Moers. Der Mann kennt die Enni und er kennt den Niederrhein: Gute Voraussetzungen für weitere Erfolgsgeschichten. Stefan Krämer im NRZ-Interview.
Im September wurde der Vertrag von Stefan Krämer mit der Enni vorzeitig verlängert. Er bleibt bis mindestens 2027 Vorsitzender der Geschäftsführung – und hat mit dem Moerser Dienstleister viel vor. Was genau, darüber hat er mit Matthias Alfringhaus (NRZ) gesprochen.
Fossile Energie wird immer teurer und knapper. Wie wichtig sind Wind und Sonne?
Stefan Krämer: Wir sind seit über zehn Jahren mit erneuerbaren Energien unterwegs, haben über 60 Millionen Euro in Projekte investiert und nahezu alle Technologien der regenerativen Erzeugung installiert. Da werden wir weitermachen, wir verstehen uns als Treiber der Energiewende am Niederrhein. Ich erwarte einen Mega-Boom bei der Photovoltaik. Strom lässt sich so für vier bis fünf Cent pro Kilowattstunde gewinnen, der heutige Marktpreis liegt etwa doppelt so hoch. Das macht diese Anlagen noch wirtschaftlicher und unabhängig von Förderungen.
Es geht also um neue Solarparks in der Region?
Tatsache ist, dass wir in den kommenden Jahren bis zu fünf weitere, große Solarparks in Moers, Neukirchen-Vluyn, Alpen, Rheinberg und Sonsbeck installieren möchten. Die Planungen laufen, wir wissen allerdings nicht, ob alle Projekte realisiert werden können. Fakt ist aber: Bei heutigen Strommarktpreisen lohnt es sich, neue Parks auch ohne die Einspeisevergütung in Betrieb zu nehmen. Das ist der Einstieg in eine neue Welt. Hierdurch kommen auch ganz neue Standorte für solche Projekte in Frage.
Und wenn jemand auf seinem Hausdach Photovoltaik installieren möchte?
Dann bieten wir Contracting-Modelle an. So installieren wir jetzt schon rund 100 Anlagen pro Jahr. Das bauen wir noch aus. Wir stellen kurzfristig zwei neue Mitarbeiter ein, einen für die privaten Photovoltaik-Verträge, einen anderen für Elektromobilität.
Was ist mit Energie aus Wind?
Das ist zurzeit äußerst schwierig. Es gibt enge Vorgaben zu den Abständen zur Bebauung und viele bebaute Flächen. Ich setze darauf, dass eine neue Bundesregierung andere Vorgaben für Windenergie schafft. Für neue Windparks haben wir zurzeit keine Fläche in Planung, planen aber, uns an einem bestehenden Windpark im Kreis Wesel zu beteiligen und einen Park komplett zu kaufen. Um welche Parks es sich handelt, kann ich jetzt noch nicht sagen, die Gespräche laufen noch.
Wie entwickelt sich die Enni in anderen Unternehmensbereichen?
Wir übernehmen demnächst die Straßenreinigung für eine weitere Kommune am Niederrhein. Die Gelsenwasser AG möchte ihre Anteile an der Enni von zurzeit sechs Prozent aufstocken. Im Gegenzug bekommen wir Beteiligungen an zwei Gelsenwasser-Beteiligungen. Das ist erneut ein großer Wachstumsschritt in die Region.
Für Expansion braucht man neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter...
Nicht nur das. In den kommenden zehn Jahren verlassen etwa 35 Prozent der Belegschaft altersbedingt das Unternehmen. Wir müssen als Arbeitgeber attraktiv sein. Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, ist heute eine große Aufgabe, auf Stellenausschreibungen kommen nicht mehr so viele Bewerbungen wie noch vor ein paar Jahren. Auf der anderen Seite wachsen wir bundesweit, haben spannende Projekte und bieten sichere Arbeitsplätze. Das spricht sich herum, wir haben auch Initiativbewerbungen von Menschen, die einfach gern bei uns mitarbeiten möchten und die Enni-Gruppe als spannendes Projekt sehen.
In Moers müssen die Kanäle in der Innenstadt saniert werden. Wie ist der Zeitplan?
Es ist eines unserer großen Ziele, die Infrastruktur in Moers zu sanieren – auch der Kanäle der Innenstadt. Wir starten im 2. Quartal 2022 in einem Teilbereich mit der Sanierung im Inline-Verfahren, bei dem das alte Rohr mit einer speziellen Technik eine Innenhaut erhält, es gibt also kaum Erdarbeiten. Das wird uns etwa ein Jahr beschäftigen. Im kommenden Frühjahr soll auch die Vergabe der Planungen für die komplette Sanierung samt Tiefbau erfolgen. Nach Abschluss der Planungen suchen wir dann mit einem EU-weiten Ausschreibungsverfahren einen Generalunternehmer für die Arbeiten, die Anfang 2024 beginnen sollen. Uns ist dabei wichtig, dass wir dabei nicht nur Leitungen und Rohre austauschen; wir wollen vor allem eine digitale, grüne und moderne Innenstadt in Moers schaffen.
Wann wird in Moers die Nachtabschaltung durch dimmbare Leuchten abgelöst?
Bereits jetzt haben wir in 1,5 Jahren 1000 von 7000 Leuchten ausgetauscht, die Arbeiten gehen auch hier weiter. Wir gehen davon aus, dass wir ab Mitte kommenden Jahres die ersten Straßen auf dimmbare Leuchten umstellen können, wenn dazu ein Ratsbeschluss vorliegt. Wir können dabei einzelne Straßen umstellen, aber nicht ganze Stadtteile.
Stefan Krämer, geboren 1964 in Marburg an der Lahn, ist seit 2003 bei der Enni in Moers. 2019 übernahm er neben der Geschäftsführung bei der Energietochter auch den Vorstandsvorsitz in der Muttergesellschaft der Enni-Gruppe von Hans-Gerhard Rötters. Krämer setzt konsequent auf erneuerbare Energien. In der Region entstanden zum Beispiel die Windparks Kohlenhuck und Repelen im Moerser Norden, das Biomasse-HKW am Eurotec und Solarparks in Moers und Neukirchen-Vluyn. Über ein bundesweit tätiges Vertriebsnetz akquiriert die Enni seit diesem Sommer bundesweit neue Kundinnen und Kunden. Im September hat die Unternehmensgruppe die neue Zentrale am Jostenhof bezogen. Erstmals sind hier alle Unternehmensteile unter einem Dach.