Moers. Der Klinik-Atlas ist seit einer Woche online. Das Register ist nicht unumstritten. Welche Daten er für Moers ausweist, was Experten sagen.

Welches Krankenhaus ist für welche Beschwerden das richtige? In welcher Klinik werden in speziellen Fachbereichen die meisten Operationen durchgeführt? Wie sind die Krankenhäuser im Vergleich? Antworten auf solche Fragen sollen Patientinnen und Patienten online auf die Spur gehen können. Seit kurzem ist der Bundes-Klinik-Atlas des Bundesgesundheitsministeriums online. Deutschlandweit sind etwa 1700 Häuser berücksichtigt.

Zu den Kliniken gibt es jeweils allgemeine Informationen, die Behandlungsfälle werden aufgeführt, das Personal aufgezeigt, ausgewählte Zertifikate benannt sowie Informationen zu Fachabteilungen und der Notfallversorgung gegeben.

Klinik-Atlas bewertet Personallage im Moerser Krankenhaus St. Josef als „weit unterdurchschnittlich“

Das Krankenhaus St. Josef muss sich in dieser aktuellen Auflistung mit Blick auf das Personal mit der Bewertung „weit unterdurchschnittlich“ zufriedengeben. Eine Pflegekraft muss sich demnach hier statistisch gesehen um 65,37 Patientinnen und Patienten kümmern. Laut Bundes-Klinik-Atlas gibt es hier 226 Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung am Krankenhausstandort.

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Auf die Nachfrage, wie das Krankenhaus diese Einschätzung einordnet, heißt es aus der Pressestelle des St. Josef: „Themen der Häuser der GFO Kliniken Niederrhein werden wir uns erst einmal genau anschauen, um das wirklich beurteilen und kommentieren zu können.“ Darüber hinaus wird auf die Stellungnahmen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der KGNW verwiesen. Demzufolge ist der Inhalt des aktuellen Registers nicht unumstritten. So heißt es etwa auf der Webseite der DKG: „Fehler in Lauterbachs Klinik-Atlas gefährden Patienten.“

Krankenhaus-Atlas weist mehrere Zertifikate für St. Josef Krankenhaus aus

Und weiter heißt es vonseiten der Gesellschaft: „Zahlreiche falsche und fehlende Daten leiten Patientinnen und Patienten massiv in die Irre. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir den Informationssuchenden leider raten, den Atlas mit größter Vorsicht zu behandeln, unbedingt Rücksprache mit den behandelnden Ärzten zu halten und auf eine bewährte Plattform zurückzugreifen.“

Dem St. Josef Krankenhaus werden mit 16.702 „sehr viele“ Behandlungsfälle attestiert, die meisten davon in der Inneren Medizin (5229), gefolgt von der Neurologie (3189) und der Frauenheilkunde und Geburtshilfe (2315). „Die Fachabteilungen werden so dargestellt, wie die Krankenhäuser diese melden“, heißt es auf der Atlas-Seite. Mit Blick auf ausgewählte Zertifikate ist folgendes aufgeführt: Zertifiziertes Beckenboden- und Kontinenzzentrum, EndoProthetikZentrum der Maximalversorgung, Schlaganfall-Einheit (Stroke Unit).

Krankenhaus-Atlas: Bethanien in Moers hat „sehr viele“ Behandlungsfälle

Mit ebenfalls „sehr vielen“ Behandlungsfällen wird das Krankenhaus Bethanien aufgeführt. 20.678 Fälle sind angegeben, die meisten davon in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe (4249), der Lungen- und Bronchialheilkunde (3096) und der Gastroenterologie (2607).

Der Pflegepersonalquotient im Bethanien hat hier mit 50,09 einen mittleren Wert. Laut Klinik-Atlas sind 454 Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung am Krankenhausstandort beschäftigt. Unter ausgewählten Zertifikaten wird folgendes benannt: Zertifiziertes EndoProthetikZentrum, Onkologisches Zentrum, Brustkrebszentrum, Darmkrebszentrum, Lungenkrebszentrum, Pankreaskrebszentrum, Zertifizierte Nephrologische Schwerpunktabteilung.

Bethanien-Chef Engels über Klinik-Atlas: „Viele Werte stimmen nicht“

Der Krankenhaus-Direktor des Bethanien und Vorstand der Stiftung, Dr. Ralf Engels, bewertet den Klinik-Atlas differenziert. Den grundsätzlichen Ansatz „finde ich schon klug“, sagt er. Man brauche eine Plattform, auf der sich der Laie informieren könne. Transparenz müsse sein. Die Umsetzung allerdings kritisiert er: „Viele Werte stimmen nicht.“ Zudem sei hinter den Suchen ein rein medizinischer Katalog hinterlegt. Hier habe sich niemand die Mühe gemacht, vernünftig zu clustern. Heißt folglich: Die Ergebnisliste ist für Laien je nach Suchbegriff nicht unbedingt aussagekräftig. Karl Lauterbach habe die Umsetzung „übers Knie gebrochen“, bemängelt Dr. Engels. Der Minister bekäme bei ihm dafür in der Prüfung eine Fünf. Engels: „Das ist einfach schlecht gemacht.“ Mit Blick auf das Thema Pflegepersonal verweist Engels auf den Fachkräftemangel, der die meisten Häuser trifft. Perspektivisch stellt er aber fest, dass das Tool künftig noch erweitert werden soll: „So ein Atlas entwickelt sich.“

Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Prof. Dr. Henriette Neumeyer wird eine Woche nach dem Start des Klinik-Atlas wie folgt zitiert: Die DKG haben „ungezählte Meldungen aus Kliniken in allen Bundesländern erreicht, die falsche Angaben zu Ausstattungen, Notfallstufen und vor allem immer wieder zu niedrig angegebenen Fallzahlen beklagen. Dabei geht es nicht um minimale Abweichungen und gelegentliche Fehler, sondern um falsche Daten in massiver Menge.“

So würden bei den Suchen nach bestimmten Behandlungen ausgewiesene Spezialkliniken nicht in der Ergebnisliste angezeigt. Die DKG kritisiert, dass Minister Karl Lauterbach auf eine Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern verzichtet habe.