zumindest der Brauch. Und doch zeigt der Blick ins Dorf Saarn etwa, wo der Oldtimer-Treff samt verkaufsoffenem Sonntag Massen anzieht, oder die Gourmetmeile „Essen verwöhnt“ in der Nachbarstadt, dass das „Prinzip verkaufsoffen“ durchaus funktionieren kann. In Mülheims Innenstadt wird es 2024 keinen einzigen Sonntag geben, an dem die Einzelhändler ihre Geschäfte öffnen. Warum?
„Mich stimmt es ehrlich gesagt ein wenig traurig, dass Mülheim da nicht in Konkurrenz zu den anderen Städten tritt“, sagt Michael Birr, Geschäftsführer der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST). Perspektivisch wolle er das ändern. In sämtlichen umliegenden Städten wird es gleich mehrere verkaufsoffene Sonntage geben, in Oberhausen den ersten am 7. Januar im Centro, in Essen am 14. Januar in Verbindung mit der Innenstadt-Veranstaltung „Wintertraum“, und auch die Duisburger Verwaltung bestätigt auf Anfrage, 2024 mehrere verkaufsoffene Sonntage zu planen.
Verkaufsoffen in Mülheim: Gesetz macht strikte Vorgaben
Gesetzliche Vorgaben bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein verkaufsoffener Sonntag möglich ist. So heißt es im Ladenöffnungsgesetz: „An jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen dürfen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.“ Ein öffentliches Interesse liege unter anderem dann vor, wenn die Öffnung beispielsweise „im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt“.
„Das macht es natürlich etwas komplizierter“, räumt Michael Birr ein. Ginge es nach der MST, würde es in Mülheims Innenstadt durchaus verkaufsoffene Sonntage geben. „Aber wir brauchen die Einzelhändler, die mitziehen, und die sind oft eher skeptisch.“ Durchaus verständlich, wie der MST-Chef erklärt, „aber das ist ein Prozess“. Bei einem Treffen mit der Werbegemeinschaft Innenstadt (WGI) habe er im November über die Thematik debattiert und einen Kompromiss gefunden. „Wir legen jetzt einige unserer Veranstaltungen von Samstag auf Sonntag, um zu zeigen, dass wir auch sonntags Leute in die Innenstadt oder zu anderen Orten locken können.“ Dadurch wolle man langfristig eine Grundlage schaffen, um Kaufleuten die verkaufsoffenen Sonntage wieder attraktiver zu machen. „So wie es in der Vergangenheit lief, ist es nicht gewollt.“
Mülheim fehlt das Forum als Magnet für verkaufsoffene Sonntage
WGI-Vorstand und Einzelhändler Frank Prümer (Prümer Damenmoden) steht regelmäßig im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, sammelt mit der Interessengemeinschaft Stimmungsbilder und Meinungen ein. Die Tendenz, so berichtet er, gehe ganz klar gegen die verkaufsoffenen Sonntage. „Wir hatten in der Vergangenheit schon viele Feste und Events, die nicht unerfolgreich waren, in den Läden war aber kaum was los.“ Für die Einzelhändler sei es oft nicht einfach, den siebten Arbeitstag in Folge personell zu besetzen, von den Mehrkosten ganz abgesehen.
„Die Situation in der Mülheimer Innenstadt ist kompliziert. Ohne das Forum, das aktuell im Umbau steckt, fehlt uns für verkaufsoffene Sonntage ein wichtiger Magnet“, so Prümer. „Im Städtevergleich mit Oberhausen mit dem Centro, Essen mit dem Limbecker Platz und Duisburg mit dem Forum sind wir klar das schwächste Glied.“ Aus seiner Sicht seien verkaufsoffene Sonntage längst nicht mehr die Besonderheit, die sie einst mal waren. „Der Hype ist einfach nicht mehr so da. Und viele Einzelhändler entscheiden dann, dass sich für sie eine Öffnung sonntags nicht rechnet.“
Mülheim ist im Vergleich der Städte abgeschlagen - das soll sich ändern
Diesen Eindruck bestätigt auch Marc Heistermann, Geschäftsführer des Handelsverbandes Ruhr. „Viele Händler betrachten den Tag isoliert und nur gemessen am Umsatz.“ Doch ganz so einfach sei diese Rechnung nicht. „Man kann verkaufsoffene Sonntage als Instrument betrachten, um Marketing für seinen eigenen Laden zu betreiben.“ Das Argument der Kosten für Personal samt Sonntagszulage, Strom und Heizung sieht Heistermann nur eingeschränkt als gültig an. „Diese Kosten gibt es, ja. Aber der Nutzen eines solchen Tages sollte losgelöst vom reinen Umsatz betrachtet werden.“
Die Debatte sei aus Sicht des Handelsverband-Geschäftsführers in eine Schieflage geraten. „Aus kaufmännischer Sicht ist ein verkaufsoffener Sonntag nur dann sinnvoll, wenn er auch finanziell was bringt. Dafür braucht es aber auch einen Rahmen, der den Leuten etwas bietet.“ Um Menschen auch über die Stadtgrenzen hinaus zu locken, sei Verweildauer unabkömmlich. „Dazu kann ein Rahmenprogramm mit Show oder ein ausgefallenes gastronomisches Angebot beitragen.“ Nichtsdestotrotz: Ein Stadtfest oder ähnliches Event sei immer mit finanziellem Risiko und viel Planung verbunden. „Es ist verständlich, dass nicht jede Stadt von diesem Instrument erheblich Gebrauch macht.“
Genau aus diesem Grunde strebt die MST in diesem Jahr die „Probe-Phase“ an, in der einige Veranstaltungen ohne viel Aufwand auf Sonntage gelegt werden. „Das ist unser erster Schritt, um langfristig hoffentlich relativ regelmäßig verkaufsoffene Sonntage anbieten zu können“, sagt Michael Birr. „Geduld und Ideen haben wir, jetzt braucht es noch Zeit.“ So sei etwa das Medl-Winter-Grillen bewusst auf den 27. und 28. Januar gelegt worden und auch „Mülheim mittendrin“ finde in diesem Jahr mit dem 5. Mai an einem Sonntag statt.
„Der verkaufsoffene Sonntag ist sicherlich kein heiliger Gral oder Allheilmittel, aber sicherlich ein Puzzleteil, um das Image der Stadt zu verbessern.“
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