Kreis Wesel. Wärmepumpe oder Gas? Beim Thema Heizung herrscht viel Verunsicherung und Frust. Kreis Weseler Experten äußern sich zur aktuellen Situation.

  • Vor der Sommerpause konnte noch nicht über das Heizungsgesetz abgestimmt werden. Deswegen herrscht noch viel Verunsicherung und Frust.
  • Längst werden nicht mehr so viele Anträge für die Förderung einer Wärmepumpe gestellt wie im vergangenen Jahr.
  • Zwei Experten aus dem Kreis Wesel erklären, warum das so ist und wie Heizungsbesitzer nun vorgehen sollten.

Erst der Ukraine-Krieg und die daraus folgende Energiekrise, anschließend die politische Diskussion ums „Heizungsgesetz“: Norbert Borgmann, Obermeister der Innung Sanitär-Heizung-Klima im Kreis und Geschäftsführer von Borgmann Haustechnik in Wesel, spürt Zurückhaltung und Frust bei den Verbrauchern, schließlich geht es um große Investitionssummen. Vor der Sommerpause konnte das Gesetz nicht verabschiedet werden, wann es nun in Kraft tritt, ist noch unklar.

„Noch nie standen neue Heizungen so sehr im Fokus wie in den vergangenen Jahren“, sagt Borgmann. Wie viel Förderung gibt es? Was entscheiden die Kommunen? Wie entwickeln sich Energie- und CO2-Preis? Viele Unwägbarkeiten. Nichts stehe bislang fest, Borgmann falle es daher schwer zu beraten – gerade auch ältere Menschen.

Was er ebenfalls registriert? Die Wärmepumpen liegen längst nicht mehr so stark im Trend wie 2022. Vorsichtig geschätzt komme man in diesem Jahr deutschlandweit auf 100.000 Förderanträge, kaum zu vergleichen mit dem vergangenen Jahr – da waren es letztlich mehr als 250.000. Handwerker klagten damals über Lieferengpässe, aufgrund vieler Aufträge gab es lange Wartezeiten. Das ist nun anders.

Energieberater rechnet vor: So viel kosten Wärmepumpen

Auch Energieberater Akke Wilmes von der Verbraucherzentrale kann bestätigen, dass der Boom bei Wärmepumpen nachlässt und die Verunsicherung groß ist. Zum Hintergrund: Das Gebäudeenergiegesetz, besser bekannt als „Heizungsgesetz“, sieht vor, dass zukünftig neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen, also zum Beispiel mit einer Wärmepumpe oder per Anschluss ans Fernwärmenetz. Für bestehende Heizungen soll sich vor 2045 erst mal nichts ändern. Die Nutzung der Gasheizung soll danach unter bestimmten Voraussetzungen – etwa auf Wasserstoff umrüstbar – weiter möglich sein.

Warum lässt die Nachfrage nach Wärmepumpen nach und warum werden stattdessen neue Gasheizungen angefragt? Die künftige Förderkulisse sei noch unklar, zudem seien die Wärmepumpen im Verhältnis noch sehr teuer. Wilmes rechnet vor: Für eine neue Gasheizung würden Kosten zwischen 8000 und 15.000 Euro anfallen, bei einer Wärmepumpe gar 25.000 bis 45.000 Euro.

Blick in eine Gasheizung: Die Anlage ist inzwischen wieder viel nachgefragt.
Blick in eine Gasheizung: Die Anlage ist inzwischen wieder viel nachgefragt. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Auch wenn die Wärmepumpen derzeit mit rund 30 Prozent gefördert werden: Im Portemonnaie mache das immer noch viel Geld aus – mitunter dauere es 15 Jahre und mehr, bis sich das auszahle. Auch Mieter spürten das, führt Wilmes beispielhaft für eine kleinere Wohnung aus: Zwar würde eine Pumpe den monatlichen Heizkostenpreis um etwa zehn Euro reduzieren, der Vermieter könne aber die Kosten des Einbaus auf die Kaltmiete umlegen, somit könnten hierbei 25 Euro Mehrkosten anfallen.

Ältere Gebäude: Viel Optimierungsbedarf, bevor sich Wärmepumpe lohnt

Neben der Anschaffung ein weiterer Faktor: Der Gaspreis bewege sich inzwischen wieder im Normalbereich, der Strompreis für Wärmepumpen liege höher, sagt Wilmes. Außerdem gehe es nicht allein um die eingebaute Wärmepumpe: Viele Gebäude seien älter, hier bestehe also Optimierungsbedarf für die äußere Hülle. Dach, Fenster, Rolllädenkasten: „Je älter die Gebäude sind, umso mehr muss gemacht werden.“ Ab Baujahr 2000 seien die Voraussetzungen in der Regel gut für die Wärmepumpe.

Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe – es gibt inzwischen weniger Förderanträge als noch im vergangenen Jahr.
Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe – es gibt inzwischen weniger Förderanträge als noch im vergangenen Jahr. © dpa | Silas Stein

Was empfiehlt Wilmes also? „Erstmal mit dem Energieverbrauch und der individuellen Wohnsituation auseinandersetzen“, einen Kassensturz machen, zum Beispiel auch im Sommer zu schauen, was auf den Zählern passiere – und sich dann individuell beraten zu lassen, es gebe mehrere Varianten. Gibt es etwa weitere Maßnahmen um den Energieverbraucht zu reduzieren? Zum Beispiel könne es manchmal sinnvoller sein, jetzt noch mal eine neue Gasheizung einbauen zu lassen – und weitere Investitionen am Gebäude zu tätigen, quasi um die Hülle passend zu machen und schon mal die Voraussetzungen für die Wärmepumpe zu schaffen.

Verbraucherzentrale berät zum Thema Heizung

Denn die sei ein „kleines Sensibelchen“, sagt Wilmes. Wer jetzt eine Pumpe in einem alten Haus einbaue, benötige eine stärkere Leistung, sobald das Gebäude durchsaniert sei, brauche die Anlage dann nur noch die halbe Energie, die Pumpe sei dann zu groß. Ohnehin, mit Blick auf das Energienetz und Handwerkerkapazitäten, „es ist nicht zu leisten, dass innerhalb von zwei bis drei Jahren komplett auf Wärmepumpen umgerüstet wird“, sagt Wilmes. Borgmann und Wilmes weisen zudem auf das Fernwärmenetz hin, viele Städte im Kreis seien bereits angeschlossen: Da lohne schon mal die Frage danach, wie weit bin ich eigentlich vom Netz entfernt, wie sind die Ausbauziele, so Wilmes.

Borgmann und Wilmes weisen zudem auf das Fernwärmenetz hin, viele Städte im Kreis seien bereits angeschlossen: Da lohne schon mal die Frage danach, wie weit bin ich eigentlich vom Netz entfernt, wie sind die Ausbauziele, so Wilmes.

Heizungscheck und neue Verordnung: Das gilt nun

  • Mit dem furchtbar langen Namen „Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“, kurz EnSimiMaV“, geht einher, dass Eigentümer eines Gebäudes mit Wärmeerzeugung durch Erdgas ihre Anlage prüfen und optimieren lassen müssen. Dieser Heizungscheck ist allerdings auch sinnvoll, da viele Anlagen noch auf Werkseinstellungen laufen, so Akke Wilmes. Laut Norbert Borgmann könne so bis zu 20 Prozent Energie eingespart werden.
  • Das Ergebnis muss in Schriftform festgehalten werden, durchführen können die Überprüfungen Schornsteinfeger, Handwerker der Gewerke Installateur und Heizungsbauer, Ofen- und Luftheizungsbauer sowie Energieberater. Wird Optimierungsbedarf festgestellt, muss bis Mitte September 2024 nachgebessert werden. Für Eigentümer von Gebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten wird ein hydraulischer Abgleich fällig. Infos dazu: www.wirtschaft.nrw/energieeinsparverordnungen-des-bundes
  • Wärmepumpe, Heizungstausch, energetische Sanierung: Der Kreis Weseler Energieberater verweist auf das Online-Beratungsangebot der Verbraucherzentrale rund ums Thema, es findet regelmäßig statt, auf der Homepage ist es zu finden unter „Energie kompakt“.