Mülheim. In den evangelischen und katholischen Kirchen in Mülheim stößt man auf manches unbekannte Schmuckstück. Wir stellen zum Fest einige davon vor.

Kunstschätze gibt es in jeder Kirche – auch in Mülheim. Manche werden von allen bewundert, andere sind umstritten. Wie beispielsweise das Altarkreuz, das Hans-Georg Strauch gestaltet hat. Es befindet sich seit den 80er-Jahren in der evangelischen Johanniskirche an der Aktienstraße und wurde anfangs nicht von allen Gemeindemitgliedern geschätzt. Denn der Mülheimer Künstler hat es aus Metallschrott – aus Nägeln, Schrauben, Haken, Kronkorken, Beschlägen und anderen gefundenen Gegenständen – gefertigt, mit Bronzefarbe überzogen und auf schwere, schwarz geflämmte Holzbalken gesetzt.

Deutlich zu erkennen sind in dieser Nahaufnahme, die Metallteile, die der Mülheimer Künstler Hans-Georg Strauch für sein Kreuz verwendete.
Deutlich zu erkennen sind in dieser Nahaufnahme, die Metallteile, die der Mülheimer Künstler Hans-Georg Strauch für sein Kreuz verwendete. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Von Weitem erkennt man das gar nicht, aus der Nähe aber schon - und man staunt über die faszinierende Idee und die harmonische Komposition aus bizarren Dingen. „Das Kunstwerk hat auch eine starke Aussage, es bezieht sich auf den Bibel-Vers: Was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt“, erklärt Dagmar Tietsch-Lipski, lange Zeit Pfarrerin in Johannis. Gemeint sei: „Für Gott ist nichts so wertlos, dass er es nicht schätzt.“ Dennoch habe das Kreuz zu Beginn eine Diskussion entfacht, darüber, ob man ein Kreuz und eine Christusfigur so darstellen könne. Die Befürworter haben sich durchgesetzt. 1990 schenkte Hans-Georg Strauch das Werk der Gemeinde, seither schmückt es den Altar.

Kirchenfenster in Mülheim-Broich strahlt in kräftigen Farben

In der Wilhelminenkirche in Broich findet man ein echtes Schmuckstück oberhalb des Altars. Das dreigeteilte Kirchenfenster strahlt besonders bei sonnigem Wetter in kräftigen Farben. Es wurde 1949 eingebaut. Das alte Fenster war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Der Kirchenmaler und Grafiker Karl Hellwig (Wuppertal) machte den Entwurf, die Kunstglaserei Albert Heberle (Hagen) fertigte das „gläserne Tryptichon“ an. In drei vertikal zu lesenden Reihen werden das Wort und die Sakramente gepriesen. 17 biblische Szenen werden dabei herausgestellt.

Das wunderschöne Altarfenster in der Mülheimer Kirche an der Wilhelminenstraße: In dieser Detailaufnahme sind nur neun der insgesamt 17 Darstellungen zu sehen.
Das wunderschöne Altarfenster in der Mülheimer Kirche an der Wilhelminenstraße: In dieser Detailaufnahme sind nur neun der insgesamt 17 Darstellungen zu sehen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Günter Fraßunke, ehemals Presbyter und an Kunstgeschichte interessiert, hat sich mit den detailreichen Darstellungen beschäftigt. „In der mittleren Reihe finden wir Illustrationen von biblischen Szenen, in denen das Wort verkündet wurde. In der linken Spalte geht es um das Sakrament der Taufe, die Bilder in der rechten Spalte beziehen sich auf das Abendmahl“, erläutert er. Aus der Entfernung wirkt das Fenster in ausdrucksstarker Farbigkeit. Wer sich die Abbildungen genauer anschaut, entdeckt Motive wie „Abraham zählt die Sterne am Himmel“, Moses mit Gesetzestafeln, die Vertreibung aus dem Paradies, die Taufe Jesu durch Johannes, das Gleichnis von Weinstock, die Verheißung des Lebenswassers, usw.

Ein schönes Kirchenfenster gibt es auch in der Lutherkirche in Mülheim-Speldorf. Es zeigt christliche Symbole. Davor ein Leuchter, der bei HKM in Duisburg von Azubis gefertigt wurde.
Ein schönes Kirchenfenster gibt es auch in der Lutherkirche in Mülheim-Speldorf. Es zeigt christliche Symbole. Davor ein Leuchter, der bei HKM in Duisburg von Azubis gefertigt wurde. © WAZ | Ev. Kirchenkreis

Anmutiger kleiner Engel in der Mülheimer Petrikirche

Auch in der Lutherkirchen-Gemeinde in Speldorf ist man stolz auf ein dreiteiliges Fenster. Man hat es übernommen, als die Kirche am Brandenberg geschlossen wurde. „Die Motivfenster stammen von der Diakonie Kaiserswerth und wurden dort in der Grafikabteilung entworfen“, berichtet Pfarrerin Katrin Schirmer. Sie zeigen christliche Symbole wie Fisch, Taube, Weinstock, Hahn oder Ähre. Die Schreinerei Rehmann und der Kunstverglaser Uwe Peichert aus Mülheim haben das Fenster instand gesetzt und in der Lutherkirche neu aufgehängt.

Der Bronzene Engel in der Mülheimer Petrikirche war früher Teil eines riesigen Jugendstilleuchters, der 1943 zerstört wurde.
Der Bronzene Engel in der Mülheimer Petrikirche war früher Teil eines riesigen Jugendstilleuchters, der 1943 zerstört wurde. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ein kleiner und anmutiger bronzener Engel ist ein Schmuckstück in der Petrikirche und der Rest eines riesigen Jugendstilleuchters aus Bronze und Glas. „Bei der Bombardierung der Kirche 1943 wurde der Leuchter zerstört, die Glas-Elemente zerschmolzen im Feuer und nur der flügellose Engel blieb erhalten. Heute hängt er über dem Kerzentisch, an dem man zur Fürbitte Lichter anzünden kann“, berichtet Annika Lante, Sprecherin des Evangelischen Kirchenkreises an der Ruhr.

Besondere Madonna in Mülheimer Kirche Christ König

Auf eine Marienfigur von Hildegard Bienen ist die katholische Gemeinde Christ König in Winkhausen stolz. Die Künstlerin vom Niederrhein hat die gesamte Kirche Mitte der 1960er Jahre künstlerisch ausgestaltet, verschiedene Elemente korrespondieren miteinander. Die Bronzefigur (rechts auf der Altarinsel) zeigt die „Madonna“, sitzend auf einer Bank. Im Arm hält sie das Jesuskind. „Das Ungewöhnliche an dieser Darstellung ist aber, dass das Kind kein Baby ist, sondern wie ein erwachsener Mensch aussieht und seine Arme segnend ausbreitet“, erklärt Helmut Schwellenbach vom Pastoralteam.

Eine ungewöhnliche Marienfigur aus Bronze steht in der katholischen Kirche Christ König in Mülheim. Gestaltet wurde sie von der Künstlerin Hildegard Bienen.
Eine ungewöhnliche Marienfigur aus Bronze steht in der katholischen Kirche Christ König in Mülheim. Gestaltet wurde sie von der Künstlerin Hildegard Bienen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Diese Maria halte schon Christus als Christ-König im Arm (der an einen Thron erinnert). „Dasselbe Motiv – den hoch oben im Himmel thronenden Christus, der seine Arme zur Segnung ausbreitet – findet man auch in unserem großen Kirchenfenster und sogar am Altarkreuz wieder“, erläutert der Seelsorger. Die Künstlerin habe alle Werke bewusst aufeinander bezogen. Sowohl Hildegard Bienen als auch Ludger Kösters, der Architekt der Kirche, hätten das Stilmittel des thronenden Christus (an der Seite Gottes) für ihre Konzepte gewählt.

Textilkünstlerin schuf spezielles Messgewand für St. Barbara

Einen völlig anderen Schatz kann man in der Kirche St. Barbara in Dümpten entdecken: ein Messgewand. Es erinnert an den Widerstandskämpfer Nikolaus Groß, der 1945 von den Nationalsozialisten hingerichtet, später vom Papst selig gesprochen wurde. Das Gewand wurde von der Textilkünstlerin Regine Skudelny kreiert. Es ist aus handgewebter Wildseide gefertigt, unterfüttert mit rotem China-Crepe-Satin. Schwarze Streifen aus Wollwalk und rote Stoffstreifen ziehen sich durch den Stoff und laufen auf ein mit Blattgold vergoldetes Kreuz auf der Vorderseite zu.

Ein Priesergewand ist am Mittwoch, 20.12.2023, in der katholischen St. Barbara-Kirche in Mülheim an der Ruhr in einer Glasvitrine ausgestellt. Es wird nur zu Messen getragen, die an den inzwischen seelig gesprochenen christlichen Gewerkschafter Nikolaus Groß erinnern. Dieser wurde 1945 von den Nationalsozialisten in der JVA Plötzensee hingerichtet. Der Stein in der Mitte des Kreuzes stammt aus den Mauern des Berliner Gefängnisses.
Foto: Martin Möller /Funke Foto Services
Ein Priesergewand ist am Mittwoch, 20.12.2023, in der katholischen St. Barbara-Kirche in Mülheim an der Ruhr in einer Glasvitrine ausgestellt. Es wird nur zu Messen getragen, die an den inzwischen seelig gesprochenen christlichen Gewerkschafter Nikolaus Groß erinnern. Dieser wurde 1945 von den Nationalsozialisten in der JVA Plötzensee hingerichtet. Der Stein in der Mitte des Kreuzes stammt aus den Mauern des Berliner Gefängnisses. Foto: Martin Möller /Funke Foto Services © Funke Foto Services | Martin Möller

„In das Kreuz sind kleine Ziegelstückchen aus Kellerwänden des Gefängnisses eingearbeitet, in dem Nikolaus Groß inhaftiert war“, erklärt Manfred von Schwartzenberg, ehemaliger Pfarrer in St. Barbara, der das Kleidungsstück vor rund 15 Jahren in Auftrag gegeben hatte. Die Steinchen sind eine Sekundär-Reliquie. Genutzt wird das Gewand nur in Gottesdiensten, die an Nikolaus Groß erinnern. Der nächste Gedenkgottesdienst findet am 28. Januar um 11.30 Uhr in St. Barbara statt. Ein bewegendes Musical über die Lebensgeschichte von Nikolaus Groß (Text: Manfred von Schwartzenberg, Musik: Burkard Maria Kölsch) wird am 26./27. Januar nach längerer Pause erneut in St. Barbara zu sehen sein.

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