Moers. Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein hat das Konzept in der Fördermaschinenhalle verändert. Warum die Bergleute eine Kaue nachbauten.

André Thissen zieht einmal kräftig an der Kette und lässt den daran befestigten Kauenkorb mit der Bergmannskluft von der Decke herab. So wie früher, als sich die Kumpel in der Kaue zur Einfahrt fertig gemacht haben. „Dieses Geräusch war unser Leben“, sagt Thissen. Ein Stück dieses Lebens haben der Vorsitzende des Arbeitskreises Schacht IV des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins (GMGV) und seine Mitstreiter nun in die Fördermaschinenhalle auf Schacht IV in Moers zurückgeholt.

Nach zweijähriger Corona-Pause eröffnet das Bergbaumuseum am Sonntag, 15. Mai, mit vielen Neuerungen. Bislang hatte der GMGV die restaurierte Maschinenhalle mit der Fördermaschine und Umformeranlage als kleines Bergbaumuseum betrieben. Das Konzept wurde mit nun drei Ausstellungsräumen grundlegend verändert.

Bergbau-Sammlung von Axel Kasseböhmer zu sehen

Dank der Kooperation mit der Berliner Galerie Sprüth Magers ist erstmals eine Ausstellung mit 22 Gemälden des Gerhard-Richter-Schülers Axel Kasseböhmer in Moers zu sehen. Kasseböhmer, der in München lebte und 2017 plötzlich verstarb, war aber nicht nur Maler, sondern auch begeisterter Sammler von Bergbau-Utensilien.

Mit über 700 Exponaten zählt seine Sammlung zu den bedeutendsten Privatsammlungen des deutschen Bergbaus. Kasseböhmers Schwester, die Neukirchen-Vluynerin Anne Frank, schenkte dem GMGV den gesamten Nachlass. Einzige Bedingung: Der Verein musste sich verpflichten, Teile davon auszustellen.

„Wir haben uns lange gefragt, ob solch eine Ausstellung Sinn macht, weil es große Bergbaumuseen wie Zollverein in der Umgebung gibt. Aber wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass Ortsgeschichte dort vermittelt werden sollte, wo sie auch stattfand“, erklärt Peter Boschheidgen, Vorsitzender des GMGV.

Moerser Bergleute restaurierten Exponate

In den vergangenen zwei Jahren haben die ehemaligen Moerser Bergleute und Helfer die überlassenen Ausstellungsstücke aufwendig restauriert. So wurde aus dem ehemals eher schlichten Vorführraum auf Schacht IV ein Empfangs- und Aufenthaltsbereich, in dem Grubenlampen, Zündmaschinen sowie Messwerkzeuge und Karten aus der Markscheiderei zu sehen sind. Dafür wurden neue Glasvitrinen angefertigt.

„Die Grubenlampen ermöglichen es, über einen Zeitraum von mehr als 150 Jahren Technologiegeschichte nachzuvollziehen. Wir können die englische Davy-Lampe aus dem Jahr 1816 präsentieren, aber auch die moderneren Benzinlampen, die ab den 1890er-Jahren auf Rheinpreussen genutzt wurden“, so André Thissen. 80 der insgesamt 300 Lampen sind ausgestellt, der Rest im Archiv eingelagert. Jedes Jahr sollen die Exponate ausgetauscht werden, damit die Ausstellung einen neuen Charakter bekommt.

Die Moerser Bergleute und GMGV-Vereinsmitglieder Dieter Soyke, Alberto Dominguez, Joachim Bürger, Heinz Bernard, Theo Wilbers, Peter Boschheidgen und André Thissen (v.l.) im Grubenwehrraum.
Die Moerser Bergleute und GMGV-Vereinsmitglieder Dieter Soyke, Alberto Dominguez, Joachim Bürger, Heinz Bernard, Theo Wilbers, Peter Boschheidgen und André Thissen (v.l.) im Grubenwehrraum. © Funke Foto-Services | Rüdiger Bechhaus

Ein Stockwerk tiefer haben die ehemaligen Rheinpreussen-Bergleute eine Waschkaue mit Original-Material nachgebaut. „Jüngere Leute wissen oft nicht einmal mehr, dass ‘Kaue’ der Begriff für Umzugsräume der Bergleute ist“, sagt Thissen. Mit viel Herzblut, in Handarbeit und mit zum Teil geliehenen privaten Originalexponaten der Moerser Bergmänner, wurde die Kaue nachgestellt.

Seltene Rettungsgeräte sind ausgestellt

Ebenfalls in neuem Gewand erstrahlt die Sammlung von historischen Rettungsgeräten, wie es sie in Deutschland vergleichbar nur im Bergbaumuseum Bochum und im Deutschen Museum München gibt. Zu den einzelnen Geräten gibt es jetzt übersichtliche Erklärungstafeln.

Ganz abgeschlossen sind die Arbeiten noch nicht. Bislang sind die Erklärungen stellenweise sehr knapp gehalten. Um das zu ändern, sollen noch Touch-Displays angeschafft werden, auf denen Besucher über die Geschichte der Gegenstände informiert werden.

Eintritt bleibt weiterhin frei

Das gesamte Projekt kostete natürlich auch Geld – knapp 20.000 Euro. Eine kleine Förderung gab es aus dem Heimatcheck-Topf des Landes NRW. Rund 90 Prozent der Kosten bezahlten die GMGV-Mitglieder aus eigener Tasche, so der Vorsitzende Peter Boschheidgen.

Der Eintritt bleibt – trotz der hohen Ausgaben – für Besucher weiterhin frei. „Wir wollen allen Menschen unser Bergbauleben präsentieren. Dafür nehmen wir keinen festen Preis, freuen uns aber über Spenden“, betont André Thissen.

Öffnungszeiten und Führungen

Die Ausstellung in der Fördermaschinenhalle Rheinpreussen Schacht IV (Zechenstraße 50) ist am Sonntag, 15. Mai, von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Zuvor gibt es am Samstag, 14. Mai, von 21 bis 23 Uhr, eine Night-Preview. Während es draußen dunkel ist, ist das Bergbaumuseum mit Licht in Szene gesetzt. Besucher können durch alle Räume gehen.

Danach hat das Museum bis Ende Oktober zu den regulären Öffnungszeiten jeweils sonntags von 13 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Infos und Anmeldungen für Sonderführungen gibt es per Mail an: