Neukirchen-Vluyn. Kerrygold will in Neukirchen-Vluyn wachsen. Ein Grundstück ist gekauft, nun müsste eine Straße privatisiert werden. Die Anwohner äußern Bedenken.

Seit August 2007 betreibt Kerrygold seinen einzigen Deutschland-Standort in Neukirchen-Vluyn. Damit gehört das für seine Butter- und Käseprodukte bekannte Unternehmen aus Irland mittlerweile eine feste wirtschaftliche Größe in der Stadt. Damit das in Zukunft so bleibt, strebt die Firma umfassende Investitionen an. Ein erster Schritt ist schon getan.

Dass die Entscheidung für das Gewerbegebiet Genend von Erfolg gekrönt war, belegen die Zahlen, die das Unternehmen in der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses präsentierte: Seinen Umsatz konnte es von 151 Millionen Euro im Jahr 2007 auf 683 Millionen Euro im Jahr 2020 steigern. Auch die Mitarbeiterzahl wuchs rasant: Waren es beim Einzug noch 85, sind es mittlerweile 254.

Bis zu 80 neue Arbeitsplätze in Neukirchen-Vluyn

„Wir wollen am Standort Neukirchen-Vluyn weiter wachsen, Arbeitsplätze schaffen und investieren“, schildert Thomas Wilberg, Mitglied der Geschäftsführung. In einem ersten Schritt will das Unternehmen auf dem südlichen Teil des bisherigen Firmengeländes ein für circa 15 Millionen Euro ein Hochregallager errichten. Dadurch könnten bis zu 20 neue Arbeitsstellen entstehen. Auch ein Ausbau der Produktions- und Lagerstätte, der weitere 50 bis 60 Arbeitsplätze schaffen würde, sei laut Wilberg notwendig: „Dafür brauchen wir Platz.“ Diesen hat sich Kerrygold mit dem Kauf eines knapp 55.000 m² großen Grundstücks, das östlich an das Firmengelände angrenzt, bereits Ende 2020 gesichert.

Jedoch kann das Unternehmen dank einer Klausel vom Deal Abstand zu nehmen, falls der geplante Kauf des Eickhauswegs (wir berichteten vergangenen September), der die Grundstücke trennt, scheitern sollte. Um an deutsche Supermärkte verkaufen zu können, muss Kerrygold eine Zertifizierung nach internationalem Lebensmittelstandard (IFS) vorweisen. Dieser erfordert ein abgeschlossenes Grundstück.

Anwohner von Eickhausweg und Repelener Straße äußern starke Bedenken

Da mit dem Eickhausweg eine Durchfahrtsstraße wegfallen würde, müsste eine alternative Wegeführung her. Auch hierfür präsentierte Kerrygold verschiedene Ansätze. Die erste Variante sieht vor, den Fuß- und Radverkehr an den schon vorhandenen Weg auf der südlichen Seite der Grafschafter Straße anzubinden. Alternativ könne auch ein neuer Fuß- und Radweg am Rande des Firmengeländes geschaffen werden, der an den Kreisverkehr an der James-Watt-Straße anknüpft. Letzteres sei aus Sicht einer Anwohnerin für Kinder der sicherste und komfortabelste Weg.

Einen landwirtschaftlichen Weg für die örtlichen Bauern könne es ebenfalls aus Zertifizierungsgründen laut Kerrygold nicht geben. Dieser Verkehr müsse dann über die parallel zum Eickhausweg verlaufende Repelener Straße abgeführt werden. Deren Anwohner finden diesen Plan „alles andere als witzig“, gerade in Anbetracht dessen, dass sie nicht informiert worden seien.

Anwohner: Wendekreis könnte Mülltourismus in Genend weiter verstärken

Bedenken haben die Nachbarn des Firmengeländes ebenfalls bei der als sicher geltenden Errichtung eines Wendekreises für größere Fahrzeuge. Sie befürchten, dass sich der Mülltourismus, der ohnehin schon stark ausgeprägt sei, weiter intensivieren könnte. Spät abends und früh morgens können die Anwohner regelmäßig die quietschende Reifen hören, wenn mal wieder wilder Müll in Gärten oder über die Brücke geworfen wurde.

“Bei unserer jährlichen Reinigungsaktion haben wir schon Kühlschränke, Herde, Benzinkanister oder Präservative gefunden“, erklärt eine der Anwohnerinnen auf NRZ-Nachfrage. Der Wendekreis, so befürchtet sie, könnte Fluchtweg und -zeit noch einmal verkürzen. Allerdings räumt sie ein, dass das hohe Müllaufkommen nicht in der Macht von Kerrygold liege und der Wunsch nach einem Wendekreis aus betriebswirtschaftlicher Sicht „absolut verständlich“ sei.

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Auch die Parteien des Stadtentwicklungsausschusses reagierten mit gemischten Gefühlen auf die Pläne. Zwar waren sich alle einig, dass eine Expansion auch durch die vielen neuen Arbeitsplätze positiv für Neukirchen-Vluyn sei. Jedoch kam, vor allem von Seiten der SPD, die Forderung nach weitgehender Öffentlichkeitsbeteiligung: „Ein Dialog mit den Anwohnern ist zwingend.“