Kreis Wesel. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Wesel hilft Menschen, die passende Gruppe zu finden. Oder auch selbst eine zu gründen. Wie das funktioniert.

Eine junge Frau sucht eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Selbstunsicherheit – sie fragt bei Katja Caspers und Anne Gawlik an, dem Team der Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Wesel unter dem Dach des Paritätischen. Ihr Netzwerk besteht aus mehr als 300 Gruppen zu rund 80 Themen, leider ist Selbstunsicherheit bei jungen Menschen nicht dabei. Nun könnte die Moerserin mit Hilfe der Kontaktstelle selbst eine Gruppe aufbauen, doch mangels Interesse blieb es im vergangenen Jahr beim Versuch. Aktuell gründen sich in Wesel Selbsthilfen zu den Themen Funktionaler Analphabetismus, Borderline, Fibromyalgie, also Muskelschmerzen und Weichteilrheuma, zu Post Covid, eine für Eltern deren Kinder eine geistige und/oder körperliche Behinderung haben und eine für Angehörige von psychisch erkrankten Menschen. In Sonsbeck tun sich Eltern von Kindern mit psychischen Erkrankungen zusammen, in Dinslaken entsteht eine Gruppe zum Thema Angst und in Moers eine für Menschen mit Epilepsie und Skoliose. Jede Menge zu tun also im 20. Jahr der Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Wesel.

Hilfe auf der Suche nach der richtigen Gruppe – oder bei der Gründung einer neuen

Was tun die Frauen, die ihren Sitz in Moers haben und auch in Wesel Sprechstunden anbieten, für diese Menschen und ihre ganz unterschiedlichen Anliegen? „Wir versuchen in ersten Gesprächen herauszufinden, ob es sich um eine Freizeitgruppe oder eine Gesprächsgruppe handeln soll“, erläutert Anne Gawlik. Dann beginnt die Recherche, ob es im Kreis Wesel in den zahlreichen Gruppen, deren Daten die Kontaktstelle hat, ein entsprechendes Angebot gibt, wenn nicht blicken sie auch über den Tellerrand nach Duisburg oder in den Kreis Kleve, stellen den Kontakt her. Ist nichts Passendes dabei, unterstützen sie bei der Gründung einer neuen Selbsthilfe. „Wir machen für die Gruppen Öffentlichkeitsarbeit, helfen bei der Suche nach Räumlichkeiten“, erläutert Anne Gawlik – Wohlfahrtsverbände, mitunter auch Krankenhäuser bieten da Möglichkeiten, aber auch Kirchengemeinden.

In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Menschen mit psychischen Problemen oder Suchtproblemen gemeldet. „Manchmal hören wir, dass es den Anrufern sehr schlecht geht und wissen, dass eine Selbsthilfegruppe aktuell nicht der richtige Ansprechpartner ist. Dann vermitteln wir an Profis – Ärzte, Krankenhäuser, sozialpsychiatrische Beratungszentren“, sagt sie. Ob mehr Menschen psychische Probleme haben als früher oder ob man heute nur offener darüber sprechen kann, ist unklar.

Sich einfach nicht erklären müssen – und Tipps von Leidensgenossen bekommen

Selbsthilfegruppen bringen Menschen mit den gleichen Problemen zusammen. Solche die unter Long Covid leiden, beispielsweise. „Es tut gut, sich auszutauschen. Bei Freunden und der Familie müssen sich diese Menschen immer erklären. Leidensgenossen aber wissen, was Erschöpfung ist“, erläutert Katja Caspers, „sie sagen auch nicht ‘reiß Dich mal zusammen’“. Mitunter fühlten sich Betroffene nicht einmal von ihrem Arzt ernst genommen. Eine Long-Covid-Gruppe gibt es bereits in Moers, eine zweite startet demnächst in Wesel.

Selbsthilfen zu 80 verschiedenen Themen sind bei der Kontaktstelle gelistet. Sie hilft nicht allein bei der Gründung. Bei Konflikten in der Gruppe können Gawlik und Caspers moderieren, Mediation bieten und helfen, die Probleme zu lösen. Sie fördern den Austausch verschiedener Selbsthilfen, informieren die Ansprechpartner über mögliche Förderungen, bieten Gruppenleiter-Workshops an.

20 Jahre, das ist ein Grund zum Feiern: In einer Ausstellung zeigen sich zwölf Gruppen mit Foto – zu sehen am 23. März in Moers in der alten Volksschule, Hanns-Albeck-Platz 2, wo die Kontaktstelle ihren Sitz hat. Und vom 20. bis zum 27. Juli im Kreishaus in Wesel.

Kontakt in Moers, Wesel und bei Bedarf in Dinslaken

Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Wesel ist unter 02841 900016 in Moers erreichbar, montags 9 bis 12 und 16 bis 18 Uhr, donnerstags 13 bis 16 Uhr und freitags 10 bis 13 Uhr.

In Wesel jeweils dienstags, 14 bis 17 Uhr, in den Räumen der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung, Viktoriastraße 10, gleiche Rufnummer oder per Mail selbsthilfe-wesel@paritaet-nrw.org.

Sprechstunden in Dinslaken können Interessierte telefonisch vereinbaren.

Der Paritätische bietet im Internet das „Virtuelle Haus der Selbsthilfe“ mit der Möglichkeit von Online-Gruppentreffen an.