Neukirchen-Vluyn. Amtsinhaber Harald Lenßen tritt für die CDU erneut als Bürgermeisterkandidat an. Im Interview sagt er, warum er glaubt, dass er der richtige ist.
Drei Männer wollen das Gleiche: Sie wollen Bürgermeister in der Stadt werden – oder bleiben. NRZ-Redakteurin Sonja Volkmann hat mit dem Amtsinhaber Harald Lenßen gesprochen, der wieder für die CDU antritt.
Das politische Geschehen ist wieder angelaufen. Nach dem Shutdown: Wo sehen Sie gerade das dringlichste Problem in der Stadt?
Dass wir die Dinge aus den vergangenen Jahren, bei denen es politische Entscheidungen gibt, weiterhin mit großem Elan umsetzen. Das sind einige Projekte. Da bin ich auch guter Dinge, dass wir diese – trotz der Corona-Krise, die wir aus meiner Sicht in Neukirchen-Vluyn gut gemanagt haben – alle zur Umsetzung bekommen. Das heißt, Investitionen tätigen. Das ist das wichtige. Dass Arbeit weiter vorgehalten wird und dass wir nicht zu einem Stillstand kommen.
Können Sie die Projekte kurz benennen?
Da ist einmal die Entwicklung der Süd-Ost-Fläche Niederberg zum Kreativ -Quartier. Das ist die zentrale Fußballanlage und die Turnhalle, die wir bauen wollen. Dann gibt es viele kleinere Projekte, die ebenfalls wichtig sind.
Thema Klimaschutz: Die Stadt ist Mitglied in diversen Projekten, Bündnissen, Gruppen, wird ausgezeichnet. Wo sehen Sie die Stadt jetzt und wo in zehn Jahren?
Wir sind auf jeden Fall heute an einem Punkt, an dem ich sagen kann: Wir sind anderen Städten ein Stück weit voraus. Die Auszeichnungen machen uns stolz, glücklich, bestätigen unsere Arbeit und machen Mut für weitere Schritte. Wir sind ausgezeichnet worden zur global nachhaltigen Kommune. Wir sind nominiert für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Wir haben ein klimafreundliches Mobilitätskonzept und ein Klimaschutzkonzept. An den Themen müssen wir weiterarbeiten. Das wesentliche Thema ist die klimafreundliche Mobilität. Da haben wir die meisten Probleme. Wir wollen auf jeden Fall zur fahrradfreundlichen Stadt werden. Wo sind wir in fünf bis zehn Jahren? Dann haben wir einen weiteren Solarpark. Dann haben wir viel mehr Menschen, die mit dem Fahrrad, zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, weil die Menschen überzeugt worden sind, dass Individualverkehr mit dem Auto, mit dem Motorrad zwar nicht wegzudenken ist, aber sie haben sich an die neuen Möglichkeiten der Mobilität gewöhnt.
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Wie gut ist Neukirchen-Vluyn in puncto Radwege ausgestattet und wo muss noch was passieren?
Wir sind recht gut ausgestattet. Aber die Verbindungen zu den Nachbarstädten müssen noch verbessert werden. Das ist ein Teil des Mobilitätskonzeptes. Wir wollen eine schnellere Radwegeverbindung nach Moers haben. Stichwort Niederrheinbahn: Wenn die nicht kommt, muss dieser Weg ausgebaut werden. Und wir wollen schneller nach Krefeld und schneller nach Kamp-Lintfort kommen. Aber dazu sind auch andere Handelnde notwendig, die uns unterstützen.
Stichwort bezahlbarer Wohnraum. Gibt es ausreichend in der Stadt bzw. wo soll weiterer günstiger Wohnraum entstehen?
Wir haben immer noch die Situation in der Stadt, dass bezahlbarer Wohnraum nicht entsprechend gefördert wird, aber in den Wohnbezirken in Vluyn von der Peach Property als Beispiel werden in diesem Jahr etwa hundert Wohnungen fertiggestellt, die bezahlbar sind, die auch gut vermietet werden. Und wir werden in den Wohnquartieren, die neu entstehen, jeweils bezahlbaren Wohnraum einrichten. Ich denke hier an das Neukircher Feld, den Neukirchener Ring, ich denke aber auch an die Drüenstraße. Dort wird überall ein Anteil von mindestens 25 Prozent bezahlbarem Wohnraum entstehen. Also Geschosswohnungsbau mit Wohnungen, die zur Vermietung zur Verfügung stehen.
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Das heißt, das Konzept an der Drüenstraße wird geändert.
Es sieht im Moment so aus, dass das geändert wird. Wir sind in der Phase des Qualifizierens. Es gibt tatsächlich Bewerber, die den Bestand erhalten und die Immobilien sanieren wollen, um diese zu vermieten. Wir werden in den Stadtentwicklungsausschuss gehen und den Vorschlag zu einer neuen Ausschreibung mit Bestandserhalt machen.
Warum halten Sie Neukirchen-Vluyn für liebenswert?
Ich liebe Neukirchen-Vluyn, weil alles da ist, was ich benötige. Ein ruhiges Wohnumfeld. Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, Gastronomie, und vor allen Dingen tolle Netzwerke von Menschen, die sich gegenseitig helfen. Das ist gerade in der Corona-Pandemie-Zeit sehr deutlich geworden. Neukirchen-Vluyn ist gut gelegen, hat eine tolle Infrastruktur. Wir haben von Kita, über Schule bis zum Einkaufen, hin zu Freizeit und Kultur alles zu bieten.
Was ist Ihre Vision für Niederberg?
Ich habe schon ein Gebäudeensemble vor mir. Der Backstein-Dreiklang, der mit Gastronomie und Kultur versehen wird. Daneben oder integriert ein Hotel. Ich sehe Nahversorgung und Wohnungen in kleineren Einheiten. Und ich sehe einen Platz vor dem Backstein-Dreiklang, der eingerahmt ist von den Fördertürmen, wo man sich ab Frühling bis zum Herbst draußen aufhalten kann, Kaffee trinken, Kuchen essen, und abends unterschiedliche Speisen zu sich nehmen kann mit einem tollen Aufenthaltscharakter. Das wird auch so kommen. Das ist mein Ziel. Und alle arbeiten momentan daran, dass das Realität wird.
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Stichwort Sicherheit. Das Innenministerium hat zusätzliches Personal für die Kreispolizeibehörden angekündigt. Hat das Ihrer Meinung nach Auswirkungen auf die Stadt?
Das wird keine Auswirkungen haben. Die Ausweitung des Personals wird nicht auf Kommunen wie Neukirchen-Vluyn ausstrahlen, sondern das wird mehr Auswirkungen in den Hotspots, in den Großstädten mit den entsprechenden besonderen Aufgaben und Kriminalitätsraten haben. In Neukirchen-Vluyn halten wir über die Einsatzkräfte ein gewisses Niveau. Wichtig ist, dass die Polizei auf der Straße ist. Dass sie, wenn man sie benötigt, schnell da ist. Das hat auch nichts damit zu tun, ob man nachts eine Wache besetzt oder nicht. Das ist ganz gut geregelt worden über den Kreis. Und das ist den politischen Vertretern in Neukirchen-Vluyn sehr deutlich gemacht worden. Das war überzeugend.
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Wo sehen Sie Neukirchen-Vluyn im Jahr 2040?
Neukirchen-Vluyn wird knapp 30.000 Einwohner haben, wird bestimmt tausend sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr haben. Neukirchen-Vluyn ist fahrradfreundlich und bietet den Bürgerinnen und Bürgern ein hohes Freizeitvergnügen. Der Haushalt ist wieder ausgeglichen, nachdem das Haushaltssicherungskonzept trotz Corona gegriffen hat, weil die Steuerkraft weiter steigt. Insgesamt nicht nur im Bereich der Gewerbesteuer, sondern auch im Bereich der Einkommenssteuer und natürlich bei der Grundsteuer.
Sie gehen davon aus, dass der Haushalt 2024 trotz Corona ausgeglichen sein wird?
Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zum Haushaltsgleich im Jahre 2024. Gleichwohl haben sich die Rahmenbedingungen durch die stark sinkenden Steuereinnahmen in 2020 im Zuge der Corona-Krise erheblich verschlechtert. Das Land hat hier jedoch Rahmenbedingungen geschaffen, die es ermöglichen, zumindest temporär die Corona bedingten Mehraufwendungen und Mindereinnahmen zu isolieren und über 50 Jahre abzuschreiben. Ich gehe davon aus, dass unsere Steuerkraft in 2021 wieder Fahrt aufnimmt.
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Hat die Stadt genug dafür getan, Unternehmen anzulocken?
Die Zahlen sprechen ja für sich. Nicht nur die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist überdurchschnittlich gestiegen. Die Gewerbesteuereinnahmen sind stark gestiegen. Und wir haben namhafte und gute Unternehmen nach Neukirchen-Vluyn geholt. Wir werden auch in diesem Jahr noch zwei Unternehmen ansiedeln, die zukunftsweisende Entwicklungen versprechen.
Wir sprachen vorhin darüber, wie Neukirchen-Vluyn 2040 aussehen wird. Was ist Ihr Beitrag dazu? Warum sollten Sie den Weg als Bürgermeister begleiten?
Die letzten zehn Jahre haben sehr deutlich gemacht, wie sich Neukirchen-Vluyn gewandelt hat. Und das setze ich fort. Mit dem gleichen Einsatz. Mit dem gleichen Mut. Mit dem gleichen Willen. Und da bin ich in guter Gesellschaft mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stadtverwaltung. Alle arbeiten in den unterschiedlichen Funktionen daran, dass Neukirchen-Vluyn diese weiterhin gute Entwicklung nehmen wird. Das muss kontinuierlich fortgesetzt werden. Dann wird das auch funktionieren. Schlecht wäre, wenn man jetzt einen Bruch hätte. Kontinuität hat auch in anderen Städten zu guten Erfolgen geführt. So wird es auch in Neukirchen-Vluyn sein.
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Die Reaktivierung der Niederrheinbahn muss kommen/nicht kommen, weil ….
Wir müssen eine Entscheidung haben, weil wir seit 20 Jahren immer wieder pro und contra diskutieren. Wir werden uns mit dem Thema in den nächsten Wochen intensiv auseinandersetzen. Wir haben den politischen Auftrag, eine Machbarkeitsstudie und wir haben diejenigen, die handeln müssen, am Tisch. Wichtig ist, dass wir die Machbarkeitsstudie jetzt in aktives Handeln umsetzen. Der VRR muss die Wirtschaftlichkeit darstellen. Die Priorität, die diese Bahnlinie im Plan des Verkehrsministeriums hat, muss noch bestätigt werden. Wenn sie es nicht hat, sind neue Entscheidungen treffen. Ob wir dann eine E-Bus-Verbindung auf der Trasse haben oder einen Fahrradschnellweg, wird die Zukunft zeigen.
Ein abschließender Satz: Was ist Ihre Herzensangelegenheit?
Klimafreundliche Stadt Neukirchen-Vluyn und die Entwicklung der Süd-Ost-Fläche Niederberg, weil ich da ein riesengroßes Potenzial für Freizeit, Kultur, Arbeitsplätze und Aufenthaltsqualität sehe.