Kreis Wesel. Immer mehr handwerkliche Bäckereien im Kreis haben in den vergangenen Jahren geschlossen. Was dahintersteckt – und eine Prognose.

Das Brötchen vom Bäcker um die Ecke – für viele gehört es zum täglichen Frühstück. Doch könnte das bald der Vergangenheit angehören? Die Bäckerei-Innung Kleve-Wesel vermeldet zwölf geschlossene Mitgliedsbetriebe im Raum Kreis Wesel in den vergangenen zehn Jahren.

Das Bäckerhandwerk kämpft mit Inflation, Energie- und Personalkosten

Aktuell hat der Kreis Wesel 16 bestehende, eigenständige Bäckereien. Leider müssen immer wieder Filialen schließen. Eine große Rolle hat dabei auch die Corona-Pandemie gespielt. „Die Zahl der backenden Betriebe nimmt seit Jahren ab“, sagt Johannes Gerhards, Bäcker-Innungsmeister aus Kamp-Lintfort. Dafür nehme die Zahl der Verkaufsstellen zu. Der Grund: „Die Entwicklung im Bäckerhandwerk geht zu größeren Einheiten. Kleinere Betriebe mit ein bis fünf oder zehn Verkaufsstellen finden keinen Nachfolger und geben ihr Geschäft ab an einen Kollegen“, weiß Gerhards.

Doch was steckt dahinter? „Fakt ist natürlich, dass auch das Bäckerhandwerk von den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Inflation, Energiekosten, Personalkosten oder -mangel, betroffen ist“, erklärt der Bäcker-Innungsmeister. Viele Bäcker zögerten gerade, weil die Übernahme oder Errichtung einer Bäckerei mit Produktion und Verkaufsstellen einen hohen finanziellen Aufwand darstelle. Doch die häufigsten Gründe seien aktuell der Mitarbeiter- beziehungsweise Fachkräftemangel und die „unerträgliche Bürokratisierung“, sagt er. Was heißt das nun perspektivisch für das Bäckerhandwerk?

„Es wird auch in Zukunft handwerkliche Bäckereien geben“

„Es wird auch in Zukunft handwerkliche Bäckereien geben“, beruhigt Gerhards. Die Kunden müssten nicht auf die deutsche Brotkultur verzichten. Auch wenn Bäckereien vielleicht 50 Filialen oder mehr haben, sei es immer noch Handwerk, so der Bäcker-Innungsmeister. Die vielen Schließungen geben Gerhards keinen Grund zur Sorge: „Die Kunden lieben die deutsche Brotkultur mit ihren über 3000 verschiedenen Sorten. Auch ist gerade in den letzten Jahren die Vielfalt und Qualität, nach meiner Meinung, nochmal deutlich gesteigert worden.“ Er findet: „Qualität ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Steigen die Preise, sinkt die Nachfrage. Das würde für die Bäckereien weniger Einnahmen bedeuten und sie könnten ihre hohen Energie- und Personalkosten nicht begleichen – ein Teufelskreis. Die Redaktion wollte daher wissen, ob die Kreis Weseler bereit wären, mehr für ihr tägliches Brötchen zu bezahlen, um ihre Stammbäckerei zu erhalten und hat in den sozialen Netzwerken nachgefragt.

Umfrage im Kreis Wesel: Höhere Preise für Backwaren zahlen?

„Natürlich!“, schreibt eine Instagram-Nutzerin aus Wesel. Das Bäcker-Handwerk sei nicht umsonst ein Meisterberuf, führt sie weiter aus. Diese Meinung teilen wohl nicht alle, denn: „Ich bezahle jetzt schon 42 Cent pro Brötchen. Demnächst gibt‘s nur noch Aufbackbrötchen oder Raufasertapeten mit Rama“, schreibt ein Weseler auf Instagram leicht sarkastisch. Ähnlich sieht es auch eine Nutzerin aus Moers: „Ganz ehrlich, wer soll das alles noch bezahlen, wenn die Löhne nicht höher werden und die Politik nichts macht.“ Sie wirft dieser vor, nur an sich zu denken.

„Die Schmerzgrenze ist schon lange überschritten, besonders bei der miesen Qualität“, findet ein Facebook-Nutzer aus Wesel. „Für den durchschnittlichen Verbraucher stellten die steigenden Preise ebenso eine Herausforderung dar, wie für die Bäckereien“, schreibt eine Instagram-Nutzerin aus Dinslaken. „Für viele Menschen ist dies eine finanzielle Belastung. Wenn die Preise stetig steigen, während aber die Löhne stagnieren, kann dies zu Unsicherheit und Frustration führen. Brot zu Hause backen ist ja auch keine Alternative mehr, wie soll man denn die Grundbedürfnisse decken? Eine komplexe Angelegenheit“, führt sie weiter aus.

Eine weitere Meinung aus Moers: „Sorry, aber ich hole die nur noch in der Bäckerei, wenn es nötig ist. Sonst kaufe ich Aufbackbrötchen oder die bei Aldi, 0,19 Euro.“ Nötig sei es laut dieser Facebook-Nutzerin nur an Sonn- und Feiertagen, wenn die Geschäfte geschlossen sind. Für seinen Lösungsansatz erhält ein Facebook-Nutzer aus Wesel und erhält drei Bestätigungen in Form von einem „Daumen hoch“: „Energiepreise senken, dann werden die Lebensmittel sogar preiswerter.“

Bäckereien stecken in einem Teufelskreis – eine Frage der Zeit

Ob dem Bäckerei-Sterben letztendlich entgegengewirkt werden kann, weiß Bäckereiinhaber Thomas Dams aus Rheinberg: „Eine gute Qualität ist eine Voraussetzung dafür, dass man am Markt bleibt.“ Damit ist er mit Gerhards einer Meinung, jedoch findet Dams, dass diese zu „vernünftigen Preisen“ angeboten werden sollte. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sei wichtig, um sich seine Kunden zu erhalten.

Auf die Frage, ob es in Zukunft weniger Bäckerei-Handwerksbetriebe geben wird, antwortet er: „Ich glaube, dass das so kommen wird.“ Denn letztendlich könnten die Bäckereien aufgrund der hohen Energiekosten die Preise nicht senken, aber man könne versuchen, die Preise nicht zu erhöhen, sagt er. Sein Tipp: „Man kann gucken, wie man das beste für sich herausholt.“ Als Beispiel nennt er innovative Ideen oder auch einen Umbau, um den Kunden stets etwas zu bieten – doch auch das ist wieder mit Kosten verbunden.