Moers. Bei der Extraschicht in Moers ging’s um Kohle, Kolonie und König Fußball. Bei manchen Besuchern flossen Freudentränen. Aus einem bestimmten Grund.
Wie war das im Bergbau, im Pütt? Was machte das Gemeinschaftsgefühl aus? Kann man es gut 60 Jahre nach Bergbauende in der Zeche Rheinpreußen und fast 50 Millionen Tonnen hinaufbeförderter Kohle zwischen 1904 und 1962 in Hochstraß noch erleben? Die bejahende Antwort gab’s am Samstag.
Jährlich wird mit der „Extraschicht – Nacht der Industriekultur“ die Bergbaugeschichte im Ruhrgebiet erfahrbar gemacht. 43 Spielorte in 22 Städten luden zu kulturellen Rahmenprogrammen ein. Auch Moers war wieder dabei. Am Industriedenkmal Rheinpreussen Schacht IV veranstaltete der 900 Mitglieder starke Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV) zum siebten Mal die „Extraschicht“.
Das Motto: Kohle, Kolonie und König Fußball
Mit der Ruhr Tourismus GmbH und unterstützt durch die Volksbank Niederrhein, dem Kulturbüro, der Wirtschaftsförderung und dem Stadtteilbüro Neu-Meerbeck, gelang erneut ein buntes Programm: „Im September begannen unsere Planungen“, erklärte GMGV-Vorstandsmitglied Frank Heinrich, der bergmannsecht mit Helm, Grubenhemd und Arbeitshose unterwegs war. „75 ehrenamtliche Helfer engagieren sich mit uns – einfach toll.“ Das Veranstaltungsmotto „Kohle, Kolonie und König Fußball“ vereinte Bergbau- und Sportkultur. Mit Eintrittsbändchen nutzten hunderte Besucher den Personennahverkehr und besuchten per Shuttlebus eintrittsfrei die Spielorte.
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Gleich zu Beginn gab’s Gänsehautmomente: Besucher jeden Alters und Herkunft genossen die traditionelle Musik des Jugendspielmannszugs Glückauf Geldern. „Da fließen Freudentränen, wenn man sich wieder mit ‚Glück auf‘ grüßt“, sagte ein ehemaliger Bergmann. Erinnerungen wurden auch bei der Führung „Mit Kumpel auf Kohle“ wach: Frühere Bergleute erzählten von der anstrengenden Arbeit unter Tage.
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Schacht-IV-Leiter André Thissen öffnete die Lampenhalle, Maschinenhalle und Schachthalle. Fotos und ein Film um 1956 aus Schacht IV boten Einblicke in die Bergbauarbeit, samt vom Kohlenstaub gezeichnete Porträts. Neu war die Tour „Mit Kumpel durch Kolonie“. GMGV-Vorstand Winfried Scholten tüftelte die 45-minütige Busfahrt nach Meerbeck aus. Scholten berichtete von der Integration der katholischen, oft kinderreichen slowenischen Bergleute und baugleichen Wohnhäusern, die für Verwechslungen sorgten.
Passend zum „König Fußball“-Motto wurde es sportlich. Kickertisch und Schussgeschwindigkeitsmessung machten Spaß – besonders, als Schauspieler Patrick Dollas den anfeuernden „Trainer Jupp“ mimte. Der ehemalige Schalke-Fußballspieler Didi Schacht blickte mit Fußballautor Ben Redelings auf 60 Jahre Bundesliga und lud zum Fußballquiz.
Stilecht gestärkt durchhalten bis zum Feuerwerk
Ruhrpottstärkung nach Ratespaß? Gab’s an Schachts Currywurstimbiss und beim GMGV mit „Kühlem Blondem“. Musikalisch sorgte das Duo „Morgentau“ und Joe Kiki aus Togo für Sommerstimmung. Unterm illuminierten Fördergerüst präsentierte der Frauenchor „Witches of Pitches“ stimmungsvollen Gesang, der nahtlos ins farbenfrohe, musikuntermalte Höhenfeuerwerk überging. Eine großartige Hommage an eine unvergessliche und in den Herzen weiterlebende Zechenzeit.
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Wer die „Extraschicht“ verpasst hat, für den gibt es weitere Gelegenheiten: „Jeden Sonntag von 13 bis 16 Uhr öffnen wir den Schacht IV an der Zechenstraße 50 und bieten kostenlose Führungen an“, erklärte Frank Heinrich vom Grafschafter Museums- und Geschichtsverein. Individuelle Termine können unter schacht4@gmgv-moers.de vereinbart werden.