Kreis Wesel. Vier neue Mitarbeitende werden in der Weseler Kreisleitstelle zu Notrufdisponenten ausgebildet. Worum es dabei geht und woher sie kommen.
„Ich finde es interessant, die erste am Notruf zu sein“, sagt Mareike Mußog. Sie ist eine von vier neuen Mitarbeitenden und absolviert aktuell in der Kreisleitstelle den Grundlehrgang zur Notrufdisponentin. Das Ziel: Voraussichtlich ab Februar kann sie dann in der Kreisleitstelle der Jülicher Straße telefonisch Notfälle annehmen, Einsätze koordinieren, im Zweifel eine Telefonreanimation anleiten – und so das Team der Kreisleitstelle unterstützen. „In Zeiten des Fachkräftemangels ist es leider keine Selbstverständlichkeit, dass Kreisleitstellen voll besetzt sind“, wird Landrat Ingo Brohl im Zuge der Begrüßung der neuen Kräfte Anfang des Monats zitiert.
„Es fehlen an allen Ecken und Enden Berufsfeuerwehrleute“, bestätigt auch Arno Hoffacker, Leiter der Kreisleitstelle. Diese habe genug Bewerbungen gehabt. Ein Problem allerdings: Natürlich stehe die Leitstelle bei der Suche nach neuen Kräften immer auch in Konkurrenzsituation zu den Berufsfeuerwehren. Denn die vier neuen Kollegen – unter ihnen auch erstmals zwei Kolleginnen – kommen alle aus dem Feuerwehrdienst, aus Dinslaken, Moers und Oberhausen.
Ausbildung zum Notrufdisponenten: Mehrjährige Berufserfahrung vorausgesetzt
Mehrjährige Berufserfahrung ist Voraussetzung, um in der Kreisleitstelle zu arbeiten, so Hoffacker. „Was man am Telefon hört, muss man auch schon mal gesehen haben.“ Die vier neuen Kräfte seien bereits als Notfallsanitäter ausgebildet, „die höchste nichtärztliche Qualifikation im Rettungsdienst“. Bis Ende des Jahres steht nun die Theorie im Vordergrund: Der Ausbildungsplan ist lang, der Stundenplan entsprechend durchgetaktet – das ABC des Notrufs, die Besonderheiten des Kreises Wesel, das technische System, für das und mehr bedarf es der Einführung.
An diesem Tag geht es um den Krankentransport, der ebenfalls in der Leitstelle koordiniert wird. „Ich stelle von Tag zu Tag fest, wie viel zu hinterfragen ist“, gibt Anna Schmidt einen Eindruck der ersten Wochen wieder. Sie hat sich in der Elternzeit beruflich umorientiert, auch ihr Mann ist im Schichtdienst tätig. „Ich wollte nicht weg von der Feuerwehr.“ In der Kreisleitstelle arbeitet sie zwar auch im 24-Stunden-Dienst, aber in Teilzeit, um Familie und Beruf zu vereinbaren.
Die Disponentinnen und Disponenten müssen bei einem Notruf in kürzester Zeit die gesamte Situation erfassen. Unter anderem die richtige Gesprächsführung ist entscheidend, um auch alle relevanten Informationen zu filtern. Dazu gehören die Besonderheiten des Einsatzorts, genaue Angaben sind entscheidend. Ihre bisherige Berufserfahrung hilft ihnen natürlich, doch kein Fall ist wie der andere. Sie müssen immer offen für die neue Situation sein, betonen Dennis Schakowski und Michael Messing.
Bedrohte Einsatzkräfte: „Der Ton ist ganz schön rau“
„Ein ausländischer Mitbürger ruft an, genauso die aufgewühlte Mutter, die ihr verunfalltes Kind vorgefunden hat, die ganze Palette an Drehbüchern wird in dieser Ausbildung durchgespielt“, sagt Hoffacker. Auf Theorie folge Praxis, die neuen Kolleginnen und Kollegen sitzen gemeinsam mit einem weiteren Disponenten am Schreibtisch, der erfahrene Kollege begleite dann alles. Nach Zwischenprüfungen werde dann am Ende die Notrufannahme geprüft. „Wir müssen das Gefühl haben, dass die Kolleginnen und Kollegen das können und sich wohlfühlen. Bei dem Stress ist das sonst sehr schädlich“, Fehler können passieren, außerdem werde man krank. Wer in der Leitstelle arbeite, erhalte psychosoziale Unterstützung. „Der Ton ist ganz schön rau“, verweist Hoffacker auf die Meldungen zu bedrohten Einsatzkräften, auch am Telefon bleibe das nicht aus. „Wer Einsatzkräfte angreift, hat jegliche Toleranz verbraucht.“
Der Einsatz draußen am Menschen sei mit anderem Stress als in der Kreisleitstelle verbunden, fasst Hoffacker zusammen. Diese Belastung könne er nicht verhindern, aber man wolle den neuen Kolleginnen und Kollegen das nötige Rüstzeug an die Hand geben, damit sie gewappnet sind. „Hier arbeiten keine Außerirdischen.“
Neue Struktur: So ist die Kreisleitstelle Wesel aufgestellt
- Bei einer Organisationsuntersuchung vor zwei Jahren wurde in der Kreisleitstelle ein Mehrbedarf von neun Stellen festgestellt, außerdem sind Mitarbeitende altersbedingt gegangen.
- Nun ist das Team vollständig. Insgesamt gibt es in der Leitstelle des Kreises Wesel 56 sogenannte Funktionsstellen. Dazu gehören 42 Disponentinnen und Disponenten sowie Schichtleiter, sechs Lagedienstführer – diese Position wurde im Zuge des Prozesses neu eingeführt. Außerdem arbeiten dort zwei Sachgebietsleiter, vier Techniker, eine Verwaltungskraft und eine Leitung.