Am Niederrhein. Der Immobilienmarkt in Moers und Umgebung hat sich komplett verändert. Für viele ist der Traum vom Eigenheim wegen steigender Zinsen geplatzt.
Wenn es um Immobilien geht, scheint es nur Superlative zu geben. Es ist noch gar nicht lange her, da hieß es bei der Stadt Moers über Wohneigentum in jeder Form, es werde „alles gekauft und alles bezahlt“. Vorbei! Jetzt ist vom „Einbruch des Marktes“ und einem „historischen Tief“ bei den Immobilienverkäufen die Rede.
So registrierte die Stadt Moers 2022 ein Minus von rund 14 Prozent bei den Grundstücks- und Immobiliengeschäften. Weniger waren es nur 1981, dem Gründungsjahr des Gutachterausschusses, der jeden „Kauffall“ festhält.
Was das Ausmaß dieses „Einbruchs“ angeht, liefern diejenigen ein anschauliches Indiz, die Wohngebäude vermitteln. Beispiel gebrauchte Immobilien: „Wenn ich vor gut einem Jahr ein Haus in die Vermarktung gegeben habe, hatte ich binnen 15 Minuten 100 Anrufe von Interessenten“, berichtet Daniela Awater-Wilmsen, Gebietsleiterin der LBS für die Bereiche Moers, Kleve und Xanten. Veröffentlicht Awater-Wilmsen jetzt ein Angebot, melden sich drei oder vier Anrufer.
Bei der Volksbank Niederrhein Immobilien GmbH macht man dieselbe Erfahrung. Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien sei mit den Zinserhöhungen zurückgegangen und in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres eingebrochen, sagt der Moerser Gebietsleiter Sebastian Lemke. Seit dem vierten Quartal liege sie „nahe Null“. Unterm Strich kletterten die Kreditzinsen von 1 auf mehr als 4 Prozent.
Kosten gleichbleibend hoch, Belastung für Käufer in Relation sehr viel höher
Am stärksten mache sich die Stagnation beim Neubau bemerkbar, so Sebastian Lemke. Die Kosten für Baustoffe, Handwerker und Energie seien gleichbleibend hoch, die Belastung der Käufer aber in der Relation sehr viel höher. Nicht zuletzt durch die Zinsen, wie LBS-Expertin Daniela Awater-Wilmsen deutlich macht: Wer vor einem Jahr 300.000 Euro aufnahm, zahlte bei 1 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung monatlich 750 Euro. Heute werden für einen Kredit in derselben Höhe bei 4 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung 1500 Euro fällig. Die aktuelle Faustregel laute: Pro 100.000 Euro sind Finanzierungskosten von 500 bis 550 Euro zu kalkulieren, so Awater-Wilmsen. Mancher Erwerber reduziere seine Ansprüche, schaue statt nach dem frei stehenden Einfamilienhaus nach einem Reihenhaus. Die Eigentumswohnung dürfe jetzt schon mal drei statt vier Zimmer haben.
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Dass man auch beim Verkauf von Bestandsimmobilien unter diesen Bedingungen kaum die Preise der vergangenen „fetten“ Jahre durchsetzen kann, kommt bei vielen Eigentümern nur langsam an; diese Erfahrung machen Volksbank und LBS gleichermaßen. Dennoch gebe es Eigentümer, die mit dem Geschäft nicht warten wollen oder können, so dass die Preise in diesem Segment laut Volksbank binnen zwölf Monaten im Durchschnitt um 20 bis 30 Prozent gesunken seien.
Von all diesen Veränderungen spüren die Immobilien-Vermittler übrigens bei den „Objekten im gehobenen Segment“ wenig. Deren Käufer, so heißt es bei der Volksbank, „entscheiden häufig unabhängig vom Zinsniveau“.
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