Am Niederrhein. Die Ökomodellregion Niederrhein kämpft um den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft im Kreis Wesel. Worauf es dabei ankommt.
Jede Veränderung setzt eine innere Überzeugung voraus. Der tiefsitzende Glaube, dass der beschrittene Weg der richtige ist. Aus wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder ideologischer Sicht. Insofern hat es der biologische Anbau gerade schwer. Die wirtschaftliche Stimmung ist schlecht, Kriege und Krisen treiben die Preise in die Höhe und die Endkunden verstärkt in die Discountketten. Diese setzen zwar immer mehr auf Bioprodukte, aber weiterhin nicht in dem Umfang, der landwirtschaftliche Betriebe vermehrt davon überzeugen könnte, ihren Hof auf biologischen Anbau zu trimmen.
Das Land NRW hat das Ziel, 20 Prozent seiner landwirtschaftlichen Fläche bis zum Jahr 2030 auf Ökolandbau umzustellen. Momentan liegt der Anteil bei sechs bis sieben Prozent, am Niederrhein sind es zwei bis drei Prozent. Allerdings: Es tut sich was. Dass das Interesse am ökologischen Anbau durchaus groß ist, zeigte jetzt das Vernetzungstreffen der Ökomodellregion Niederrhein in Kooperation mit der Initiative „NRW kocht mit Bio“ des Landwirtschaftsministeriums.
Wie die Landwirtschaft am Niederrhein ökologischer werden soll
Rund 100 Teilnehmende aus sämtlichen Bereichen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette trafen sich im Lippeschlösschen in Wesel. Biohöfe und -Verbände stellten ihre Produkte vor, Restaurantköche, wie „Überzeugungstäter“ Ulrich Langhoff, Caterer, Landwirte und der Betreiber einer Duisburger Schulmensa erklärten, wie der Umstieg auf Bioprodukte gelingen kann.
Es ist vor allem eine Frage der inneren Haltung. Das wurde schnell klar. Am Anfang brauche es Vorkämpfer, „die den Zug auf die Schiene setzen“, sagte Andreas Fischer vom Mensaverein, der die Schulmensa des Elly-Heuß-Knapp-Gymnasiums in Duisburg betreibt. Landrat Ingo Brohl sprach davon, auch kommunalpolitisch Haltung zu zeigen, „dass man Bio will“.
Allerdings müssen dafür die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Das machte Heinz Jentjens deutlich, der seinen landwirtschaftlichen Betrieb in Uedem bereits 1999 zum Biohof umwandelte. So habe die Kooperation mit einer Bioschlachterei und die Nähe zum Ruhrgebiet mit zahlreichen Biometzgereien für günstige wirtschaftliche Perspektiven gesorgt.
Der Absatzmarkt muss sich vergrößern, damit der Umstieg auch lukrativ wird. Ein Augenmerk wurde bei dem Treffen im Lippeschlösschen daher auf die sogenannte Außer-Haus-Verpflegung gelegt. Catering-Betriebe, Kantinen- und Mensabetreiber tauschten sich mit Biobetrieben und Verbänden wie etwa der Bio-Region-Niederrhein aus, die derzeit 34 Betriebe vertritt. Wertschöpfungskettenmanagerin Mareike Jarosch umtrieb vor allem die Frage, wie die Strukturen vereinfacht werden können, um den Großküchen den Umstieg zu erleichtern. Dazu gehörte auch die Frage, wie das Gemüse verarbeitet werden muss, bevor es in den Küchen eingesetzt werden kann.
Die Ökomodellregionen
Mit dem Konzept der Ökomodellregionen möchte das Land NRW den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft vorantreiben. Dabei soll die gesamte Wertschöpfungskette einbezogen und gestärkt werden – von Anbau und Zucht, über die Verarbeitung, bis zum Handel und den Verbraucherinnen und Verbrauchern als Endkunden. Neben der Ökomodellregion Niederrhein der Kreise Wesel und Kleve gibt es in NRW die Ökomodellregionen Bergisches Rheinland, Kreis Höxter, Minden-Lübbecke und Münsterland. Je nach den jeweiligen regionalen Strukturen und Ressourcen sollen individuelle Projekte entwickelt und Themenschwerpunkte gesetzt werden. Trotz aller Überzeugung und Vorreiterrolle ist es indes noch nicht gelungen, die Weseler Kreiskantine auf Bio umzustellen. Aber: „Wir arbeiten daran“, sagt Kirstin Surmann
Es ist noch ein langer Weg, aber Kirstin Surmann, Managerin der Ökomodellregion Niederrhein, ist zufrieden mit der Entwicklung, seit die gemeinsame Ökomodellregion der Kreise Wesel und Kleve vor rund zwei Jahren an den Start gegangen ist. So habe das Landwirtschaftsministerium noch einmal Geld bereitgestellt, um den Weg weiter zu verfolgen. Auch die Förderung, die der Kreis Wesel im vergangenen Jahr beschlossen hat, um Betrieben den Umstieg zu erleichtern, werde fortgeführt, so Surmann. Bislang gebe es fünf Förderanträge. Außerdem sei ein Kochbuch mit regionalen Rezepten in Planung.
Auch wenn viele Landwirtinnen und Landwirte noch zögerten, die Produktionskosten seien höher und die Erträge etwas niedriger, wachse das Interesse, so Surmann. Ein Beispiel ist der Obst- und Spargelhof Heinen in Wesel, der seinen Spargelanbau auf Bio umstellt und sich im letzten Umsetzungsjahr befindet.
Das wachsende Interesse bestätigt auch Monika Stallknecht von der Entwicklungsagentur Wirtschaft des Kreises Wesel (EAW). Sie möchte zwar noch nicht von einer Aufbruchstimmung sprechen, vernimmt aber immer mehr positive Signale. „Die Landwirte beobachten uns ganz genau“, so die Koordinatorin, die sich für eine Verlängerung der Projektzeit ausspricht. Ursprünglich wird die Ökomodellregion nur für drei Jahre gefördert. Aber eine Fortsetzung der Förderung nach diesen drei Jahren sei aus Sicht der EAW auf jeden Fall sinnvoll, so Stallknecht.