Kamp-Lintfort. Das ist soviel mehr als Marsch und Polka. Trotzdem: Der Musikzug Kamp-Lintfort fürchtet um seinen Fortbestand. Das hat gleich mehrere Gründe.

Die schwierige Coronazeit, die viele Vereine ruiniert hat, hat der Musikzug Kamp-Lintfort überstanden. Aber so langsam geht der Gruppe die Puste aus, fürchtet der Vorstand. Das hat nicht zuletzt auch damit zu tun, glaubt man dort, dass der Musikzug Kamp-Lintfort mal wieder seine Vereinsräume wechseln musste. Dabei sind die „Kellerkinder“ nicht verwöhnt. Angefangen hat es im Keller der Ebertschule. „Den haben wir trockengelegt, restauriert und es gemütlich gemacht.“, sagt Andreas Brendle, Pressesprecher des Vereins.

Dann kam die Kündigung. Die Ebertschule brauchte die Räume selbst. Sechs Jahre waren die Bläser dann im Keller des Diesterwegforums untergebracht. Da soll nun die Mensa der neuen Grundschule hin, die bald das Gebäude bezieht. „So scheint es nun fast Tradition zu werden, dass der Musikzug jeweils nach ein paar Jahren, wenn die Stadt die Räumlichkeiten anderweitig benötigt, wieder die Schule wechseln muss und jedes Mal wieder im Keller seine neue Bleibe findet“, teilt der Verein mit.

Die ewigen „Kellerkinder“

Jetzt also geht es in den Keller der ehemaligen Hauptschule am Niersenberg. Und auch das wird wieder nur eine Lösung auf Zeit sein. Nach den Sommerferien habe der harte Kern des Vereins angefangen, die Räumlichkeiten herzurichten und den Umzug über die Bühne gehen zu lassen. Nach dem nunmehr dritten Umzug fürchten allerdings die Musiker, unauffindbar zu werden für mögliche Interessenten. Und die braucht es dringend. „Der Verein hat 40 Mitglieder, aber davon sind mal gerade noch 18 aktive Musiker“, berichtet Brendle. Gerade Ältere haben in den letzten Jahren aufgeben müssen. „Blasen und Laufen ist eben anstrengend“, erklärt der Pressesprecher.

Auch beim Marsch der Fördergemeinschaft für Bergbautradition am 1. Advent war der Musikzug Kamp-Lintfort dabei.
Auch beim Marsch der Fördergemeinschaft für Bergbautradition am 1. Advent war der Musikzug Kamp-Lintfort dabei. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Mehr als Marsch und Polka

Gleichzeitig herrscht Ebbe in der Kasse. Denn der Musikzug finanziert sich über Auftritte bei Schützenfesten, an St. Martin etc. Da war nicht viel in den letzten zwei Jahren. Die Standortwechsel kosteten Geld, die Instrumente und Noten auch. Und in die will der Verein investieren. In moderne Noten vor allem. „Klar, spielen wir auch Märsche und Polka. Das ist ja bei manchen Anlässen durchaus gewünscht. Aber um für jüngere Mitglieder attraktiv zu sein, spielen wir eben auch Helene Fischer, Alvaro Soler, die Toten Hosen oder auch Stücke aus Musicals wie „Flashdance“ oder „König der Löwen““, berichtet Brendle. „Von den Märschen leben wir, und die modernen Stücke brauchen wir. Nur so können wir uns für die Zukunft breiter aufstellen und bekannter werden, um so auch für junge Leute einen Anreiz zu bieten, die Komfortzone von PC, Playstation, Internet und Sofa zu verlassen“, erklärt der erste Vorsitzende Achim Pogoda.

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Wobei sich da ein neues Dilemma auftut, sollten nun Kamp-Lintforter Jugendliche dem Musikzug die Türen einrennen wollen. Denn eigentlich sind die Räumlichkeiten am Niersenberg viel zu klein. Wenn alle Musiker bei den Proben anwesend wären, würde es schon jetzt sehr eng werden. Das wäre aber das kleinste Problem, findet Brendle. „Da aber durch Corona, Krankheit, Arbeit nicht immer alle anwesend sind, reicht der Platz zwar aus, man ist aber weder für Terminanfragen, als auch zum Einstudieren neuer Musikstücke spielfähig“, sagt der Pressesprecher.

Für dieses Dilemma muss es eine Lösung geben

Also brauche der Musikzug mehr Instrumentalisten, um Spielterminanfragen bedienen zu können und das Fehlen der kranken und anderweitig verhinderten Mitspieler ausgleichen zu können. Außerdem: Blasmusik braucht nun einmal ein gewissen Klangkörper, um zu wirken. „Wenn wir für dieses Dilemma keine Lösung finden und die Mitgliederzahl sich ebenso nicht erhöht, wird es den Musikzug in seiner bisherigen Konstellation und Funktion nicht mehr lange geben“, fürchtet der erste Vorsitzende.

Der Musikzug sei immer noch ein schöner bunter Haufen verschiedener Charaktere, die jede Menge Spaß miteinander haben können. Es werde auch nicht nur musiziert und Neues eingeübt, bis die Mundstücke glühen. Viel Wert lege der Musikzug auch auf Geselligkeit und gemeinsame Freizeitaktivitäten. Hier seien etwa Schiffstouren auf dem Ijsselmeer, Grillabende oder Sommerfeste sowie regelmäßige „Frauenstammtische“ oder das Martinsgansessen erwähnt.

>>> INFO

Wer bereits ein Instrument spielen kann, ist herzlich willkommen. Gleichzeitig bietet der Musikzug an, Interessenten an den Blasinstrumenten auszubilden. Folgende Instrumente sind im Angebot: Tenorhorn, Posaune, Bass, rhythmische Schlaginstrumente (Perkussion), Klarinette, Bariton, Flügelhorn, Trompete und Saxophon. Der neue Standort: ehemalige Hauptschule am Niersenberg,Wiesenbruchstraße 80. Im Internet gibt es mehr Infos unter: www.musikzugkamplintfort.de