Mülheim. Bis in die 60er Jahre gehörte das Baden in Mülheims Ruhr zum Sommer-Alltag. Danach bekam es den Stempel: Verboten! Wie es nun zum Comeback kam.

„Jetzt kommen wir zu meinem Lieblingsthema.“ Bei diesen Worten des Vorsitzenden Eckart Capitain wusste jedes Mitglied des Mülheimer Sportausschusses in den vergangenen Jahren genau, was nun folgen sollte.

Das Baden in der Ruhr verfolgt die Mülheimerinnen und Mülheimer aber schon deutlich länger. Bis in die 60er Jahre hinein gehörte der Badespaß im heimischen Fluss zum Alltag in jedem Sommer. Wer in der jüngeren Vergangenheit den Sprung in die Ruhr wagte, tat dies immer auf eigene Gefahr.

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Der Wunsch, dies zumindest auf einer begrenzten Fläche zu legalisieren, wuchs spätestens mit Beginn der 2010er Jahre wieder deutlich an. 2012 präsentierte die Verwaltung erstmals zwei mögliche Orte für eine solche Badestelle – die Freitreppen vor der Stadthalle und den Saarner Ruhrstrand.

Da die Ordnung für Binnenschifffahrtsstraßen den Standort hinter der Stadthalle nicht zuließ, wurde in der Diskussion nur noch der Ruhrstrand einbezogen. 2015 machte die Politik in der Hinsicht erstmals Druck auf die Verwaltung. Die aber verwies auf die Wasserqualität und die hohen bürokratischen Hürden.

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„Mit der Bestimmung eines Badegewässers ist die zuständige Behörde verpflichtet, die Qualität des Badegewässers zu überwachen, zu bewirtschaften, die Qualität einzustufen und die Öffentlichkeit zu informieren. Sie muss regelmäßig vor der Badesaison Untersuchungstermine zur Badegewässerqualität festsetzen und diese Untersuchungen durchführen“, hieß es in einer ersten Stellungnahme. Für jedes angemeldete Badegewässer sei ein Profil zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren.

2017: Baden wäre an 29 Sommertagen erlaubt gewesen

Das zweimalige Ruhrschwimmen der DRK-Wasserwacht in den Jahren 2015 und 2016 zeigte auf, wie es gehen könnte und platzierte das Thema wieder in der öffentlichen Diskussion. Als nebenan in Essen ein Jahr später eine Badestelle am Baldeneysee eingerichtet wurde, beendeten die Mülheimer Entscheider ihr Zaudern.

Reges Treiben an Mülheims Ruhrstrand im Jahr 1951.
Reges Treiben an Mülheims Ruhrstrand im Jahr 1951. © Stadtarchiv

Trotz der unklaren Wasserqualität wäre schon 2017 an 29 Sommertagen das Baden in der Saarner Ruhr erlaubt gewesen – auch ohne Proben oder ein Frühwarnsystem. Im Januar 2018 erteilte der Sportausschuss dann den Auftrag, ab der kommenden Sommersaison eine Badestelle einzurichten und diese als EG-Badegewässer anzumelden.

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Mit der Zeit aber bekamen die Entscheider weniger Angst vor dem berühmten Ungeheuer von Loch Ness als vor dem Behördenmonster. Nicht weniger als sieben Behörden beschäftigten sich zeitweise mit dem Vorhaben. Zudem gab es Gegenwind von Umweltschützern, auch von Anwohnern auf der anderen Ruhrseite. Ein geplanter Testlauf für 2019 fiel aus.

Im Jahr darauf war es schließlich die Bezirksregierung, die sich gegen das Vorhaben sperrte und sogar einen Testbetrieb untersagte. Umso überraschender kam von dort im Februar vergangenen Jahres die Genehmigung für eine Badestelle. Diesmal machte aber die Finanzierung einen Strich durch die Rechnung, so dass wieder ein Sommer ins Land ging.

Kritiker winkten auch in diesem Jahr schon resigniert ab

Als Pfingsten ohne Ruhrbaden verstrich, winkte der eine oder andere schon wieder resigniert ab. Zumal es Schwierigkeiten bei der Akquise einer Wasseraufsicht gab und die PIA Stadtdienste als Zuständige für die Freizeitanlage an Land Insolvenz anmeldete.

Doch selbst eine unendliche Geschichte findet einmal ein Happy End. Der Sportausschuss wird sich ein neues Lieblingsthema suchen müssen.