Kamp-Lintfort. Im SCI-Jugencafé und im KaLiber ist es still. Corona macht das Leben Jugendlicher gleichzeitig anstrengend. Sozialarbeiter suchen nach Lösungen.
In den Jugendzentren wartet man sehnlichst auf den Neustart nach dem Lockdown. Angebote finden, wenn überhaupt, nur noch online statt. Und der Beratungsbedarf von Jugendlichen in schwierigen sozialen Verhältnissen steige deutlich, wie Milan Djuric vom SCI-Jugendcafé an der Moerser Straße 265b weiß. Mittlerweile leide so mancher Jugendliche unter Depressionen, sagt Djuric.
Beim Jugendkulturverein Ka-Liber, der im Alten Rathaus an der Moerser Straße ein Jugendzentrum unterhält, versucht man mit online-Aktionen, den Kindern und Jugendlichen über die schwere Coronazeit zu helfen.
Einzelberatung im Keller
Das SCI-Jugendcafé in der Altsiedlung ist zwar geschlossen: „Aber im Keller gibt es Einzelberatungen unter Einhaltung der Hygieneregeln. Da geht es um Dinge wie Bafög oder Kindergeld, aber auch um Probleme mit der Familie, weil man in beengten Verhältnissen lebt“, schildert Leiter Milan Djuric. Mit dem SCI-Bus fahre man außerdem zu den Plätzen der Jugendlichen in der Stadt. „Sie treffen sich teilweise draußen, weil sie sonst nicht wissen, wohin.“ Bei einem Kaffee könnten die Jugendlichen im Bus ihr Herz ausschütten. „Corona verstärkt die Probleme in sozial benachteiligten Familien noch zusätzlich.“
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Das SCI-Jugendcafé unterhält auch eine WhatsApp-Gruppe. „Wir halten damit Kontakt zu rund 40 jungen Leuten, aber wir sind auch telefonisch für alle erreichbar“, sagt der Leiter. Geplant seien für die nahe
Zukunft beispielsweise der Bau einer Hütte auf dem Hof sowie ein Angebot für junge Geflüchtete zusammen mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband. Neben Kids und jungen Erwachsenen besuchten vor allem 15- bis 18-Jährige das Café. „Ihr seelischer Zustand ist zurzeit furchtbar“, erklärt Djuric. „Sie hängen zuhause ‘rum, suchen sich Plätze irgendwo draußen. Und viele wollen nicht mehr raus , haben keinen Bock mehr auf Schule oder leiden unter Existenzängsten durch das Home-Schooling.“
Nicht mal Billard oder Kickern geht
Die jungen Leute könnten ja auch keinen Dampf mehr ablassen. Beispielsweise sei die Kampf-Bewegungsschule, mit der man zusammenarbeite, geschlossen. „Das Street-Dancing ist gestrichen und selbst Billard oder Kicker im Café gibt es ja nicht mehr.“ Sämtliche sozialen Kontakte der jungen Leute untereinander kämen zu kurz. „Sie wollen sich ja auch treffen, Händchen halten… Das alles geht jetzt offiziell nicht mehr im geschützten Raum.“ Viele suchten sich daher irgendwelche anderen Treffpunkte in der Stadt.
Makramee via Internet
Auch Nina Dahlem-Engelskirchen, Geschäftsführerin beim Jugendkulturverein KaLiber, wartet mit ihrem Team aus Jugendlichen auf den Neustart. Im Alten Rathaus betreut man Zwölf- bis 19-Jährige sowie junge Erwachsene. Das offene Café, wo sich allein schon sieben Tanzgruppen treffen, sei geschlossen. Viele kleinere Projekte wie Basteleien fielen flach. „Neulich haben wir gemeinsam im Internet Makramee-Arbeiten gefertigt“, schildert die Geschäftsführerin derzeitige Notlösungen.
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Gestrichen seien auch beliebte Events wie „Rock im Kaff“ oder die „Halloween-Gruselwanderung“. Die Kinderdisco, an der stets rund 70 Kids teilnehmen, Karaoke-Nachmittage oder Konzerte, die bis zu 130 Jugendliche anziehen, fielen aus. „Und auch die Girls-Days und den Jungen-Fußballtreff gibt’s nicht mehr.“ Nur so geht’s: „Unser Jugendvorstand versucht, mittels Internet und WhatsApp Kontakt mit den anderen zu halten.“ Das Online-Café finde dreimal pro Woche über Zoom statt. „Dabei wurde anfangs viel über Corona gesprochen. Auch das Home-Schooling belastet die Kinder sehr. Man kann sagen, die Jugendlichen sehnen sich genauso wie wir nach einem normalen Alltag“, weiß Nina Dahlem-Engelskirchen. „Sie wollen sich in der Disco treffen, Mottowochen und Abifeten feiern, all die sozialen Erfahrungen machen, die man in dem Alter halt fürs Leben macht.“ Und beispielsweise seien die Studenten der Hochschule ein ganzes Studienjahr nur online unterrichtet worden. Jetzt hoffe man inständig, dass es bald wieder losgehen könne und dass wenigstens der geplante Camping-Urlaub in Holland vom 31. Juli bis 7. August wieder stattfinden dürfe.