Kreis Wesel. Der Landrat ist ernüchtert, die Grünen sprechen von Zynismus, beide befeuern den Willen zur Klage gegen den Regionalplan. Die Reaktionen:

Besonders überraschend war das breite Bekenntnis des RVR-Planungsausschusses zum Regionalplanentwurf nicht. Mit einem anderen Ergebnis hatten der Kreis Wesel und seine von den Kiesplänen betroffenen Kommunen auch gar nicht gerechnet. Gleichwohl bleibt die Enttäuschung darüber, dass die vielen Einwendungen gegen die zusätzliche Ausweisung von Kiesflächen nicht aufgegriffen wurden, bestehen und sie lässt den Entschluss, gegen den Regionalplan zu klagen, fester werden.

„Weiterhin hat der RVR also keine substanziellen Veränderungen in Bezug auf den Kies- und Sandabbau im Kreisgebiet vorgenommen“, schreibt etwa Landrat Ingo Brohl auf Nachfrage. Und er hat wenig Hoffnung, dass sich mit Blick auf die abschließende Verbandsversammlung am 10. November doch noch etwas ändern wird.

Kiesabbau und Regionalplan: Landrat hat wenig Vertrauen

„Auch ein im RVR angekündigter Begleitantrag dürfte hinter den Notwendigkeiten im Kreis Wesel zurück bleiben“, so Brohl weiter. Einen solchen Begleitantrag hatte die SPD-Fraktion am vergangenen Dienstag im RVR-Planungsausschuss angekündigt. Dieser soll zukünftige wirtschafts-, klima- oder gesellschaftspolitische Veränderungen schneller auf den Regionalplan übertragen können. Der Landrat ist skeptisch und kündigt den Gang vor das Oberverwaltungsgericht an: „Insoweit bleibt dem Kreis Wesel und den kreisangehörigen Kommunen bedauerlicherweise als Ultima Ratio weiterhin nur der Rechtsweg, also eine Klage gegen den Regionalplan.“

Als erste Fraktion des Weseler Kreistages äußerten sich die Grünen zur Entscheidung des RVR-Planungsausschusses. Sie wollen in der Art, wie auf die Einwendungen teilweise geantwortet wurde, Zynismus und Sarkasmus erkennen. Auch das Festhalten am im Jahr 2021 festgestellten Abbauvolumen von 7,1 Millionen Kubikmetern pro Jahr, obwohl der Wert im vergangenen Jahr geringer war und das neue Monitoring noch nicht veröffentlicht wurde, kritisieren die Grünen. „Für uns ist klar, dass der Kreis und die vom Raubbau an Umwelt und Natur betroffenen Kommunen, erneut die Gerichte anrufen werden und Klage gegen den Regionalplan erheben werden. Wir als Grüne Kreistagsfraktion wollen alle möglichen rechtlichen Mittel gegen diesen Plan weiter voll unterstützen“, schreibt die stellvertretende Fraktionschefin, Helga Franzkowiak.

Kreis Wesel: Sobald der Regionalplan rechtssicher ist, soll er beklagt werden

Die Voraussetzungen für eine Klage würden gerade geprüft, eine Rechtsberatung werde in Absprache mit den betroffenen Kommunen und dem Kreis beauftragt, sagte Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt im Gespräch mit der Redaktion. Klar sei, dass man „gemeinsam dagegen vorgehen“ und den im Regionalplan stehenden Themenbereich des Kies- und Sandabbaus beklage. Wie schon im vergangenen Jahr handelt es sich um ein Normenkontrollverfahren, also um die Überprüfung einer rechtlichen Regelung und ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht.

Dass es zwangsläufig darauf hinauslaufen wird, davon ist auch die Links-Fraktion im RVR überzeugt. Sie hatte sich am vergangenen Dienstag bei der Abstimmung enthalten, weil der Begleitantrag, den die SPD angekündigt hatte, noch nicht vorlag. Jetzt wollen sie einen eigenen Begleitantrag für die Verbandsversammlung am 10. November einbringen. Und dieser soll sich genauer auf den Kiesabbau beziehen. Demnach solle bereits im kommenden Jahr, wenn der Regionalplan wegen der Erneuerbaren Energien erstmals geändert werden müsse, auch „die hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen mit einem eigenen Planungssymbol geschützt werden“.

Der Klagewillen des Kreises Wesel und seiner Kommunen trübe die Freude über den einheitlichen Regionalplan für das Ruhrgebiet erheblich, auch wenn die Ursache für den Streit vor allem in den ausufernden Festlegungen zu den Versorgungszeiträumen im Landesentwicklungsplan liege, so Linken-Fraktionschef Wolfgang Freye. „Das Land muss hier dringend handeln!“, fordert Freye, der aber nicht nur das Land in der Verantwortung sieht: „Allerdings hätte aus unserer Sicht auch der RVR sein Ermessen etwas weiter fassen können, um den Raubbau an der Natur im Kreis Wesel stärker einzugrenzen.“ Um dem Rechnung zu tragen, wollen man versuchen, mit einem Begleitantrag zur Verbandsversammlung „die Probleme wenigstens teilweise einzufangen“.