Kamp-Lintfort. Zehn Jahre hat Lutz Malonek gegen die Giftmülldeponie am Eyller Berg gekämpft. Zum Jahresende schließt die Deponie. Zeit, Bilanz zu ziehen.

Wenn Lutz Malonek aus dem Dachfenster schaut, hat er den Berg immer im Blick. „Heute ist er so hoch wie nie zuvor, trotz aller Versprechen“, sagt der ehemalige Kraftfahrzeugmeister. Auch wenn er weiß, dass die Giftmülldeponie zum Jahresende geschlossen wird – kalt lässt ihn der Anblick immer noch nicht. Seit zehn Jahren kämpft er als Vorsitzender der „IG Endlager Mensch“ gegen die Deponie am Eyller Berg. Am 17. Dezember, zwei Wochen vor der Schließung, feiert er 80. Geburtstag. Ein guter Zeitpunkt, um zur Ruhe zu kommen, sagt Malonek. Trotzdem will er gerade jetzt noch einmal genau hinschauen und mit dafür sorgen, „dass die Deponie auch wirklich vergleichskonform geschlossen wird“.

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Initiative macht Druck

„Fange nie an, aufzuhören. Höre nie auf, anzufangen.“ Dieses Zitat von Marcus Tullius Cicero habe ihn inspiriert und ihm die Kraft gegeben, sich zu wehren und bis ins hohe Alter durchzuhalten, sagt Malonek. Trotz aller Energie, die der 79-Jährige ausstrahlt, haben zehn Jahre Dauerstreit an der Kraft gezehrt.

Eine Demo am 10. November 2012 in der Kamp-Lintforter City: Vorne am Mikro Pastor Karl Rieger, rechts dahinter Lutz Malonek.l
Eine Demo am 10. November 2012 in der Kamp-Lintforter City: Vorne am Mikro Pastor Karl Rieger, rechts dahinter Lutz Malonek.l © WAZ FotoPool | Markus Joosten

„Eyller Berg: Bleiwert ist viel zu hoch“ titelt diese Zeitung am 1. September 2011. Ein Jahr später, nach dem Krebstod eines Nachbarn, beschließen Malonek und weitere Mitstreiter, darunter der Moerser Künstler Pit Bohne, sich als „Interessengemeinschaft Endlager Mensch“ für die Gesundheit der Menschen rund um den Eyller Berg einzusetzen. Auch wenn nie der Nachweis erbracht wurde, dass die Giftmülldeponie verantwortlich für diese erhöhten Schwermetallwerte war – „der Kampf hat sich gelohnt, wir haben viel erreicht,“ sagt Malonek heute. „Wir sind als IG Endlager Mensch nicht ganz unbeteiligt am ersten Vergleich mit der Eyller- Berg Abfallbeseitigungsgesellschaft. Der Druck unserer Initiative hat mit dazu beigetragen.“

Sternmarsch zum Landtag

Schnell sind 2012 viele Kamp-Lintforter bereit, den Kampf zu unterstützen. Die „Stille Demo“, eine Skulptureninstallation von Pit Bohne, wird am Fuße des Berges aufgebaut, es gibt Kundgebungen in der Stadt, Unterschriftensammlungen und einen Sternmarsch, bei dem ein mannshohes schwarzes Kreuz vom Eyller Berg durch mehrere Städte am Wohnort des Betreibers der Deponie vorbei bis zum Landtag getragen wird.

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Längst sind die Medien aufmerksam auf den Kamp-Lintforter Protest geworden, in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium und der Stadt Kamp-Lintfort wird eine Krebs-Studie für die Anwohnerinnen und Anwohner des Eyller Bergs auf den Weg gebracht. „Die Studie erbrachte eine 29 Prozent höhere Krebshäufigkeit bei Frauen in der Kernregion Eyller Berg, aber einen Zusammenhang zwischen Deponie und Erkrankungen konnten wir damit nicht nachweisen,“ sagt Malonek.

Einmal wird er von den Betreibern der Deponie vor dem Landgericht wegen Verleumdung verklagt, muss 1300 Euro Strafe zahlen. „Viele haben damals nach der Verurteilung Angst bekommen. Aber ich kenne kein Aufgeben. Auch aus Niederlagen Kraft zu schöpfen, das habe ich auf der Zeche gelernt.“ Gelernt habe er in diesen zehn Jahren aber auch, dass man mitunter Kompromisse eingehen müsse.

Hilfe beim Kampf gegen Kies

Zu Hochzeiten zählte die IG Endlager Mensch rund 100 Mitglieder, über die Jahre ist die Zahl deutlich geschrumpft. Eines will Malonek noch erreichen, bevor die Deponie zum 31. Dezember schließt: „Berghöhe und Messstationen passen nicht mehr zusammen. Wir wollen, dass Staub, Boden und Grundwasser mit Bioanalytik durch ein neutrales Labor untersucht werden.“ Vor einigen Jahren ist er in die SPD eingetreten. „Die SPD wie auch die gesamte Stadtspitze samt Bürgermeister stand immer hinter uns“, so Malonek, der heute als sachkundiger Bürger für die SPD im Umweltausschuss sitzt.

Wenn die Deponie zumache, werde sich die IG Endlager Mensch wohl auflösen, sagt der 79-Jährige: „Jetzt hat meine Frau Vorrang, der Eyller Berg muss ein bisschen zurückstecken.“ Das verbliebene Geld aus der Vereinskasse möchte er in Absprache mit den anderen Mitgliedern dann dem Kampf gegen weiteren Kiesabbau in Kamp-Lintfort spenden. Beim Kampf David gegen Goliath kennt Lutz Malonek sich schließlich bestens aus....