Moers. In den letzten Jahren sind in Moers etliche Sozialwohnungen entstanden, mehr als 100 folgen. Doch insgesamt ist der Bestand drastisch gesunken.

Mehr als hundert Sozialwohnungen werden in Moers in diesem Jahr und den folgenden drei Jahren bezugsfertig. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Der Bestand an Sozialwohnungen in der Grafenstadt sinkt seit Jahren – und wird trotz der Neubauten weiter abnehmen. Das geht aus der Antwort der Stadt auf eine Anfrage der Fraktion „Linke Liste“ hervor.

Die Ratsfraktion wollte von der Stadtverwaltung wissen, wie viele Wohnungen im Rahmen von Sozialförderprogrammen errichtet und wie viele in den letzten Jahren aus der sogenannten Sozialbindung herausgefallen sind und in den nächsten Jahren noch herausfallen werden. „Erschütternd“ nennt Wolfgang Klinger, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion, das Ergebnis. Von 2015 bis 2021 ist die Schaffung von Sozialwohnungen in nur acht Gebäuden mit insgesamt 157 Wohneinheiten in Moers gefördert worden.

Mit dem Umbau des ehemaligen Rathauses Moers-Utfort entstanden in dem Neubau etliche Sozialwohnungen.
Mit dem Umbau des ehemaligen Rathauses Moers-Utfort entstanden in dem Neubau etliche Sozialwohnungen. © FUNKE Foto Services | ArchivFoto: Ulla Michels

Immerhin kann damit der Verlust ausgeglichen werden. Seit 2015 endete die Eigenschaft „öffentlich gefördert“ bei insgesamt 130 Wohneinheiten in Moers. Allerdings laufen bei weiteren 257 Wohnungen die Bindungen innerhalb der nächsten fünf Jahre aus. Deutlicher wird der Rückgang, wenn man weiter zurückblickt. Ende 2006 hatte die Grafenstadt 4640 Sozialwohnungen. Vor sieben Monaten lag der Gesamtbestand bei 1861 – das ist ein Minus von 60 Prozent.

Besonderheit Bergarbeiterwohnungen

Nun weist die Stadt in ihrer Antwort an die Linke Liste auf eine Besonderheit beim Wohnungsbestand hin. Da Moers Bergbaugebiet war, wurden früher viele Mietwohnungen aus Mitteln des Treuhandvermögens für den Bergarbeiterwohnungsbau gefördert. Sie waren und sind bis heute zweckgebunden für den Personenkreis der Bergarbeiter und deren Ehepartner. Gleichzeitig unterliegen sie einer Mietpreisbindung, vergleichbar mit den Wohnungen, die mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert werden.

Mit der Einstellung der Kohleförderung ist der berechtigte Personenkreis immer kleiner geworden, so dass diese Wohnungen inzwischen auch anderen Haushalten mit geringem Einkommen zur Verfügung stehen. Ende 2015 gab es 2587 solcher „Bergarbeiterwohnungen“, aber: Bei jeder vierten ist die öffentliche Bindung seitdem ausgelaufen, bei weiteren 475 Einheiten endet sie innerhalb der nächsten fünf Jahre, heißt es in der Antwort.

276 Haushalte stehen auf der Warteliste der Stadt Moers

Dagegen steht der Bedarf an Sozialwohnungen. 276 berechtigte Haushalte stehen auf einer Warteliste, berichtet Rathaussprecher Klaus Janczyk auf Anfrage. Die Hälfte davon sind Singles, die andere Hälfte Familien, viele mit Nachwuchs, in der Spitze mit sechs Kindern. Einfluss zu nehmen auf die Errichtung von Sozialwohnungen sei für die Stadt schwierig, es sei denn, sie ist Eigentümerin des Grundstücks, das bebaut werden soll, sagt Janzyk und nennt als Beispiel dafür das Gelände der früheren Justus-von-Liebig-Schule. Das Areal an der Ernst-Holla-Straße hat die Stadt an einen Investor verkauft, der bereit war, 93 der mehr als 100 neuen Wohneinheiten mit Sozialbindung zu bauen, fertig in einem Zeitraum von drei bis vier Jahren. Der Kaltmietpreis wird 5,80 Euro pro Quadratmeter betragen.

Wenig ausrichten kann die Stadt dagegen, wenn ein Grundstück aus privater Hand an einen Bauherrn veräußert wird. Beispiel Uerdinger Straße: Gegenüber vom „Kleinen Reichstag“ entsteht derzeit ein Gebäude mit einer Gewerbefläche und 21 Wohnungen, vom Investor Oranje Immobilien geplant als Sozialwohnungen. „Aber die Baupreise steigen und steigen, die Miete bleibt dieselbe“, sagt Geschäftsführer Mark van Erp auf Anfrage. Wirtschaftlich sei das nicht mehr darstellbar. Konsequenz: Van Erp hat den Förderantrag zurückgezogen.