Kreis Wesel. Die Landesregierung hat das Eckpunktepapier für die LEP-Änderungen vorgestellt. Zum Kies steht nur wenig drin. Was man im Kreis Wesel davon hält.

Pünktlich zum Ferienstart hat die Landesregierung ein Positionspapier zur Änderung des Landesentwicklungsplans vorgelegt. Ob es tatsächlich zu einer grundlegenden Veränderung des Kiesabbaus führt, ist noch unklar.

Zumal es zwei politische Zeitebenen sind, auf denen der Kiesabbau spielt. Die eine Ebene ist der Regionalplanentwurf, für den der Regionalverband Ruhr in diesem Jahr den Feststellungsbeschluss erreichen will und voraussichtlich auch wird, mit weiteren Kiesabbauflächen von mehr als 800 Hektar. Die andere Ebene ist der Landesentwicklungsplan (LEP), in dem das Land auch den Flächenbedarf neu aufstellen möchte. Das hätte Auswirkungen auf die Flächenplanung für den Kiesabbau im Kreis Wesel.

Ein Eckpunktepapier für die Änderung des LEP hinsichtlich der Flächenpolitik hat das Wirtschaftsministerium jetzt veröffentlicht. Darin weist es unter anderem das Ziel aus, den Flächenverbrauch in NRW auf fünf Hektar pro Tag zu begrenzen. Für den Abbau von Kies und Sand soll ein neues Rohstoffmonitoring entwickelt werden, um den Degressionspfad, den CDU und Grüne im Koalitionsvertrag festgelegt haben, zu berücksichtigen. Außerdem sollen bestehende Kieslagerstätten möglichst umfassend ausgeschöpft werden.

Kiesabbau und Landesentwicklungsplan: noch viele Unklarheiten offen

Noch ist das Eckpunktepapier nur ein Leitfaden, die konkreten Änderungen für den LEP erarbeitet das Ministerium erst im nächsten Schritt. Die Beteiligung der Öffentlichkeit soll im Frühjahr 2024 erfolgen. „Es ist geplant, dieses LEP-Verfahren in dieser Legislaturperiode abzuschließen“, heißt es auf der Seite des Wirtschaftsministeriums. Die nächste Landtagswahl ist 2027. So lange will man nicht warten, aber vor frühestens 2025 wird der neue LEP voraussichtlich nicht stehen. Allerdings wird bis dahin der Regionalplan Ruhr mit seiner jetzigen Flächenkulisse beschlossen sein.

Die Frage ist auch, wie die detaillierte Ausgestaltung des Kieskomplexes im geänderten LEP aussehen wird. Bislang benennt das Papier mit dem neuen Rohstoffmonitoring und der umfassenden Ausschöpfung bestehender Kieslagerstätten lediglich zwei Punkte. Anders als der Koalitionsvertrag, den CDU und Grüne zum „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ erhoben haben. Vom darin formulierten perspektivischen Ausstieg aus der Kies- und Kiessandgewinnung steht im Eckpunktepapier genauso wenig etwas wie zur Erhöhung der Recyclingquoten.

Dass das Wirtschaftsministerium erst im Frühjahr konkrete Änderungsvorschläge machen will, ist dem Kreis Weseler SPD-Landtagsabgeordneten René Schneider daher zu spät. Und er sieht das Eckpunktepapier vor allem in einem Punkt falsch gewichtet. Das Rohstoffmonitoring sei nicht das größte Problem. „Geklärt werden muss, was als Bedarf tatsächlich anerkannt wird. Und da spielen vor allem der Umgang mit dem Export sowie das Ziel eine Rolle, Kies und Sand schnellstmöglich durch andere Rohstoffe zu ersetzen.“

Kiesabbau: Bundeswirtschaftsministerium ließ neue Studie erstellen

Der neu berechnete Bedarf des geologischen Dienstes steht noch aus. Aber die jetzt vorgestellten Eckpunkte sprächen nicht gerade dafür, dass man konsequent die Fördermengen senken wolle, so Schneider. Damit werde man den RVR mit seinen Plänen für den Kiesabbau nicht aufhalten. „Erst wenn aus den Eckpunkten Ziele und Grundsätze formuliert würden, die in einen neuen Landesentwicklungsplan sollen, könnten sich die Regionalplaner genau darauf beziehen und eine Reduzierung der Flächen vornehmen.“ Damit sei nun nicht vor dem ersten Quartal 2024 zu rechnen.

„Das dauert alles viel zu lange und stoppt den Kiesraubbau nicht. Derzeit scheint mir die Klage der betroffenen Städte und des Kreises die einzige Möglichkeit zu sein, unwiderrufliche Schäden von unserer Region abzuwenden“, meint der SPD-Abgeordnete. Die Grünen-Fraktion im Kreistag sieht das genauso. Allerdings bewertet sie das Eckpunktepapier positiver.

„Es ist ein Silberstreif am Horizont für den Niederrhein auch in Sachen Kiesabgrabungen zu erkennen“, so Grünen-Fraktionschef Hubert Kück. Man wolle die Entwicklung in Düsseldorf weiterhin „kritisch konstruktiv“ beobachten. Man sei noch lange nicht am Ziel. „Unsere Kritik in Sachen Kiesabbau war ja immer vor dem Hintergrund adressiert, dass dieser unverhältnismäßige Eingriff enormen Schaden an unserer niederrheinischen Natur bedeutet.“ In diesem Zusammenhang begrüße man auch die Ankündigung, ein neues Rohstoffmonitoring zu entwickeln.

Dass dieser „Silberstreif am Horizont“ noch weit weg ist und wirkungslos für das RVR-Planungsverfahren sein könnte, erkennen auch die Grünen: „Wir unterstützen daher nachdrücklich das Vorhaben der kreisangehörigen betroffenen Städte und des Kreises, erneut die Gerichte zu bemühen, um hier ein Planungsrecht zu erhalten, das den Kreis Wesel vor weiterem Flächenfraß und übermäßigem Schaden an Natur und Umwelt schützt.“

>>> Studie zum Kiesbedarf<<<
Vor allem hinsichtlich des tatsächlichen Kiesbedarfs herrschen konträre Sichtweisen. Kiesabbaugegner fordern eine Verstärkung der Recyclingquoten und mehr politische Unterstützung für einen Ausbau der Strukturen, Kiesunternehmen sagen dagegen, dass der Kiesbedarf steigt und halten das Potenzial von Baustoffrecycling für dauerhaft gering. „Zukunft Niederrhein“ beruft sich unter anderem auf eine neue Studie der Wirtschaftsberatung „Ernst & Young“ (EY), nach der die Versorgung in Deutschland auch mit Sand und Kies in den nächsten 25 bis 50 Jahren „klar gefährdet“ sei. „Zur Vermeidung von Engpässen gibt es daher auch keinen Spielraum für einen Rückgang der Abbaumengen heimischer Rohstoffe“, so das Fazit der Studie, in der aber auch ein Ausbau des Recyclings zur Unterstützung gefordert wird: „Darüber hinaus bedarf es deutlich intensiverer Anstrengungen zur Reduktion des Bedarfs an Primärrohstoffen.“

Laut Studie, die EY im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt hat, „ist es für das Vermeiden von Versorgungsengpässen in jedem Fall erforderlich, dass inländische Abbaumengen über die nächsten 25+ Jahre entsprechend des ansteigenden Trends aus den vergangenen sieben Jahren weiter zunehmen. Gleiches gilt für die Entwicklung der Nachfrageseite. Hier bedarf es bei (fast) allen Rohstoffgruppen zusätzlicher und verstärkter Anstrengungen hin zu einer Rohstoffwende.“